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Hopferstadt: Paradebeispiel Hopferstadt: Wie ein 650-Einwohner-Dorf die Wärmewende geschafft hat

Hopferstadt

Paradebeispiel Hopferstadt: Wie ein 650-Einwohner-Dorf die Wärmewende geschafft hat

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    Während andere von großen Öl- und Gasanbietern abhängig sind, stammt die Wärme für etwa 80 Prozent der Haushalte in Hopferstadt aus zwei Biogasanlagen am Ortsrand.
    Während andere von großen Öl- und Gasanbietern abhängig sind, stammt die Wärme für etwa 80 Prozent der Haushalte in Hopferstadt aus zwei Biogasanlagen am Ortsrand. Foto: Fabian Gebert

    Wer mit dem Auto von Ochsenfurt Richtung Hopferstadt unterwegs ist, sieht die weißen und grünen Kuppeln schon aus der Ferne. Etwas außerhalb des Ortes betreiben Landwirte zwei Biogasanlagen. Im ländlichen Raum so weit nichts Besonderes. Doch für den Ochsenfurter Ortsteil mit etwa 650 Einwohnerinnen und Einwohnern spielen diese Anlagen eine entscheidende Rolle.

    "Hier entsteht die Wärme, die dafür sorgt, dass die Verbraucher später ihre Häuser heizen können", sagt Burkard Haaf mit einer Handbewegung in Richtung der Gasspeicher. Denn die Anlagen versorgen über ein Nahwärmenetz etwa 80 Prozent der Haushalte in Hopferstadt. Das Versorgungsnetz gehört keinem großen Konzern, sondern den Nutzerinnen und Nutzern, die sich zu einer Bürgergenossenschaft zusammengeschlossen haben. Haaf ist seit 2014 Vorstandsvorsitzender dieser Nahwärmegenossenschaft.

    Günstiges Heizen, weniger fossile Energie

    Er spricht von einer Win-win-Situation. Denn die Wärme ist quasi ein Nebenprodukt der Biogasanlagen. Für die Menschen in Hopferstadt bedeutet die jedoch günstiges Heizen – und weniger Abhängigkeit von fossilen Energieträgern. " Wir sparen jedes Jahr ungefähr 500 000 Liter Heizöl", sagt Haaf.

    Ein neues Konzept ist die Nahwärmeversorgung vor Ort nicht. Der Anschluss der ersten Wohnungen ist bereits mehr als zehn Jahre her. Damit war Hopferstadt seiner Zeit voraus. Im Vorfeld habe es damals viel Überzeugungsarbeit gebraucht, um genügend Haushalte für das Nahwärmenetz zu begeistern, erinnert sich Klaus Metzger, Aufsichtsratsvorsitzender der Nahwärmegenossenschaft. Heute hingegen haben Orte wie Hopferstadt eine Art Vorbildcharakter. Doch wie funktioniert ein solches Wärmenetz? Und können sich andere Ortschaften etwas abschauen?

    Neun Landwirte bewirtschaften gemeinsam eine Biogasanlage

    Gemeinsam mit den Landwirten Lothar Kechel und Rainer Schimmer steht Burkard Haaf auf einem Areal einige hundert Meter vom Ortskern entfernt – sozusagen dem Ausgangspunkt des Nahwärmenetzes. Kechel ist Betreiber der Anlage und Geschäftsführer der Bioenergie Hopferstadt GmbH, Schimmer ebenfalls Geschäftsführer. Gemeinsam mit sieben weiteren Landwirten bewirtschaften sie die kleinere der beiden Anlagen in Hopferstadt, die 2006 in Betrieb gegangen ist.

    Rainer Schimmer (links) und Lothar Kechel sind Geschäftsführer der Bioenergie Hopferstadt GmbH. Gemeinsam mit sieben anderen Landwirten bewirtschaften sie eine der beiden Biogasanlagen am Ortsrand von Hopferstadt.
    Rainer Schimmer (links) und Lothar Kechel sind Geschäftsführer der Bioenergie Hopferstadt GmbH. Gemeinsam mit sieben anderen Landwirten bewirtschaften sie eine der beiden Biogasanlagen am Ortsrand von Hopferstadt. Foto: Fabian Gebert

    Dort wird vornehmlich aus Mais, Gülle und Mist Biogas erzeugt und über Motoren und Generatoren in Strom verwandelt, der ins öffentliche Netz eingespeist wird. Die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) übernehme die Steuerung, erklärt Lothar Kechel. Werde mehr Strom gebraucht, können die Generatoren hochgefahren werden.

    Was übrig bleibt, sind nährstoffreiche Gärreste, die zurück auf die Felder gebracht werden, – und Wärme. Ohne das Nahwärmenetz bliebe die zu einem großen Teil ungenutzt, sagt Kechel. Wieder fällt der Begriff "Win-win-Situation". "Es profitieren wir als Landwirte, die Genossenschaft – und die Umwelt", bekräftigt Schimmer. Denn Biogas zählt zu den CO₂-neutralen Brennstoffen. Ein optimales Konzept, so sind sich die Landwirte einig.

    146 Haushalte sind an das Netz angeschlossen

    Etwa dreihundert Meter entfernt auf dem Gelände eines alten Bauernhofs befindet sich die Nahwärme-Zentrale. Dort erhitzt die Abwärme einen zentralen, über 20.000 Liter fassenden Pufferspeicher. In Spitzenzeiten – etwa an kalten Wintertagen – könnten die beiden Biogasanlagen im Dorf bis zu 1500 Kilowatt Heizleistung liefern, sagt Kechel. Genügend, um die angeschlossenen Haushalte zu versorgen, sagt Thomas Haaf, technischer Vorstand der Nahwärmegenossenschaft. Zur Sicherheit steht neben dem Pufferspeicher aber noch ein mit Öl betriebener Heizkessel. Allerdings nur für absolute Notfälle, sagt Haaf.

