Wenn der Zufall die Menschen zusammen führt, entstehen die interessantesten Geschichten. So ist das auch im Stück "Besuch bei Mr. Green", das am Samstag in der Würzburger Theaterwerkstatt in der Rüdigerstraße Premiere hatte. Der Autor Jeff Baron lässt in seinem 1996 uraufgeführten Drama zwei Männer in New York aufeinander treffen: Den 86-jährigen Mr. Green und den jungen Ross Gardiner, der den älteren Herrn kurz zuvor angefahren hat und nun vom Gericht zu Sozialstunden verurteilt wurde.
Unterschiedliche Charaktere
Der Knackpunkt: Er muss die Stunden ausgerechnet bei seinem Unfallgegner ableisten, der davon noch weniger begeistert ist als er selbst. Über den Verlauf von Wochen, durch die das Stück in kurzen Szenen führt, kommt es zu einer langsamen Annäherung der beiden unterschiedlichen Charaktere, stückchenweise setzen sich die nur zögerlich preisgegebenen Lebensgeschichten zusammen. Beide sind Juden. Für Ross kein großes Ding, für Mr. Green, dessen Familie einst vor den Pogromen von Kishinev aus Russland in die USA fliehen musste, allerdings schon.
Als jüdische Einwanderer sah sich Greens Familie immer wieder Vorurteilen und Ausgrenzung ausgesetzt, einem Schwarz-Weiß-Denken, das ihn tief getroffen hat. Als Ross eines Tages ehr aus Versehen zu verstehen gibt, er sei schwul, kann Green damit nicht umgehen. "Besuch bei Mr. Green" stellt auf vielerlei Ebenen die Frage nach dem Schwarz-Weiß in den Köpfen, zeigt Parallelen im Großen und im ganz Kleinen, Persönlichen.
Schauspieler überzeugen
Dank der hervorragenden Schauspieler ist Besuch bei Mister Green verschroben witzig, was vor allem Herbert Ludwigs herausragender Darstellung des sturen, leicht schrulligen alten Mannes zu verdanken ist. Paul Breitner als Ross Gardiner erhält gerade in der zweiten Hälfte die Gelegenheit zu starken Leistung. So zum Beispiel, als er durch Geschehnisse in seinem Leben und die Ablehnung durch Mr. Green unter Druck gerät und dennoch beharrlich versucht, die Dinge zu klären, wodurch plötzlich noch ein Geheimnis aus Mr. Greens Vergangenheit zu Tage kommt.
Spannend, mit Fingerspitzengefühl und Herzblut von Stephan Ladnar inszeniert, zieht "Besuch bei Mr. Green" den Zuschauer in seinen Bann und spricht mit der Frage nach Vorurteilen und Ausgrenzung gerade gegenüber Juden und Homosexuellen große Themen an, die leider nichts an ihrer Aktualität verloren haben. Auf der anderen Seite ganz persönliche Geschichte, bisweilen anrührend, bisweilen aufreibend und immer wieder mal urkomisch. Begeisterter Beifall bei der Premiere, voll verdient.