Die Fasenachtsgilde Giemaul in Heidingsfeld ist dabei, die Scherben zu kitten, die durch das Bekanntwerden zweifelhafter Internet-Aktivitäten eines Vorstandsmitgliedes entstanden sind. Nach wie vor betont der Verein, die "11er-Unsinn-Gruppe" auf Whatsapp sei keine Einrichtung der Gilde Giemaul gewesen - in der allerdings nach unseren Recherchen auch ranghohe Funktionsträger der Gilde Mitglied waren.
Ermittlungen wegen Volksverhetzung laufen noch
Ermittelt wird gegen eine Person, die geschmacklose Bilder wie das des drohend zielenden MG-Schützen verbreitet hatte, von dem es im Text heißt: "Er erledigt 1400 Asylbewerber-Anträge in der Minute." Die Ermittlungen wegen Verdacht der Volksverhetzung laufen noch, heißt es auf Anfrage bei der Staatsanwaltschaft Würzburg. Der Verdächtige hat das Amt als 3. Gesellschaftspräsident niedergelegt. Offiziell heißt es, er sei ausgetreten.
Wer sich die Dialoge in der Gruppe ansieht, sieht keine erkennbare Zustimmung oder Ablehnung gegen dieses und andere geschmacklose Bilder eines Mitgliedes. Allerdings verließ der 1. Gesellschaftspräsident Christian Reusch, der unter Pseudonym dabei war, nach unseren Informationen die Gruppe nach Bekanntwerden der heiklen Bilder. Dennoch habe er danach gegenüber Mitgliedern zunächst nur von "Gerüchten" gesprochen.
Mitgliederversammlung hinter verschlossenen Türen
Reusch stellte Weichen zur Krisenbewältigung in einer Mitgliederversammlung. Vor knapp 200 Teilnehmern ging es im Radlersaal in Würzburg-Heidingsfeld hart zur Sache – hinter verschlossenen Türen, um eine offene Diskussion zu ermöglichen.
Der Verein setzte Zeichen: Für den Versender der Bilder rückt der 43-jährige Polizeibeamte Andreas Weiß ins Präsidium nach. Auf den Posten der hinausgeekelten 2. Gesellschaftspräsidentin Heike Bader, (die ihre Vereinsspitze zum Eingreifen aufgefordert hatte) wurde der 43-jährige Manuel Königl gewählt.
Gilde-Giemaul-Mitglieder bekamen Probleme am Arbeitsplatz
In Gesprächen mit insgesamt 18 Funktionären und einfachen Mitgliedern erfuhr die Redaktion: Der Vorfall beschädigte den guten Ruf des Vereins bis nach Mittelfranken, wo Partnervereine seit Jahren im Fasching mit der Gilde kooperieren. "Narren zeigen ihre Zuneigung zu Hitler", titelte dort sinngemäß eine Zeitung – laut Reusch, ohne beim Vorstand der Gilde auch nur nachgefragt zu haben.

In Unterfranken ist bei anderen Faschingsvereinen die Reaktion ambivalent: "Einige wenige gehen auf Distanz", sagt ein Vorstandsmitglied. Hier und da zeigen Vereine die kalte Schulter, andere verhalten sich abwartend oder machen Verantwortlichen Mut. Intern ist die Unruhe aber groß. "Selbst einfache Mitglieder müssen sich in der Öffentlichkeit rechtfertigen – teilweise auch bei aufgeschreckten Arbeitgebern", hörte Christian Reusch. Soldaten, Polizeibeamte und Mitarbeiter anderer Behörden, die bei der Gilde sind, wurden von Vorgesetzten zu Stellungnahmen aufgefordert. "Vereinzelt wurden sie sogar vor die Wahl gestellt: Job oder Hobby", sagt der Präsident.
Die Gilde betont: Vereinspräsidium und alle Gruppierungen des Vereins distanzieren sich vom rechten Gedankengut – auch wenn die Aufarbeitung einer Minderheit im Verein nicht weit genug geht. Heike Bader kam dem bereits beschlossenen Rauswurf zuvor und ist nach über zehn Jahren Mitgliedschaft aus der Gilde ausgetreten. Eine Faschingsgesellschaft müsse auch Kindern ein Vorbild sein und demokratische Werte vermitteln, argumentiert die Lehrerin. Rassistische Äußerungen wie in der "11er-Unsinn"-Gruppe hätten dort nichts zu suchen.
Manche wittern hinter dem Vorgang dagegen eine Verschwörung gegen die Vereinsspitze. Tatsächlich würde eine kleine Gruppe im Verein gerne einen anderen Präsidenten auf den Schild heben, findet dafür aber keine Mehrheit.
Verein präsentiert Antidiskriminierungsbeauftragte
Christian Reusch bemüht sich intensiv, die Gilde wieder in ruhiges Fahrwasser zu bekommen. Er hat sich auch mit einem Vertreter des Würzburger Bündnisses für Zivilcourage getroffen. Das Bündnis - und nicht wie kolportiert wurde Heike Bader - hatte Anzeige wegen Volksverhetzung erstattet. Laut Reusch will sich die Spitze der Gilde mit dem Thema "gründlich auseinandersetzen und gegebenenfalls neu bewerten".
Er präsentierte mit Ina Göpfert eine Antidiskriminierungsbeauftragte als Ansprechpartnerin für jedes Mitglied. Alle wurden aufgefordert, eine Selbstverpflichtungserklärung gegen diskriminierendes Verhalten zu unterschreiben. Reusch präsentierte auch eine Resolution, in der die Gilde sich zu Toleranz und Menschlichkeit bekennt und gegen rechtes Gedankengut, Nationalismus und Diskriminierung jeder Art wendet. Die Resolution wurde von der Mitgliederversammlung mit Applaus verabschiedet.