    In der Nahwärme-Zentrale: Thomas Haaf (von links), technischer Vorstand, Burkard Haaf, Vorstandsvorsitzender und Klaus Metzger, Aufsichtsratsvorsitzender der Nahwärmegenossenschaft.
    In der Nahwärme-Zentrale: Thomas Haaf (von links), technischer Vorstand, Burkard Haaf, Vorstandsvorsitzender und Klaus Metzger, Aufsichtsratsvorsitzender der Nahwärmegenossenschaft. Foto: Fabian Gebert

    Von der Nahwärme-Zentrale aus werde das rund 78 Grad heiße Wasser über ein sieben Kilometer langes Leitungsnetz an die Haushalte verteilt, wo ein Wärmetauscher die Energie an die Heizanlage im Haus überträgt. 146 Abnehmer hat die Genossenschaft nach eigenen Angaben zurzeit.

    Einer von ihnen ist Johannes Reißmann, der mit seiner Familie auf einem sanierten ehemaligen Bauernhof lebt und seit 2017 Nahwärme bezieht. Von dem Konzept sei er durchwegs überzeugt, sagt Reißmann: "Es funktioniert gut, wir sparen fossile Energieträger und es ist konstant relativ günstig." Einziger Nachteil: "Ich bin gebunden und könnte nicht so einfach wechseln." Doch dafür gebe es auch keinen Grund.

    Bei Problemen rücken Hobby-Handwerker aus

    Was die Verbraucherpreise angeht, halten sich die Vorstandsmitglieder bedeckt. Nur so viel: "Es ist sehr viel günstiger als Öl oder Gas", sagt Thomas Haaf. Gleichzeitig fallen weitere Kosten – etwa für den Schlotfeger oder Reparaturen am Heizkessel – weg.

    Größere Probleme habe es seit dem Bau des Netzes keine gegeben, sagt Burkard Haaf. Habe ein Haushalt Probleme mit der Wärmeversorgung, gebe es keinen langwierigen Kundenservice. Stattdessen klingle dann bei ihm oder Thomas Haaf das Telefon.

    Und sie wiederum hätten zwei handwerklich versierte Rentner an der Hand, die in so einem Fall bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern im Ort vorbeischauen, sagt der Genossenschaftsvorsitzende. "Einer sagt immer: ,Ich schaue mir das mal an, wenn ich Zeit habe.' Aber eigentlich weiß ich genau, dass er sofort losfährt."

    Betreiber von Biogasanlagen haben mit Unsicherheiten zu kämpfen

    Zu schön, um wahr zu sein? Ein Wermutstropfen ist das nahende Ende der staatlichen Förderung von Biogasanlagen. Bislang garantiere das Erneuerbare-Energien-Gesetz Betreibern feste Erlöse pro Kilowattstunde, sagt Geschäftsführer Kechel. Doch diese Garantie laufe in den kommenden Jahren aus. "Wir wissen nicht, was wir dann für unseren Strom bekommen", sagt der Geschäftsführer der Bioenergie Hopferstadt GmbH. Ihrem Unternehmen fehle dann die Sicherheit.

    In den Biogasanlagen am Ortsrand von Hopferstadt entsteht vornehmlich aus Mais, Gülle und Mist Biogas und daraus wiederum Strom und Wärme.
    In den Biogasanlagen am Ortsrand von Hopferstadt entsteht vornehmlich aus Mais, Gülle und Mist Biogas und daraus wiederum Strom und Wärme. Foto: Fabian Gebert

    "Wenn wir unseren Strom an der Strombörse verkaufen müssen, wäre es bei den aktuellen Preisen schon fast unwirtschaftlich, unsere Anlagen weiterzubetreiben", sagt Kechel. Das hat auch die Nahwärmegenossenschaft im Blick. "Es ist klar, dass niemand eine Biogasanlage betreibt, wenn das ein finanzielles Drauflege-Geschäft ist", sagt Thomas Haaf. 

    Höhere Preise für die bezogene Wärme könnten eine Folge dieser Veränderungen sein, sagt Haaf. Oder im schlimmsten Fall das komplette Aus der Anlagen. Bisher sei das alles noch kein großes Thema. Trotzdem: Für den Fall, dass in der Zukunft einmal keine Wärme vonseiten der Biogasanlagen mehr zur Verfügung steht, gebe es eine Alternative. Dann könnte etwa auch eine Hackschnitzel-Anlage die nötige Energie erzeugen, sagt Burkard Haaf. Denn eines sei klar: Es soll weitergehen mit der Nahwärme.

    Große Aufmerksamkeit – wie etwa dem Energiedorf Großbardorf – sei ihnen bisher erspart geblieben, sagt Haaf mit einem Schmunzeln. "Wir brauchen da auch keine Bestätigung. Wir wissen schon, dass wir auf dem richtigen Weg sind."

    Herzstück der Nahwärme-Zentrale: Ein etwa 20 000 Liter fassender Pufferspeicher. Das heiße Wasser aus dem Tank wird über ein etwa sieben Kilometer langes Leitungsnetz an die Haushalte verteilt.
    Herzstück der Nahwärme-Zentrale: Ein etwa 20 000 Liter fassender Pufferspeicher. Das heiße Wasser aus dem Tank wird über ein etwa sieben Kilometer langes Leitungsnetz an die Haushalte verteilt. Foto: Fabian Gebert
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