Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Würzburg: Risiko unterschätzt: Warum haben so viele Menschen eine Fettleber und was kann man dagegen tun, Professor Geier?

Würzburg

Risiko unterschätzt: Warum haben so viele Menschen eine Fettleber und was kann man dagegen tun, Professor Geier?

    • |
    • |
    Nur eine Erkrankung, die ältere Menschen oder bei Menschen mit Alkoholproblem vorkommt? Das Problem Fettleber betrifft viele, erklärt ein Würzburger Experte.  
    Nur eine Erkrankung, die ältere Menschen oder bei Menschen mit Alkoholproblem vorkommt? Das Problem Fettleber betrifft viele, erklärt ein Würzburger Experte.   Foto: Getty Images

    Etwa 30 Prozent der Bevölkerung in Deutschland haben Übergewicht - häufig verbunden mit einer sogenannten "nicht-alkoholischen Fettleber". Nicht nur ältere Menschen sind davon betroffen. Auch Kinder können bereits solch eine Fettleber haben. Das Tückische daran: Die Erkrankung macht sich oft erst bemerkbar, wenn das Organ schon geschädigt ist.  

    Das Risiko wird unterschätzt, warnt Leberexperte Prof. Andreas Geier, Leiter der Hepatologie am Transplantationszentrum der Uniklinik Würzburg. Im Interview erklärt der Internist und Ernährungsmediziner, welche Warnzeichen man ernst nehmen sollte - und wie man eine Fettleber erkennt. 

    Prof. Dr. Andreas Geier leitet am Uniklinikum die Hepatologie, das Teilgebiet der Inneren Medizin, das sich mit Lebererkrankungen beschäftigt.
    Prof. Dr. Andreas Geier leitet am Uniklinikum die Hepatologie, das Teilgebiet der Inneren Medizin, das sich mit Lebererkrankungen beschäftigt. Foto: Daniel Peter

    Eine kranke Leber und Organschaden - darüber müssen sich eigentlich doch nur Menschen Sorgen machen, die zu viel Alkohol trinken, oder?

    Prof. Andreas Geier: Nein, ganz im Gegenteil. Etwa 30 Prozent der Menschen in Deutschland leiden an Übergewicht, das häufig mit einer stoffwechselbedingten Fettlebererkrankung einhergeht. Die meisten Betroffenen sind über 50 Jahre alt, wobei Frauen etwas häufiger als Männer betroffen sind. Aber auch Kinder und Jugendliche können unter einer Fettleber leiden. Studien zeigen, dass die Kombination aus Alkohol, Übergewicht und Fettleber besonders schädlich ist. Daher sollten Patienten mit Fettleber unbedingt auf Alkohol verzichten.

    Wenn so viele Menschen betroffen sind, warum weiß man dann so wenig über die Erkrankung?

    Geier: Lange Zeit haben viele ignoriert, dass Übergewicht auch mit einer Fettleber einhergehen kann. Auch Hausärzte haben oft den Zusammenhang übersehen. Dabei leiden etwa 80 Prozent der Typ-2-Diabetiker an einer Fettleber. Diese Ignoranz herrschte nicht nur bei den Ärzten, sondern auch in der Pharmaindustrie. Bis heute gibt es in Europa kein zugelassenes Medikament für diese Krankheit.

    Wie bemerke ich, dass mit meiner Leber etwas nicht in Ordnung?

    Geier: Die Leber tut nicht weh. Daher merkt man in den frühen Stadien meist nichts. Das Tückische an der Leber ist, dass man erst bei Alarmzeichen etwas bemerkt. Diese beginnen mit einem Leistungsknick und im schlimmsten Fall mit gelben Augen. Wasser im Bauch, ein Leberkoma oder Krampfaderblutungen deuten auf eine Leberzirrhose im fortgeschrittenen Stadium hin. 

    "Die Leber tut nicht weh."

    Prof. Andreas Geier über das versteckte Problem Leberschaden

    Welche Möglichkeiten gibt es, die Leber zu untersuchen?

    Geier: Nur wenige Praxen außerhalb großer Kliniken können mit einem Druckimpuls die Leberhärte messen. Dieser Test ist der zuverlässigste, um festzustellen, ob jemand lediglich eine harmlose Verfettung hat – das betrifft 80 bis 90 Prozent – oder ob eine Vernarbung vorliegt, die bis zur Zirrhose fortschreiten kann. Diese 10 bis 20 Prozent sind Risikokandidaten. In Praxen mit solch einem Gerät ist der Test keine Kassenleistung und muss privat bezahlt werden. In unserer Hochschulambulanz bieten wir ihn ohne Zuzahlung an.

