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Röttingen: Projekt "Steinriegel": Wie man seltene Tiere und Pflanzen im Taubertal schützen und bewahren will

Röttingen

Projekt "Steinriegel": Wie man seltene Tiere und Pflanzen im Taubertal schützen und bewahren will

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    Exkursion zu Steinriegeln im Affental bei Aufstetten: Zu Gunsten von Flora und Fauna sollen aus den meist beschatteten Steinriegeln wieder offene werden. Mit dabei: Landrat Thomas Eberth (Zweiter von links).
    Exkursion zu Steinriegeln im Affental bei Aufstetten: Zu Gunsten von Flora und Fauna sollen aus den meist beschatteten Steinriegeln wieder offene werden. Mit dabei: Landrat Thomas Eberth (Zweiter von links). Foto: Markhard Brunecker

    Steinriegel, lange Wälle aus zusammengelesenen Steinen, prägen das Landschaftsbild im Taubertal. Da es sich um einen wertvollen und auch bedrohten Lebensraum handelt, hat der Landschaftspflegeverband (LPV) Würzburg ein Projekt "Steinriegel in Tauberfranken" durchgeführt, in dem ein Konzept zur dauerhaften Steinriegel- und Heckenpflege im Taubertal erarbeitet wurde. Auf einem Gebiet in den Gemeinden Röttingen, Aufstetten, Bieberehren, Aub und Tauberrettersheim wurden in Zusammenarbeit mit der Flächenagentur Deutsche Landschaften GmbH in Ansbach 762 Steinriegel digital erfasst und ihr Zustand bewertet.

    Damit können für die Zukunft Pflegeroutinen aufgezeigt und eine landschaftspflegerische Durchführung sowie Materialverwertung durch eine Spezialisierung von Landschaftspflegebetrieben vorbereitet werden, sagte Simone Heim, Geschäftsführerin des Landschaftspflegeverbands Würzburg (LBV), bei einer Exkursion zu den Steinriegeln nach Aufstetten (Affental).

    Gehören zum Landschaftsbild im Taubertal: die meist bewachsenen Steinriegel.
    Gehören zum Landschaftsbild im Taubertal: die meist bewachsenen Steinriegel. Foto: Markhard Brunecker

    Ziel sei es, ein dauerhaftes Pflegekonzept zu erstellen. So soll der Lebensraum Steinriegel verbessert und erhalten werden. Die Ergebnisse dieses Projekts präsentierte Hubert Marquart, Geschäftsführer der Landschaften GmbH, im Rahmen der Exkursion.

    Steinriegel prägen seit Jahrhunderten markant das Landschaftsbild im Taubertal. Ihre Entstehung geht vorwiegend auf ausgedehnte Weinbergsflächen des 16. Jahrhunderts zurück. Seit Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Weinbau zunehmend aufgegeben. Die nachfolgende Nutzung der Flächen, als Streuobstwiese oder für Tierhaltung, wurde in den vergangenen Jahrzehnten weniger attraktiv. Ohne menschliche Interaktion wachsen heute auf fast allen Steinriegeln Hecken und Bäume.

    762 Steinriegel wurden untersucht

    Dies führt zu einer starken Veränderung des Landschaftsbildes und bedroht die offenen Steinriegel, die ein Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten sind. Gegenwärtig sind sie nur noch an wenigen Orten als Zeugnisse historischer Weinbaulandschaften in Hanglagen zu finden.

    Das Untersuchungsgebiet beinhaltet 762, meist durch Gehölzbewuchs beschattete und wenig offene Steinriegel. Sie befinden sich in einem etwa 28 Quadratkilometer großem Landschaftsausschnitt des Taubertals und seiner Nebentäler.

    Die Gesamtlänge der dokumentierten Steinriegel beträgt rund 46 Kilometer, zusammen haben sie eine Fläche von 16 Hektar. Die Erfassung ergab, dass die Steinriegel in diesem Gebiet zwischen 30 und 100 Meter lang und einen bis 1,5 Meter hoch sind. Steinriegel genießen gesetzlichen Schutz und dürfen nicht entfernt werden, unter anderem weil sie wertvolle Habitate für viele seltene Pflanzen und Tiere bieten.

