Ich höre einfach gern Rock“, sagt Andreas Kemmer und schaut etwas ratlos. Die Frage, was ihn und das Organisationsteam antreibt, jedes Jahr aufs Neue „Rock am Wald“ bei Bütthard auf die Beine zu stellen, scheint sich für den 36-Jährigen nicht zu stellen.
Das Open-Air, das einst als „kleine Bütthard-Party“ ins Leben gerufen wurde, hat sich unter Rock-Fans in der Umgebung längst etabliert und feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen. In ihrer bisherigen Form wird die Veranstaltung heuer wohl zum letzten Mal stattfinden: Drei Initiatoren der ersten Stunde wollen sich nach dem kommenden Wochenende aus dem achtköpfigen Organisationsteam zurückziehen.
„20 Jahre 'Rock am Wald' reicht, jetzt soll die jüngere Generation ran“, sagt Kemmer. 1997 kam die Idee zu „Rock am Wald“ auf; Kemmer war damals gerade mal 16 Jahre alt und Bassist bei „Fämbes“. Die Cover-Rock-Band wollte vor Publikum spielen, doch die Möglichkeiten waren begrenzt. Auf der Suche nach einem geeigneten Platz für ein Konzert stieß man auf einen am Waldrand zwischen Bütthard und Oesfeld gelegenen Grillplatz. Mit einfachen Mitteln funktionierten die Band und Mitglieder der damaligen Büttharder Jugendgruppe „Bauwagen-Crew“ den Platz in ein Festivalgelände um: Die erste Bühne bestand aus zwei Gummiwägen und einem Baugerüst, als Dach diente eine Plane, davor wurde eine improvisierte Bar aufgebaut. „Unsere Eltern mussten uns helfen, die Sachen in den Wald rauszufahren“, sagt Kemmer und lacht.
„Woodstock-ähnliche Zustände“
Anfangs sei das Ganze „einfach nur Gaudi“ gewesen, mit bis zu 300 Gästen, darunter auch einige aus dem südlichen Landkreis. „Die Veranstaltung wurde sehr gut angenommen“, erzählt Kemmer. Und so führten die Jugendlichen das Festival fort. In den ersten drei Jahren traten ausschließlich kleine Cover-Bands bei „Rock am Wald“ auf; 1999 gab es einige Änderungen: Die Veranstaltung wurde von einem auf zwei Abende ausgedehnt; außerdem trat erstmals eine Band mit eigener Musik auf.
Im Jahr 2000 machte das Wetter dem Festival einen Strich durch die Rechnung: Mit „Woodstock-ähnlichen Zuständen“ beschreibt Kemmer den Zustand des Geländes nach heftigen Regenschauern. Doch auch wenn man dem Top Act am Samstagabend absagen musste – gefeiert wurde trotzdem, mit einer kleinen, auf die Schnelle organisierten Band. „Zu Rock gehört Regen doch einfach dazu!“, grinst Kemmer.
Regen war es auch, der das Festival ein Jahr später ganz ausfallen ließ, und 2005 für eine bleibende Erinnerung bei den Organisatoren sorgte: „Ein schwerer Wolkenbruch am Freitagabend hatte das Gelände so aufgeweicht, dass die Band beim Versuch abzureisen, mit ihrem Sattelauflieger mitten im Acker stecken blieb“, so Kemmer. „Wir haben zwei Bulldogs davor gespannt, um ihn rauszuziehen, aber es hat nicht geklappt“.
Abgesehen von Wetter-Kapriolen stellen vor allem die Sicherheitsanforderungen das „Rock-am-Wald“-Team immer wieder vor Herausforderungen. Insbesondere seit dem Loveparade-Unglück in Duisburg 2010 waren die Kontrollen zur Einhaltung der Vorschriften verstärkt worden. „Wir müssen dieselben Auflagen wie bei einer Großveranstaltung erfüllen“, sagt Kemmer. Dazu zählen zum Beispiel der 300 Meter lange Bauzaun, der das Gelände eingrenzt und Zugangskontrollen erleichtert, unterschiedliche Bändchen für Minder- und Volljährige sowie bis zu zehn Ordner, die auf dem Gelände für Sicherheit sorgen sollen.
