Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Rottendorf: Radio-Ikone Fritz Egner: Vielleicht kann richtig gute Musik gar nicht von normalen Menschen kommen

Rottendorf

Radio-Ikone Fritz Egner: Vielleicht kann richtig gute Musik gar nicht von normalen Menschen kommen

    • |
    • |
    Thomas Gottschalk und Fritz Egner starteten ihre Karriere gemeinsam beim Bayerischen Rundfunk, für den sie auch heute noch gelegentlich gemeinsam auf der Bühne stehen. 
    Thomas Gottschalk und Fritz Egner starteten ihre Karriere gemeinsam beim Bayerischen Rundfunk, für den sie auch heute noch gelegentlich gemeinsam auf der Bühne stehen.  Foto: BR

    1978 moderierte Fritz Egner (72) neben Thomas Gottschalk und Günther Jauch bei Bayern 3. Noch heute hat er im Sender Bayern 1 seine eigene Sendung. Am 12. Juli liest Egner im Rahmen des MainLit-Literatur-Festivals um 19.30 Uhr im Gut Wöllried bei Rottendorf (Lkr. Würzburg) aus seinem Buch "Mein Leben zwischen Rhythm & Blues". Er bringt auch Hörbeispiele mit und erzählt von seinen vielen Begegnungen mit großen Stars. 

    Frage: Im Gegensatz zu Ihren Radio-Kollegen von einst, Thomas Gottschalk und Günther Jauch, haben Sie dem Radio – trotz einiger Ausflüge ins Fernsehen – immer die Treue gehalten. Warum?

    Fritz Egner: Das Radio hat mich von Kindheit an fasziniert. Zum Fernsehen bin ich durch Zufall gekommen. Es war eine glückliche Fügung. Zunächst hat mich da nichts hingezogen. Es wurden dann doch 25 Jahre, die ich auch Fernsehen gemacht habe. Aber Radio ist meine Leidenschaft geblieben.

    Wie hat sich das Radio verändert? Ist es noch Ihr Medium?

    Egner: Es hat sich verändert. Es ist alles mehr formatiert. Jeder Sender hat sein Zielpublikum, nach dem er alles ausrichtet. Vor allem die Musikauswahl. Ich habe beim Bayerischen Rundfunk die große Freiheit, in meiner Sendung selber gestalten zu dürfen. So kann ich mich nach allen Richtungen  ausleben. Das ist ein ganz großes Privileg. Normalerweise aber bedient jeder Sender eine bestimmte Altersklasse. Das hat es früher so nicht gegeben.

    Liest und erzählt im Rahmen des Literaturfestival MainLit aus seinem Leben: Fritz Egner. 
    Liest und erzählt im Rahmen des Literaturfestival MainLit aus seinem Leben: Fritz Egner.  Foto: Ulrike Langer

    Liegt das ein Stück weit daran, dass die Menschen ihrem Musikgeschmack aus der Jugend treu bleiben? Ein Sender, der Musik der 80er Jahre spielt, will das Publikum um die 60 erreichen.

    Egner: Ganz klar, die Musik in der Prägungsphase des Lebens bleibt hängen. Hinzu kommt meiner Meinung nach, dass die Musik der 60er, 70er und 80er Jahre eine ganz andere Energie hatte. Heute ist vieles maschinell, clean, aber die Seele fehlt ein bisschen. Aber das spielt für die Jugendlichen, die heute aufwachsen keine Rolle. Es entspricht ihren Hörgewohnheiten. So hat jeder seine eigene Prägungsphase.

    Das leuchtet ein, trotzdem fand ich die Musik meiner Jugend (70er/80er Jahre) viel abwechslungsreicher.

    Egner: Da bin ich ganz bei Ihnen. Diese Musik hatte ihren eigenen Reiz. Und die damaligen Stars hatten unverwechselbare Stimmen. Heute geht es mir oft so, dass ich drei Lieder hintereinander höre und mich frage, war das jedes Mal der gleiche Sänger? Heute wird viel mehr elektronisch glattgebügelt und optimiert.

    Sind auch die heutigen Stars glattgebügelt ?

    Egner: Sie unterscheiden sich schon. Heute gibt es "Superstars" ja nur noch partiell. Die meisten sind für zwei, drei Jahre ganz oben. Es nutzt sich alles viel schneller ab, Stars werden schneller verbraucht, weil sie viel mehr in den Medien stattfinden.  Stars wie zum Beispiel Elvis Presley, Frank Sinatra oder Stevie Wonder, wenn wir mal ganz nach oben greifen, wurden über viele Jahre, teilweise Jahrzehnte aufgebaut. Das fällt heute weg.

    Wer ist leichter zu interviewen: der große Weltstar oder der Newcomer, der noch etwas werden will?

    Egner: Die ganz Großen sind im Interview am einfachsten. Die Newcomer wirken oft arrogant, vor allem, weil sie unsicher sind.

