Die Wahlbeteiligung sackte gegenüber dem ersten Wahlgang um acht Prozent auf 41 Prozent ab. Es sei nicht gelungen, die eigenen Wähler und das bürgerliche Lager für die Stichwahl zu mobilisieren, erklärte CSU-Kreisvorsitzender Oliver Jörg die Niederlage. „Bitter und schmerzvoll“ sei die Abwahl Beckmanns, sagte eine sichtlich enttäuschte Landtagsabgeordnete Barbara Stamm. „Aber so ist eben Demokratie.“
Ähnlich äußerte sich Verliererin Pia Beckmann. Sie machte insbesondere die schwierige Haushaltslage als Erblast ihrer ersten drei Amtsjahre für das schlechte Abschneiden verantwortlich. Weitere Gründe für die Abwahl müsse man analysieren. Auf mögliche eigene Fehler angesprochen, sagte Beckmann: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen.“ Es war ein schwerer Tag für sie. Nur drei Stadtteile – Heidingsfeld, Heuchelhof und Rottenbauer – konnte die Amtsinhaberin für sich entscheiden. In allen anderen zehn Bezirken lag SPD-Mann Rosenthal vorne. Beckmann holte mit 19 744 Stimmen nicht einmal so viele wie im ersten Wahlgang (20 872). Dagegen steigerte sich Rosenthal von 12 504 auf 21 799 Stimmen.
Sonntag nach 18 Uhr im Ratsaal: Immer betretener werden die Mienen der CSU-Anhänger, als die einlaufenden Ergebnisse den ersten Trend nur noch verfestigen. Um 18.17 Uhr dreht sich das Ergebnis nach Auszählung von 44 der 159 Stimmbezirke erstmals zu Gunsten des SPD-Herausforderers. Jörg Noell, langjähriger CSU-Kreisvorsitzender und politischer Ziehvater von Pia Beckmann ist fassungslos: „Ich könnte heulen.“ Dagegen marschiert um 19.01 Uhr ein strahlender Wahlsieger Georg Rosenthal in den Ratssaal, wo sich zwischenzeitlich rund 300 Menschen versammelt haben. Applaus brandet auf. Lange müssen die Journalisten dagegen auf Beckmann warten. Sie zeigt sich gefasst und gratuliert Rosenthal zum Sieg. Der wiederum bedankt sich für einen fairen Wahlkampf: „Ich glaube, damit haben wir beide etwas für die politische Kultur geleistet.“
Im TV-Interview wirkt Beckmanns Lächeln gequält, Rosenthal gibt sich zufrieden, aber nicht triumphierend. Seine erste Stellungnahme: „Schön.“ Er lächelt entspannt. Rosenthal ist kein Mann der großen Emotionen, auch nach dem überraschenden Wahltriumph nicht. Er spricht vom Auftrag des Wählers, den zu erfüllen er umgehend beginnen wolle. Er ist zufrieden, „dass das, was wir vorgestellt haben, beim Wähler angekommen ist.“ Die Leute hätten den Wechsel gewollt. Für die Arbeit im Stadtrat ist er zuversichtlich, auch wenn die SPD nur zweitstärkste Fraktion ist. „Es gibt keine Mehrheitsfraktion, ich will gemeinsame Interessen bündeln.“
(Selbst-)Kritisches ist aus den Reihen der CSU zu hören. Stadtrat Willi Dürrnagel: „Man muss sechs Jahre mit den Bürgern reden und nicht erst kurz vor der Wahl." Beckmann kündigte an, ihr Stadtratsmandat anzutreten. Damit wären dann drei Alt-Oberbürgermeister im Plenum vertreten. Alt-OB Jürgen Weber konnte sich am Sonntagabend seine Genugtuung nicht verkneifen: „Ich wünsche Frau Beckmann einen Nachfolger, der menschlicher mit seinem Vorgänger bzw. seiner Vorgängerin umgeht, als sie es mit mir gemacht hat.“
Ebenso wie Beckmann ist auch Rosenthal in Eile. Beide wollen das Gedenkkonzert zum 16. März in der Augustinerkirche besuchen. Der frisch gewählte SPD-Oberbürgermeister will danach in die Parteizentrale in die Semmelstraße, um den „Genossen für ihren Einsatz Dankeschön“ zu sagen. Das Konzert sausen zu lassen, kommt für ihn nicht in Frage. „Das ist ganz gut so, da behält man die Bodenhaftung“. Aber „mit einem Glas Wein“ will er den Erfolg am späten Abend schon feiern, mit der Familie sowieso. Neben Gattin Hanna sind auch die Kinder Sophie, Lena und Christoph ins Rathaus gekommen. Was plant Rosenthal am Montagmorgen? „Eigentlich haben wir eine Sitzung in der Akademie Frankenwarte“, sagt der Noch-Direktor. Offenbar war er vom Sieg nicht restlos überzeugt.
Online-Tipp
MAIN-POST-Reporter Wolfgang Jung hat die Spannung des Wahlabends im Live-Ticker geschildert. Nachlesen lohnt sich:
www.mainpost.de/kommunalwahl