Polizei lobt „vorbildliche Veranstaltung“
Wirkliche Probleme mit der Sicherheit gab es laut Kemmer nie – abgesehen von gelegentlichen Schlägereien, versuchtem Diebstahl, Leuten, die eigene Getränke aufs Gelände zu schmuggeln versuchen sowie stark alkoholisierten Besuchern, die von der Polizei nach Hause gebracht werden müssen. „In der Regel läuft hier alles friedlich ab, das Festival wird auch von der Bevölkerung gut angenommen “, betont Kemmer. Von der Polizei wurde „Rock am Wald“ 2009 in Sachen Sicherheitskonzept und Jugendschutz offiziell als „vorbildliche Veranstaltung“ gelobt.
Auch die Festival-Ausrüstung wurde im Laufe der Jahre immer professioneller: Die einst provisorische Bar wurde 2008 durch eine neue, selbst gezimmerte, rund 25 Meter breite Bar mit festem Stahldach ersetzt, die seitdem dauerhaft auf dem Gelände steht. Die Bühne wurde immer größer und besser und besteht inzwischen aus einer Fertigbühne mit Zelt, die innerhalb eines Tages auf- oder abgebaut werden kann. „In den Anfangsjahren haben wir Bar und Bühne komplett selbst aufgebaut und dazu 14 Tage gebraucht“, erinnert sich Kemmer kopfschüttelnd.
Seit etwa vier Jahren sind die Besucherzahlen bei „Rock am Wald“ konstant – zwischen 650 und 800 am Freitag, an dem meist härtere Musik zu hören ist – und an die 1200 am Samstagabend, an dem man mit neueren Bands ein breiteres Publikum anlocken will.
Den Höhepunkt erreichte das Festival 2009: Der Auftritt der Beatabendband „King Kong“ zog über 2000 Leute an, laut Kemmer „das Limit für den Platz“. Insgesamt gebe es bei „Rock am Wald“ ein Stammpublikum, das sich kaum ändere, „viele Gäste sind seit Beginn bei jedem Festival dabei.“ Mindestens die Hälfte der Besucher käme aus dem badischen Bereich, „dort mag man einfach Rock“, so Kemmer, die anderen 50 Prozent stammten aus der direkten Umgebung. „Die wenigsten kommen von jenseits der B19.“
Bloß nicht zu discolastig!
Rock pur als Erfolgsrezept – dass einige Bands wie unter anderem King Kong, F.U.C.K. oder Audio Gun mehrere Jahre in Folge nacheinander spielten, scheint die Fans nicht zu stören. Dass bei einem Line-Up, das fast ausschließlich aus Coverbands besteht, das Publikum so manchen Song an einem Abend unter Umständen mehrfach zu hören bekommt, nimmt Kemmer, der als Programmverantwortlicher die Bands nach Bütthard holt, in Kauf: „Besser als zu discolastig!“, so seine persönliche Meinung.
In welche Richtung die Jüngeren im Organisationsteam die Veranstaltung nach dem Weggang von drei Festival-„Gründungsvätern“ im nächsten Jahr weiterentwickeln werden, ist ungewiss. „Die jüngere Generation hat keinen Bezug zu Rockmusik“, sagt Kemmer, und es klingt ein bisschen bedauernd. Seine Prognose: „Es gibt eine Tendenz in Richtung DJs und Partybands wie den 'Würzbuam'.“
Schwingt da schon etwas Wehmut mit? „Natürlich wünscht man sich, dass 'Rock am Wald' weitergeht“, sagt Kemmer. „Wenn 1000 Leute auf dem Platz stehen, und die Nebel- und Lichtmaschinen angehen, macht einen das schon stolz.“ Aber: „Ich würde gern mal wieder vor dem Bierwagen stehen – und nicht darin.“ Dass der Nachwuchs die Veranstaltung auch ohne die Älteren stemmen wird, steht für Kemmer fest: „Unsere Nachfolger sind top und wissen, was ansteht.“
„Rock am Wald“ 2017 Die Jubiläumsauflage von „Rock am Wald“ findet von Freitag, 28. Juli, bis Samstag, 29. Juli, statt; Einlass ist jeweils ab 20 Uhr. Das Festivalgelände befindet sich auf dem ehemaligen Grillplatz am Waldrand zwischen Bütthard und Oesfeld. Am Freitag tritt als Top Act die Rammstein-Cover-Band RCZ mit ihrer Rammstein-Tribute-Show auf, außerdem die Band Audio Gun. Am Samstag ist sind die Bands Richmond und Number Nine zu hören, letztere mit Rock-Klassikern der 80er und 90er Jahre.