    Fritz Egner mit James Brown, der einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen hat.
    Fritz Egner mit James Brown, der einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen hat. Foto: privat/Egner

    Welcher von den ganz Großen hat sie am meisten beeindruckt?

    Egner: Mit Sicherheit Phil Collins, Rod Stewart, aber auch Stevie Wonder. Mit ihm hatte ich die Gelegenheit, zwei Tage intensiv zu verbringen und er hat mich tief beeindruckt. Aber auch solche Urgesteine wie James Brown, der hatte eine unvergleichbare Energie und Entschlossenheit und ist auf der Bühne regelrecht explodiert. So etwas habe ich kaum mehr erlebt, vielleicht noch bei Prince, der mich auch wegen seiner künstlerischen Bandbreite tief beeindruckte. Und natürlich George Harrison von den Beatles. Aber bei fast 500 Interviews fällt es schwer, da einzelne raus zu picken. Mick Jagger war so ein ganz normaler kumpelhafter Typ. Da war kaum Distanz, so schön das sein kann, da bleibt dann kaum Bewunderung, man ist nicht so beeindruckt.

    Phil Collins, das hat mich jetzt überrascht. Ein toller Musiker, aber als Mensch wirkt er auf mich wie der freundliche Nachbar.

    Egner: Stimmt, aber wenn man mit ihm in die Tiefe geht, über Jazz, Rhythm and Blues und andere Musikrichtungen spricht, dann öffnet er sich und beeindruckt mit seiner Haltung und einem enormen Wissen. Das beeindruckt sehr, ansonsten ist er wirklich ein ganz bodenständiger Typ.

    Wünschten Sie sich schon einmal, selbst ein Rockstar zu sein?

    Egner: Ganz und gar nicht. Ich habe diesen Bühnendrang nicht, mir fehlt die innere Unruhe, vor Publikum auftreten zu müssen. Ich brauche auch nicht den Applaus, den ich im Radio ja auch gar nicht bekomme. Mir reichen die Zuschriften und Rückmeldungen. Viele große Stars haben mir in Interviews bestätigt: Das Leben als Rockstar ist zwar auf der Bühne wie im Himmel, doch danach kommt die Hölle, weil man in ein schwarzes Loch fällt. Für andere ist die Bühne eine fürchterliche Herausforderung. Weil sie Lampenfieber, ja eine unerträgliche Angst vor jedem Auftritt haben. Nicht selten wird das dann mit Drogen kompensiert. Danach habe ich mich nie gesehnt.

    Hält Musik jung?

    Egner: Ja unbedingt. Für mich war sie auch Lebenselixier und oft Notfallkoffer. Jung hält sie in meinem Fall aber auch, weil ich dadurch immer wieder junge Leute treffe und mich mit deren Musik beschäftige.

    Apropos Notfallkoffer. Sie sind ein sehr reflektierter Mensch, der sich immer auch große Sorgen um die Zukunft macht. Wie geht es Ihnen heute, wo wir von einer Krise in die nächste schlittern?

    Egner: So bedenklich war es noch nie. Selbst zu Zeiten des Kalten Krieges war die Gefahr eher theoretisch. Jetzt nehme ich so einen Dominoeffekt war, die Probleme häufen sich auf und ich bin mir sicher, das es zumindest unseren Wohlstand hart treffen wird. Ich habe einen zwölfjährigen Sohn und auch im Sender viel mit jungen Leuten zu tun. Da befällt mich fast schon ein schlechtes Gewissen, dass wir eine so lange Phase von Frieden und Wohlstand hatten, aber eben auch auf Kosten der zukünftigen Generation. Das bereitet mir sehr große Kopfschmerzen.

    Sie haben fünf Jahre auch für Warner Brothers gearbeitet und dabei einen Blick hinter die Kulissen der Musikbranche werfen können. Was haben Sie da erlebt?

    Egner: Meine Aufgabe war es, Texter und Musiker zusammenzubringen. Man hat da sehr viel mit den Managern der großen Stars zu tun. Das ist eine ganz andere Ebene. Das waren unglaublich interessante Jahre. Es gab da sehr zwielichtige Gestalten hinter den Künstlern, die nur Geld verdienen wollten. Und ich habe in menschliche Abgründe geblickt, oft gerade bei den genialsten Produzenten und musikalischen Genies. Aber auch Wagner und Beethoven waren schwierige Charaktere am Rande des Wahnsinns. Vielleicht kann richtig gute Musik gar nicht von ganz normalen Menschen kommen.   

    Die Sommerausgabe des Literaturfestivals MainLit findet von 3. bis 14. Juli statt. Es lesen unter anderem Ewald Arenz, Meike Stoverock, Walter Sittler oder Barbara Auer. Tickets für die Lesung von Fritz Egner (22 Euro) und alle anderen Termine gibt es beim Ticketservice im Falkenhaus am Würzburger Marktplatz oder unter www.main-lit.de

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden