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WÜRZBURG: Pappsärge mit Fotomotiv: Wie Begräbnisse bunter werden

WÜRZBURG

Pappsärge mit Fotomotiv: Wie Begräbnisse bunter werden

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    „Die Leute halten immer weniger an den althergebrachten Riten fest. Sie wollen dem Verstorbenen als Individuum gerecht werden“, sagt der Schweinfurter Ralf Michal als Vorstandsmitglied im Kuratorium Deutsche Bestattungskultur. Und so werden wohl bald bunte Särge mit flächig aufgedruckten Bildmotiven über die Friedhöfe transportiert. Mit mannshohen Orchideen, Mohnblumen oder Rosen auf dem Sargdeckel. Mit einem Kreuz, einer Ikone oder einem Foto von einer Brücke. Oder mit einem vergrößerten Bild aus dem privaten Familienalbum.

    Hergestellt sind die Särge nicht aus Holz, sondern aus Pappe – was die Vertreiber nicht gerne hören. Sie sprechen lieber von hundert Prozent Zellulose und einem neuartigen Kartonfaserverbund namens Fibratec. Tatsächlich handelt es sich um Särge aus stabilem Karton mit Kunststoffgriffen. Mit entwickelt und in Würzburg und Umgebung auf den Markt gebracht hat sie Bestattungsunternehmer Norbert Papke. Er hat schon einmal für mächtig Aufsehen gesorgt, als er vor zehn Jahren deutschlandweit als Erster einen Faltsarg aus Wellpappe einführte.

    Papke galt schnell als Enfant terrible der Bestattungsbranche. Pietätlosigkeit wurde ihm vorgeworfen. Abbringen ließ er sich von seiner Idee dadurch nicht. Fernsehteams großer Sender gaben sich bei ihm in der Zellerau die Klinke in die Hand, um über die so genannte „Peace Box“ zu berichten. Damals schrieben noch die meisten Bestattungsgesetze – sie sind Ländersache – die Verwendung von Holz als Sargmaterial vor.

    Das hat sich zwischenzeitlich geändert. Unternehmer Papke ist daran nicht ganz unschuldig, hat er doch beratend bei der Novellierung einiger Ländergesetze mitgewirkt. Viele Telefonate mit Ministerien hat er geführt. Von der Erfahrung der letzten zehn Jahre fühlt sich der Würzburger bestätigt. Der Faltsarg sei als einfache Alternative zu meist teureren Holzsärgen angenommen worden. Sie würden fast ausschließlich für eine Feuerbestattung verwendet „und treten oft nur zur Überführung und Einäscherung in Erscheinung.“

    Dabei sei es ihm nie darum gegangen, den Holzsarg grundsätzlich zu ersetzen. Wurde in Würzburg Anfang der 90-er Jahre jeder Fünfte eingeäschert, so ist es mittlerweile mehr als die Hälfte der Toten.

    Nun macht Papke erneut von sich reden. Gemeinsam mit einem österreichischen Erfinder und einer Regensburger Firma hat er eine neue Generation von Pappsärgen entwickelt und vom TÜV prüfen lassen. Sie ist hochwertiger, ähnelt in ihrer Form stärker dem klassischen Sarg. Auffallend aber ist vor allem das bunte Dekor mit aufgedrucktem Motiv.

    Aus zwölf Bildern können die Angehörigen auswählen oder den Sarg sogar mit eigenen Fotos gestalten. Kinder könnten ihn anmalen – was auch bei Holzsärgen gelegentlich zu sehen ist. Das acht Kilogramm leichte Modell hat sogar einen renommierten Preis der internationalen Bestattungsbranche erhalten.

    Dennoch, so Branchenkenner Michal, müsse sich der ungewöhnliche Sarg erst einmal durchsetzen. Er werde das Bestattungswesen nicht revolutionieren. Für wichtiger als die Materialfrage hält er die offene Betreuung und die Beratung der Hinterbliebenen durch den Bestatter. Es gelte, auf die persönliche Wünsche der Angehörigen einzugehen.

    „Die Leute halten immer weniger an althergebrachten Riten fest. Sie wollen dem Verstorbenen als Individuum gerecht werden.“

    Ralf Michal vom Kuratorium Deutsche Bestattungskultur

    „Immer mehr Leute wollen kein 08/15-Begräbnis“, so Michal gegenüber unserer Zeitung. Häufig kommen mittlerweile freie Grabredner statt Priester zum Einsatz. Als Bestattungsunternehmer hat Michal dafür eigens einen Mitarbeiter beschäftigt. Papke kann den Trend für Würzburg nur bestätigen: Als freier Grabredner wird er mittlerweile 80- bis 90-mal im Jahr gebucht. Tendenz steigend.

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