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NEUBRUNN: Rechtschaffene Wandergesellen stehen zu ihrem Wort

NEUBRUNN

Rechtschaffene Wandergesellen stehen zu ihrem Wort

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    Handwerkliches Können gezeigt: In Neubrunn wurde nicht nur über das Brauchtum der Wandergesellen informiert, sondern die Handwerkskunst auch praktisch vor Augen geführt.
    Handwerkliches Können gezeigt: In Neubrunn wurde nicht nur über das Brauchtum der Wandergesellen informiert, sondern die Handwerkskunst auch praktisch vor Augen geführt. Foto: Foto: Elfriede Streitenberger

    Wenn sie etwas versprechen, dann halten sie es auch: die rechtschaffenen Zimmer- und Schieferdeckergesellen. Davon konnten sich die Besucher der 1200-Jahr-Feier in Neubrunn überzeugen. Im Gäslein hatten sie ihren Stand – nur wenige Meter von der Wandergesellen-Herberge entfernt, die eine von zwei in ganz Bayern ist. Hier konnte sich Alt und Jung über den „Schacht“ (Handwerksvereinigung) informieren und die Fertigkeit der Gesellen bestaunen.

    Philip Gußlein (23) war – wie fast alle 18 Gesellen – extra für das Fest angereist. Er steht zurzeit in Zürich bei einem Meister in Arbeit. „Ich habe es dem Altgesellen versprochen“, sagt er, „als ich im Frühjahr bei Viktor Meckel in Neubrunn in Lohn stand und er mir die Unterkunft im Ochsen vermittelt hat.“ Der Altgeselle ist Niko Kettner aus Neubrunn. Der 34-Jährige war von 2002 bis 2005 auf der Walz und hat vor drei Jahren die „Herberge für rechtschaffene fremde Gesellen zu Würzburg“ ins Leben gerufen. Er kümmert sich ehrenamtlich um die Herberge. „Wir Wandergesellen geben zurück, was wir erhalten haben. Wenn wir ehrlich sind, dann kommt es im Leben wieder zurück.“

    Die Hilfsbereitschaft, erklärt Kettner, sei enorm. „Wenn du nicht in Arbeit stehst, dann musst du nicht verhungern. Dir wird immer geholfen. Das verbindet fürs Leben.“ Kettner pflegt die Tradition und das Brauchtum der Walz. Er ist Ansprechpartner und Arbeitsvermittler. Die Herberge ist Dreh- und Angelpunkt jeder Gesellschaft. Der fremde Geselle trägt sich bei seiner Ankunft im Zugereistenbuch ein, bekommt einen Begrüßungstrunk, eine Übernachtung und einen Tag frei.

    „Ich bin stolz darauf, die ehrbare Kluft (Tracht) zu tragen“, sagt Niko Rehn (23) aus Schönberg in Holstein. Er ist seit zehn Monaten unterwegs. Während seiner Walz, drei Jahre und ein Tag, darf der reisende Geselle seinem Heimatort nicht näher als 50 Kilometer kommen – ausgenommen nur bei schwerer Krankheit oder Tod eines engen Familienmitglieds. Handwerkergesellen, die auf die Walz gehen, müssen den Gesellenbrief in der Tasche haben, unverheiratet, schuldenfrei und jünger als 30 Jahre alt sein. Sie tragen schwarze Hose mit breitem Schlag aus grobem Cord, Weste, Jackett, darunter ein kragenloses weißes Hemd mit schwarzer Krawatte und einem Zylinder, Schlapphut oder Koks auf dem Kopf.

    „Der Hut ist das Zeichen des freien Mannes“, sagt Kettner, „den setzt man nur beim Essen ab.“

    Timm Klütz (23) aus Ostrohe in Dithmarschen ist seit einem Jahr unterwegs. „Meistens haben sich die Betriebe aus wirtschaftlichen Gründen spezialisiert, sodass eine umfassende Ausbildung kaum mehr möglich ist“, berichtet er. Das Reisen ermögliche, andere Arbeitspraktiken und Baustile kennen zu lernen.

    Philip Gußlein (23) aus Lichtenau ist schon zwei Jahre und zehn Monate unterwegs. „Ich habe durchweg gute Erfahrungen gemacht, sehr viel Menschenkenntnis und Handwerkskunst erlernt.“ Seine Wanderschaft hat ihn schon bis nach Asien geführt. „Ich habe noch keinen Tag bereut und bin jetzt schon traurig, wenn ich in zwei Monaten und einem Tag zurück in mein altes Leben gehe“, bedauert er.

    Die Wanderschaft habe ihn verändert und sein Lebensmotto geprägt, sagt Gußlein: Die Wahrheit sagen. Versprechen halten. Verantwortung für persönliche Fehler übernehmen, im Beruf und im täglichen Leben. Zu sein, wer man zu sein behauptet, zu tun, was man zu tun ankündigt. Gußlein: „Das sind die Tugenden der Rechtschaffenheit.“

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