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Würzburg/Schweinfurt: Rund 75 Prozent der Abschiebungen aus Unterfranken gescheitert: Was sind die Gründe?

Würzburg/Schweinfurt

Rund 75 Prozent der Abschiebungen aus Unterfranken gescheitert: Was sind die Gründe?

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    Ein Großteil der Abschiebungen wird nicht durchgeführt. Auch in Unterfranken ist die Quote der gescheiterten Rückführungen hoch.
    Ein Großteil der Abschiebungen wird nicht durchgeführt. Auch in Unterfranken ist die Quote der gescheiterten Rückführungen hoch. Foto: Ivana Biscan

    Ein Großteil der Abschiebungen in Deutschland scheitert. Bundesweit konnten im Jahr 2023 laut Bundespolizei 60 Prozent der rund 53.000 geplanten Abschiebungen nicht durchgeführt werden. In der Region fällt die Bilanz noch weit deutlicher aus. Im vergangenen Jahr wurden durch die Zentrale Ausländerbehörde Unterfranken 226 Personen abgeschoben. Bei 725 Personen scheiterte die geplante Abschiebung, teilt die Regierung von Unterfranken auf Anfrage mit. Das ist eine Quote von 76 Prozent.

    Was sind die Gründe? Zuständig für die Durchführung der sogenannten Rückführungen ist die Polizei, insbesondere die Koordinierungsgruppe Asyl bei der Polizeiinspektion Schweinfurt als Zentralstelle für Unterfranken. Dort werden laut Polizeipräsidium Unterfranken die Einsätze geplant. Gemessen an den vorliegenden Zahlen sind es mehrere pro Woche.

    Chef der Polizeigewerkschaft: "Müssen uns an der Nase herumführen lassen"

    Für seine Kolleginnen und Kollegen sei die aktuelle Situation "nicht akzeptabel", sagt Thorsten Grimm, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) in Unterfranken. Das Thema Abschiebungen führe innerhalb der Polizei seit langem "zu großer Frustration, weil wir uns da an der Nase herumführen lassen müssen".

    Laut dem Bayerischen Landesamt für Asyl und Rückführungen werden den Betroffenen nur noch in Einzelfällen ihre anstehende Abschiebung angekündigt - etwa bei Familien mit kleinen Kindern. Früher sei grundsätzlich schriftlich über Ort und Zeitpunkt der geplanten Abschiebung informiert worden, sagt Polizeigewerkschafter Grimm. "Das hat man korrigiert."

    "Sich einer Abschiebung zu entziehen, ist viel zu einfach."

    Polizeigewerkschafter Thorsten Grimm

    Aber, sagt Grimm: "Die Abzuschiebenden wissen, was zu tun ist. Sie reden untereinander und kennen unsere Abläufe." Konkret bedeute das, die Personen könnten sich darauf einstellen, dass die Polizei in einem Zeitraum auftaucht. Sie seien dann eben nicht auffindbar, sagt der Polizeigewerkschafter:  "Sich einer Abschiebung zu entziehen, ist viel zu einfach."

    Personen tauchen unter oder leisten "passiven Widerstand"

    Die Folge lässt sich an Zahlen der Regierung von Unterfranken ablesen. Tatsächlich scheitern in 50 Prozent der Fälle Abschiebungen daran, dass die betreffende Person von der Polizei am Tag der Abschiebung schlicht nicht angetroffen wird. Der zweithäufigste Grund - 13 Prozent der Fälle - ist demnach, dass die Person untergetaucht ist. Neun Prozent der Abschiebungen scheitern auf der Fahrt zum oder am Flughafen, wegen passiven Widerstands.

    Was darunter zu verstehen ist, erfährt man aus Polizeikreisen schnell. Am häufigsten ist die Rede vom Vortäuschen akuter Krankheiten. Grimm berichtet von einem Fall, bei dem "die Person bei einem Toilettengang Seife geschluckt hat, um sich gezielt zu erbrechen". Selbst auf dem Rollfeld oder dann im Flugzeug komme es noch zu Widerstand. Etwa, indem andere Passagiere belästigt werden. Ob eine abzuschiebende Person letztlich mitfliegt, "entscheidet immer der Pilot", sagt der Gewerkschaftschef.

    Wie es nach einer gescheiterten Abschiebung weitergeht

    Was passiert, wenn eine Abschiebung gescheitert ist? Offizielle Stellen geben nur vage Einblicke. Von einer "Prüfung von geeigneten Anschlussmaßnahmen", die "anlassbezogen" und in Abstimmung mit den "beteiligten Stellen" erfolge, spricht etwa die Regierung von Unterfranken.

    "In der Regel bekommen die Betreffenden eine sogenannte Anlaufbescheinigung", berichtet Grimm und bezieht sich dabei auf die Praxiserfahrung von Kollegen. Auf dem Papier stehe, wo sich die Person nun wieder zu melden habe. Dort müssten die Menschen selbstständig hinkommen. "Ob sie dann auch tatsächlich dorthin gehen, ist die zweite Frage."

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