Nach dem Kulturausschuss hat sich nun auch der Hauptausschuss des Würzburger Stadtrates für die Umbenennung von Straßen entschieden, deren Namenspaten eine aktive Verstrickung ins NS-Regime vorgeworfen wird. Ähnlich wie eine Woche zuvor im Kulturausschuss war auch diesmal die Vorentscheidung zu Mozartfest-Begründer Hermann Zilcher (1881-1948) denkbar knapp.
Mit 9 gegen 8 Stimmen sprach sich der Ausschuss für die Umbenennung der Zilcher-Straße aus. Bei den anderen zur Umbenennung vorgeschlagenen Straßen (Heiner Dikreiter, Nikolaus Fey, Carl Schadewitz, Karl Ritter von Frisch) gab es einstimmige Entscheidungen. Im Fall der Richard-Strauss-Straße hat der Ausschuss die Entscheidung vertagt.
Scharfe Kritik von Kulturreferent Könneke an Baumann-Memorandum
Wie erbittert die Auseinandersetzung um Hermann Zilcher geführt wird, zeigte sich am Beginn der Sitzung. Hintergrund ist ein von ZfW-Stadtrat Wolfgang Baumann verfasstes Memorandum. Darin unternimmt Baumann den Versuch, Zilcher in Hinblick auf dessen Rolle im NS-Staat zu entlasten. Zugleich übt er in dem Text deutliche Kritik an der Arbeit der Straßennamenkommission.

Kulturreferent Achim Könneke griff Baumann am Mittwoch scharf an. Dessen Schrift sei inzwischen geprüft worden. "Das Memorandum ist durch und durch parteiisch und strotzt vor Fehlern", es sei "verschenkte Zeit", sich damit überhaupt zu beschäftigen, sagte er. Baumann, der Mitglied der Zilcher-Gesellschaft ist, sei befangen, das Memorandum habe er mit einem "offensichtlichen Ziel" verfasst.
Den Vorwurf, mit einer klaren Stoßrichtung agiert zu haben, erhebt Baumann allerdings auch gegen die Straßennamenkommission und gegen den mit Zilcher befassten Münchner Historiker Niels Weise. Dieser sei "sehr selektiv" bei der Bewertung von Sachverhalten vorgegangen. Er selbst, so Baumann, habe lediglich Fakten zusammengetragen, die man in der Kommission nicht gewollt habe. "Ich habe nichts zurückzunehmen", sagte er gegenüber der Redaktion.

Partei für Zilcher ergriff CSU-Fraktionschef Wolfgang Roth, der weiteren Aufklärungsbedarf sieht. "Es ist für mich unerträglich, eine Ehrung abzuerkennen, wenn wir nicht hundertprozentig sicher sind", sagte er und verwies auf die Angehörigen Zilchers. "Eine Ehrung macht etwas mit den Angehörigen, eine Aberkennung noch viel mehr."
OB Schuchardt will Grundsatzdebatte zum Umgang mit Straßennamen
"Es gab damals auch Menschen, die etwas anderes gemacht haben, als mit dem Dritten Reich zu kollaborieren und sich für die NSDAP in den Stadtrat zu setzen", hielt Matthias Pilz (Grüne) entgegen, eine Ehrung "macht auch etwas mit einer Gesellschaft". Ebenso wie SPD-Fraktionschef Alexander Kolbow verteidigte er die Arbeit der Kommission.

"Ich kann keine Fehler bei der Kommission entdecken", fand auch OB Christian Schuchardt, kam dann aber zu einem anderen Schluss. "Im Vordergrund ist die Frage, welches Verständnis man von Namensgebungen hat." Es sei zu klären, ob es mehr um eine Ehrung gehe oder man eher auf Personen hinweisen wolle, die in der Stadtgeschichte eine Rolle gespielt hätten und "mit denen man sich trotzdem noch auseinandersetzen muss, auch außerhalb der NS-Zeit". Er halte Kontextualisierungen bei allen personenbezogenen Schildern für überlegenswert – und im Falle Hermann Zilchers für ausreichend.
Die Entscheidung über die Umbenennung von Straßen trifft der Stadtrat in seiner nächsten Sitzung am 10. März.