    Zauneidechse, Schlingnatter und Weiße Turmschnecke bewohnen die Steinriegel

    Wärmeliebende und konkurrenzschwache Arten finden auf offenen, sonnenexponierten Steinriegeln ideale Lebensbedingungen. Diese beherbergen kleinwüchsige, trockenresistente oder wasserspeichernde Pflanzen. Die häufigsten Gehölze und Bäume auf den Steinriegeln sind u. a. Gewöhnlicher Liguster, Schwarzdorn, Blutroter Hartriegel, Eingriffiger Weißdorn oder die Sal-Weide. Außerdem bewohnen wärmebedürftige Tiere wie Zauneidechse, Schlingnatter, Schmetterlingshaft oder die Weiße Turmschnecke diese Gebiete.

    Wenn Steinriegel von Gehölzen bewachsen werden, ändern sich die lokalen klimatischen Bedingungen. Hecken und wärmetolerante Bäume sorgen für Beschattung, eine höhere Luftfeuchte und verminderte Temperaturschwankungen. Ein optimaler Zustand des Gebiets wäre eine Landschaft aus offenen, teilbewachsenen und von Gehölzen besetzten Steinriegeln, wodurch ein vielseitiges Mosaik aus stark besonnten, teilbeschatteten und schattigen Bereichen entstehen würde.

    Noch wirkt der Steinriegel etwas wüst – in wenigen Jahren aber soll er ein Paradies für Insekten sein.
    Noch wirkt der Steinriegel etwas wüst – in wenigen Jahren aber soll er ein Paradies für Insekten sein. Foto: Markhard Brunecker

    Zurzeit sind die offenen Steinriegel unterrepräsentiert und durch zunehmende Verbuschung sogar regelrecht bedroht, so das Ergebnis des Projekts. Entbuschungsmaßnahmen helfen, diese freizulegen und Gehölzwachstum zu mindern. Besonders südlich ausgerichtete Steinriegel bieten bei guter Besonnung bis hin zu leichter Beschattung ideale Lebensräume für Reptilien, Insekten und Flechten. Nachtaktiven Fledermäusen dienen sie als wichtige Orientierungspunkte. Außerdem bieten die Gehölze Balz- und Ausspähpunkte für Vögel wie den Neuntöter, die Heckenbraunelle oder den Baumpieper sowie Kletterbereiche für Eidechsen. Segelfalter nutzen die bodennahen Sträucher zur Eiablage.

    Um die Steinriegel nachhaltig sichtbar zu halten, sind bestimmte Pflegemaßnahmen unerlässlich. Einen einmal entbuschten Steinriegel unbearbeitet zu lassen, führt dazu, dass er innerhalb weniger Jahre wieder von Gehölzen und Bäumen bewachsen wird. Es gibt verschiedene Methoden, um die optimale Kombination von unterschiedlich bewachsenen Steinriegeln zu erhalten. Kletterfreudige Tiere, die auch holzigen Aufwuchs verbeißen, gelten als ideale Pflegehelfer. Geeignet sind auch Deutsche Ziegen oder Hochlandrinder. Regelmäßige Entbuschung ist alle fünf bis zehn Jahre erforderlich.

    Im Affental ist Handarbeit gefragt

    Um ein effektives Zurückdrängen von Gehölzen zu gewährleisten, ist es notwendig, die Stockausschläge in den ersten Jahren nach der Freistellung zu reduzieren. Niels Kölbl vom LBV ging vor Ort auf den Beginn vor zwei Jahren ein, als Landwirte auf den Verband zukamen und um Beratung baten. Nach Erstellung eines Rodungsplans sei klar gewesen, dass in dem sehr wertvollen Bereich im Affental hauptsächlich Handarbeit gefragt sei, da kaum ein Einsatz mit Maschinen möglich sei.

    Nach getaner Arbeit sind nun die Weidetierhalter gefragt, denn bei dem Grünland handelt es sich gleichzeitig um Heuwiesen. Erhard Heinle, stellvertretender Fachbereichsleiter im Naturschutz und Landschaftspflege im Landratsamt Würzburg erklärte, dass es noch zwei bis drei Jahre dauern werde, bis aus den noch etwas wüsten Hanglagen ein Paradies für Insekten entstehen könne.

    Landratsamt-Mitarbeiter Heinle nimmt auch Anträge von Gemeinden oder Privatleuten entgegen, deren Steinriegel "gesäubert" werden sollen. Am Ende gab es ein großes Lob von Landrat Thomas Eberth für alle Beteiligten – es sei vorbildlich, wie alle an einem Strick ziehen würden.

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