    Können auch schlanke Menschen eine Fettleber entwickeln?

    Geier: Ein kleiner Anteil nicht übergewichtiger Menschen leidet auch an einer Fettleber. Studien zeigen, dass bestimmte Gene dafür verantwortlich sind, warum manche Menschen mehr Fett in der Leber einlagern als andere. 

    Wie wird eine Fettleber behandelt?

    Geier: Hausärzte sollten bei Menschen mit Typ-2-Diabetes oder Übergewicht Ultraschalluntersuchungen durchführen und regelmäßig die Leberwerte im Labor überprüfen. Derzeit besteht die einzige Therapie darin, den Lebensstil zu ändern: Übergewicht abbauen, sich mehr bewegen und auf Alkohol verzichten. 

    Wie sieht die Behandlung von Kindern mit Fettleber aus?

    Geier: Es ist wichtig, Übergewicht bei Kindern früh zu erkennen und zu handeln. Unabhängig vom Alter zielt die Therapie darauf ab, das Gewicht durch einen veränderten Lebensstil zu reduzieren. Stellen Sie die Ernährung um und steigern Sie die körperliche Aktivität. Viele Menschen hören das nicht gerne, da sie ihre Gewohnheiten nur ungern ändern.

    Gewohnheiten zu ändern - das ist schwierig. Bekommen die Erkrankten auch Hilfe?

    Geier: Wir bieten Ernährungsberatung an und vermitteln auch Kochkurse. Unsere Ernährungsberaterinnen analysieren den Lebensstil gründlich. Ein umfangreicher Fragebogen hilft dabei, Ess- und Ernährungsverhalten zu erfassen. Es ist sinnvoll, den Partner oder die Partnerin einzubeziehen, damit die Familie gemeinsam an einem Strang zieht.

    "Stellen Sie die Ernährung um und steigern Sie die körperliche Aktivität."

    Rat von Leberexperte Prof. Andreas Geier

    Wie sieht eine Ernährung aus, die gesund für die Leber ist?

    Geier: Eine gesunde Ernährung entspricht den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Diese rät zu einem seltenen Konsum von Süßigkeiten und rotem Fleisch, während ein hoher Anteil an Ballaststoffen empfohlen wird. Obst und Gemüse sollten regelmäßig auf dem Speiseplan stehen. Nicht geeignet sind schnell verwertbare Kohlenhydrate und minderwertige Fette, wie sie in weißem Brot, Pizza und frittierten Lebensmitteln vorkommen. Auch Intervallfasten fördert den Stoffwechsel und unterstützt die Gewichtsreduktion.

    Bleibt eine Lebererkrankung unbemerkt, kann es zu Leberzirrhose oder Leberkrebs kommen, oder?

    Geier: Leberzirrhose betrifft etwa ein Prozent der Deutschen, rund 800.000 Menschen. Jährlich entwickeln ein bis zwei Prozent von ihnen Leberkrebs. Betroffene sollten sich alle sechs Monate einem Ultraschall unterziehen. Diese Früherkennung verhindert zwar keinen Leberkrebs, ermöglicht aber eine frühzeitige Diagnose und Heilung. Eine fortgeschrittene Leberzirrhose kann schwere Komplikationen verursachen, die eine Lebertransplantation nötig machen oder tödlich enden.

    Kann sich die Leber vollständig regenerieren?

    Geier: Die Antwort ist: Ja, sie kann. Dies hängt jedoch vom Fortschritt des Schadens ab. Grundsätzlich ist eine Vernarbung in der Leber rückbildungsfähig. Durch Gewichtsreduktion um 7 bis 10 Prozent und die Behandlung von Diabetes kann die Vernarbung in der Leber zurückgehen. Leider schaffen es nur etwa 10 bis 20 Prozent der Menschen, die an solchen Programmen teilnehmen, diese Gewichtsreduktion langfristig zu halten. Der Jo-Jo-Effekt führt dazu, dass 80 bis 90 Prozent der Betroffenen langfristig Medikamente benötigen werden. Diese werden hoffentlich in diesem Jahr erstmals auch in Deutschland verfügbar sein.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden