Woher weiß die Redaktion, welche Themen Menschen in der Region interessieren?
Seit jeher ist es Ziel der Journalistinnen und Journalisten unserer Redaktion, über die Themen zu berichten, die Menschen in Unterfranken bewegen. Dazu müssen wir Ihnen, unseren Leserinnen und Lesern, zuhören. Das ist schon dadurch gewährleistet, dass das Team der Redaktion in der Region lebt, großteils auch hier geboren und aufgewachsen ist.
Wir treffen unsere Leserinnen und Leser beim Bäcker, im Verein, in der Kneipe. Sie schreiben uns Leserbriefe, persönliche E-Mails oder rufen uns an. Seit einigen Jahren können wir den Menschen auch digital "zuhören": Wir wissen von jedem Beitrag, den wir auf mainpost.de veröffentlichen, wie viele Menschen ihn gelesen haben, wie lange sie ihn gelesen haben und wieviele ihn weiterempfohlen oder kommentiert haben.

In sozialen Netzwerken sehen wir, welche Themen Menschen in Mainfranken besonders intensiv diskutieren. Künftig werden wir auch messen können, welche Seiten des E-Papers, also der digitalen Kopie der gedruckten Zeitung, gut oder weniger gut gelesen werden. Die Daten all dieser Analysen mischen wir mit den persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen der Redaktion. Man kann also sagen, Themen entstehen aus einem Bauchgefühl, das durch Daten gestützt wird.
Welche Themen interessieren die Menschen?
Menschen interessieren sich für Menschen. Deshalb stellen wir oft Menschen in den Mittelpunkt, die für ein Thema stehen oder es gut erklären können. Jüngstes Beispiel: Um über den Notstand in der Kinderbetreuung zu berichten, haben wir Erzieherinnen und Erzieher zu Wort kommen lassen. Im zweiten Beitrag erklärte eine Expertin die Hintergründe. Es folgte ein Stück, in dem wir erklärt haben, wie Einrichtungen finanziert werden und welche Rechte Eltern haben. Weitere Beiträge folgen, etwa zu Ansätzen für die Lösung des Notstands.

Menschen interessieren sich außerdem für das, was sie persönlich betrifft. Und das kann von Ort zu Ort unterschiedlich sein: Über Würzburg wissen wir, dass Leserinnen und Leser Verkehrsthemen aller Art (Parken, Straßenbahnen, Radverkehr) stark beschäftigen. Aus der Rhön sind Themen zu Ausflügen und Freizeitaktivitäten gefragt. Zu einem Dauerbrenner hat sich zum Beispiel das Thema Wohnen entwickelt.
Grundsätzlich haben wir gelernt, dass Sie es wertschätzen, wenn wir mit unseren Themen folgende Bedürfnisse erfüllen: 1. Wir bringen Sie auf den neuesten Stand. 2. Wir erklären, was aktuelle Entwicklungen für Sie persönlich bedeuten. 3. Wir helfen Ihnen, Probleme zu lösen. 4. Wir lassen Sie mitfühlen. 5. Wir berichten, wie andere Menschen über etwas denken. 6. Wir lenken Sie auch mal ab und unterhalten Sie.
Bedeutet das, dass die Redaktion den Menschen nach dem Mund schreibt?
Nein. Wenn wir ein Thema für relevant halten, berichten wir darüber. Wenn wir dann in der Analyse sehen, dass es wenig gelesen wird, diskutieren wir über die Machart. Das heißt, wir stellen nicht zuerst das Thema infrage, sondern die Art und Weise, wie wir es aufgearbeitet haben: Haben wir das falsche Erzählformat gewählt (zum Beispiel Bericht statt Interview)? Haben wir die Bedeutung des Themas für die Menschen nicht gut genug dargestellt?

Neben den oben genannten Bedürfnissen verstehen wir es als unsere Kernaufgabe, Sie durch unseren Journalismus in die Lage zu versetzen, sich eine Meinung zu bilden zu den Themen, die für die Gesellschaft relevant sind, und so die Demokratie zu stärken.
Sind Erkenntnisse aus der digitalen Welt auf die Zeitung übertragbar?
Die Antwort kennt in Deutschland wohl kaum jemand besser als Ludwig Zeumer. Er ist Geschäftsführer bei "Die Mehrwertmacher" in Dresden. Mit "Lesewert" hat das Unternehmen der Sächsischen Zeitung ein Verfahren entwickelt, mit dem Redaktionen messen können, wie unterschiedliche Nutzerinnen und Nutzer dieselben Inhalte in der gedruckten Zeitung, der digitalen Zeitung (e-Paper) oder auf Online-Portalen nutzen.

