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Würzburg: NS-belastete Straßennamen in Würzburg: Steht die Umbenennung bald bevor?

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NS-belastete Straßennamen in Würzburg: Steht die Umbenennung bald bevor?

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    Würzburg im Zeichen des Hakenkreuzes (undatierte Aufnahme): Die Verstrickung von Menschen in die  NS-Diktatur bestimmt auch die aktuelle Debatte um Würzburger Straßennamen.
    Würzburg im Zeichen des Hakenkreuzes (undatierte Aufnahme): Die Verstrickung von Menschen in die  NS-Diktatur bestimmt auch die aktuelle Debatte um Würzburger Straßennamen. Foto: Stadtarchiv Würzburg

    Inzwischen ist es über ein Jahr her, dass eine Kommission aus Expertinnen und Experten ihren Bericht über Würzburger Straßennamen vorgelegt hat, in dem einigen Namenspaten eine Verstrickung ins Unrechtsregime des Nationalsozialismus bescheinigt wird. Konkret ging es um Personen, "deren aktive Lebensphase in die NS-Zeit fällt und von denen anzunehmen ist, dass sie sich in dieser Zeit diskreditierende Handlungen zuschulden kommen ließen", so hieß es seinerzeit in der Aufgabenstellung der Stadtrates an die Kommission.

    Bei neun Namensgebern hatte die Kommission, der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Stadtratsmitglieder angehörten, Handlungsbedarf gesehen und empfohlen, in einigen Fällen die Straßen umzubenennen, in anderen Fällen Zusatzinformationen an den Straßenschildern anzubringen.

    Eigentlich hatte das Thema im Würzburger Stadtrat schon abgehakt sein sollen, doch wegen der Corona-Pandemie konnten Begleitveranstaltungen erst später stattfinden als geplant. Doch nun scheint die Debatte um die Frage, welche Namensgeber – es sind allesamt Männer – von Würzburger Straßenschildern weichen müssen, auf der Zielgeraden. An diesem Mittwoch wird sich der Kulturausschuss des Stadtrates damit befassen. Das Gremium wird über das Thema zwar nicht beschließen, aber per Abstimmung ein sogenanntes Gutachten abgeben. Die eigentliche Entscheidung fällt später im Stadtrat.

    Zur Vorberatung im Ausschuss und zur späteren Entscheidung im Stadtrat steht die Umbenennung folgender Straßen an: Heiner-Dikreiter-Weg, Nikolaus-Fey-Straße, Schadewitzstraße, Hermann-Zilcher-Straße und Karl-Ritter-von-Frisch-Weg. Zusätzliche Erläuterungsschilder schlägt die Verwaltung für die Armin-Knab-Straße, die Peter-Schneider-Straße und die Richard-Strauss-Straße vor. Die Entscheidung zum Kardinal-Faulhaber-Platz ist verschoben, da ein geplantes öffentliches Symposium dazu noch nicht stattfinden konnte.

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    Bereits bei einer öffentlichen Anhörung im Stadtrat im November des vergangenen Jahres hatte sich abgezeichnet, dass es wohl vor allem um einen Namenspaten eine größere Diskussion geben könnte: um Mozartfest-Begründer Hermann Zilcher (1881-1948). Dessen Name steht auf einem Straßenschild im Würzburger Frauenland.

    Einer der umstrittenen Namenspaten: Mozartfest-Begründer Hermann Zilcher.
    Einer der umstrittenen Namenspaten: Mozartfest-Begründer Hermann Zilcher. Foto: Groth-Schmachtenber

    Zilcher habe sich "mit mehreren seiner Kompositionen in den Dienst der NS-Propaganda" gestellt und über intensive Kontakte zur regionalen NS-Prominenz verfügt, heißt es im Bericht der Straßennamenkommission. Zudem habe er den Maler Eugen Vinnai (1889-1961) bei der Gestapo angezeigt und Vinnai als "Volksschädling" bezeichnet, der Anstiftung zur "Wehrkraftzersetzung" betreibe.

    Vor allem die Affäre Zilcher-Vinnai zu Beginn der 1940er Jahre könnte in der anstehenden Debatte ein Thema sein. Vinnai war Anhänger der "Christlichen Wissenschaft", einer im 19. Jahrhundert in den USA entstandenen Bewegung, die Heilung von Krankheit durch Gebet versprach. Vinnai hatte laut Bericht der Straßennamenkommission zeitweise starken Einfluss auf Angehörige Zilchers gehabt. Hermann Zilcher habe diesen Einfluss unterbinden wollen und sich deshalb an die Gestapo gewandt – was für Vinnai mit "unabsehbaren Folgen verbunden" gewesen sei.

    Mit dem Vorgang hat sich auch Stadtratsmitglied Wolfgang Baumann beschäftigt, der zu gänzlich anderen Schlüssen kommt als die Kommission und der mit dem Fall befasste Münchner Historiker Niels Weise. Baumann, der auch Mitglied der Würzburger Zilcher-Gesellschaft ist, die das künstlerische Erbe des Komponisten pflegt, hat in den vergangenen sechs Monaten ein mehr als 80-seitiges Memorandum erarbeitet, in dem er die Vorwürfe gegen Zilcher und insbesondere die Affäre Zilcher-Vinnai untersucht.

    Sein Fazit: Zilcher sei kein Denunziant gewesen, sondern habe lediglich seinem Schwager vor der Verfolgung durch das NS-Regime schützen wollen. Der Schwager hatte unter dem religiösen Einfluss Vinnais gestanden und als Wehrmachtsoffizier mit der Begründung, ihm sei Christus erschienen, das Kommando über seine Einheit verweigert. Mit den Aussagen bei der Gestapo zu Vinnai habe Zilcher verhindern wollen, dass sein Schwager ins KZ kommt oder in einer Nervenheilanstalt getötet wird.

    Auch die weiteren Vorwürfe gegen Zilcher weist Baumann in seiner Schrift, die den Stadtratsmitgliedern vorliegt, zurück und hat beantragt, die Umbenennung der Zilcher-Straße im Stadtrat abzulehnen. In einem Schreiben an die Mitglieder des Stadtrates hofft er, sein Memorandum rege "zu einer vertieften Diskussion" an.

    Diese könnte es zunächst in der Kulturausschuss-Sitzung an diesem Mittwoch geben. Am 23. Februar steht das Thema Straßennamen dann auf der Tagesordnung des Hauptausschusses, bevor schließlich der Stadtrat entscheidet – möglicherweise schon in seiner nächsten Sitzung am 10. März.

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