Wenn Zeumer auf die Unterschiede schaut, gibt es beispielsweise jüngere Themen oder unterschiedliche Perspektiven auf Themen. Wenn etwa eine Diskothek aufmacht, interessieren sich jüngere Nutzer im Netz tendenziell mehr für das Partyprogramm, während oft ältere Zeitungsleser auch wissen wollen, ob sie mit störendem Lärm rechnen müssen.
Wenn es um häusliche Pflege geht, ist es ein Unterschied, ob ich mich um meine eigene Pflege sorge, oder um die meiner Eltern oder meiner Großeltern. Es gibt also durchaus Unterschiede im Detail. "Aber am Ende ist ein guter Text ein guter Text, egal wo er steht", sagt "Lesewert"-Experte Zeumer.
Wie fließt das Wissen über die Digitalnutzung in die gedruckte Zeitung ein?
Drei Veränderungen machen das beispielhaft deutlich: 1. Vor etwa drei Jahren haben wir die Überschriften und die Unter-Überschriften verlängert. Im Digitalen haben wir gelernt, wie wichtig eine ausführlichere Hinleitung zum Inhalt in der Überschrift ist. Für Leserinnen und Leser ist es damit einfacher, das Wesentliche zu erfassen und eine Entscheidung zu treffen, ob der folgende Text interessiert oder nicht.

2. Neue Formate, die sich im Digitalen bewährt haben, bereichern auch die Zeitung. Zum Beispiel lesen Sie öfter sogenannte "Frage-Antwort-Stücke", bei denen wir komplexe Sachverhalte besser gliedern und so leichter vermitteln können. Der Text, den Sie im Moment lesen, ist so ein "Frage-Antwort-Stück". Auch sogenannte "Listicles" gibt es erst in der Zeitung, seit wir online gelernt haben, wie beliebt dieses Format bei Leserinnen und Lesern ist: "Sieben Ausflugtipps fürs Wochenende" oder "Fünf Tipps zum Energiesparen" kommen sowohl online als auch in der Zeitung gut an.
3. Wir berichten nachhaltiger über einzelne Themen, wenn wir durch unsere Analysen bemerken, dass das Interesse nach wie vor hoch ist. Sogenannte Nachdreher machen unseren Journalismus vielfältiger, weil wir zusätzliche Fragen stellen und weitere Perspektiven auf ein Thema finden. Als es noch keine Datenanalyse gab, hat die Redaktion oft gedacht, "das reicht jetzt aber, das will doch keiner mehr lesen". Damit lagen wir oft falsch.
Machen die beschriebenen Datenanalysen den Journalismus in jedem Fall besser?
Nicht zwangsläufig. In dem neuen Wissen liegt auch das Risiko, dass wir ein Thema überdrehen, beziehungsweise überbewerten. Um das Risiko zu minimieren, gilt der Grundsatz, dass wir uns von den Daten aus den Nutzungsanalysen nicht treiben lassen, sondern sie als eine von mehreren Entscheidungshilfen verstehen.
Die Verantwortung für jede Veröffentlichung liegt ohnehin immer bei einem Menschen. Die Bewertung und Einschätzung durch einen Journalisten oder eine Journalistin sind entscheidend – wohl wissend, dass es immer auch zu Fehleinschätzungen kommen kann.
Wie werden Nachrichten über Vereine gelesen? Und wie kommen sie in die Zeitung?
Vereinsleben und Ehrenamt, aber auch die Arbeit anderer Organisationen, wie Schulen oder Kindergärten, sind wichtige Stützen der Gesellschaft. Als Lokalzeitung geben wir diesem Teil des gesellschaftlichen Lebens mehr Raum denn je. Wir wissen, dass beispielsweise der Bericht über ein Sommerfest im Kindergarten nur einen kleinen Kreis interessiert. Aber viele kleine Kreise sind am Ende ein großes Ganzes.

Aufgrund der Menge an Einrichtungen kann die Redaktion keine Berichterstatter schicken. Stattdessen können Vereine, Kindergärten, Schulen und andere Organisationen auf www.mainpost.de Berichte und Bilder von Veranstaltungen an die Redaktion geben. Die Inhalte werden als Pressemitteilung gekennzeichnet und kostenlos in der Zeitung und auf mainpost.de veröffentlicht.
Mittlerweile nutzen mehr als 4500 Organisationen dieses Angebot und berichten über ihre Arbeit. Auf dem Portal finden Sie auch Tipps für die Öffentlichkeitsarbeit Ihrer Organisation.