Diese Redaktion möchte Christa Fischer vorstellen: Unter der Überschrift "Sag mal, Oma Christa....?" wird sie zukünftig zu aktuellen und zeitlosen Themen die Erfahrungen aus ihrem bewegten Leben teilen und mit Ratschlägen zur Seite stehen – wie eine echte Oma eben. Diesmal haben wir sie gefragt, was sie über das Gendern denkt:
Zum ersten Mal habe ich die Debatte ums Gendern vor circa zwei Jahren wahrgenommen und damals habe ich mir gedacht: was für ein Blödsinn! Warum verkompliziert man die deutsche Sprache so? Im Laufe der Zeit habe ich mich aber mehr damit auseinandergesetzt und auch mit meinen Töchtern und Personen gesprochen, die es direkt betrifft. Durch die Gespräche wurde mir dann klar: Es ist notwendig.

Für alle, die sich durch die bisherige Wortwahl ausgeschlossen und diskriminiert gefühlt haben, ist der Schritt wirklich wichtig. Mir wurde dadurch auch nochmal klar: Man muss den Menschen auch mal zuhören und mit ihnen sprechen. Ja, mich irritiert es auch im ersten Moment immer noch, wenn Menschen beim Sprechen konsequent dieses kleine Päuschen zwischen "Autofahrer -innen" lassen. Ich selbst finde es aber gut, wenn junge Menschen sich das angewöhnen oder versuchen inklusiv zu sprechen. Solange es kein Zwang ist und man akzeptiert, dass es schwierig ist sich einen neuen Sprachgebrauch anzutrainieren.
Und deshalb glaube ich auch, dass ich mir das nicht mehr angewöhnen werde. Dazu bin ich einfach zu alt. Da sage ich lieber Ärztinnen und Ärzte, statt diese Pause dazwischen. Das mache ich aber nicht, um jemanden auszugrenzen oder zu kränken und bisher hat es mir auch noch niemand übel genommen.
Für mich habe ich die Lösung gefunden, dass ich auch unterscheide, mit wem ich mich unterhalte. Gehe ich mit meinen Freundinnen auf das Weindorf, dann gendern wir beim Unterhalten nicht. Wäre aber eine Person anwesend, die sich weder der weiblichen noch der männlichen Geschlechterrolle zuordnet, dann hätte ich versucht meine Sprache anzupassen. Für mich macht es einen Unterschied, denn ich möchte ja niemanden ausschließen.

Die aktuelle Gender-Debatte erinnert mich an früher, als ich mich über die Bezeichnung "Fräulein" geärgert habe. Das war damals ein gängiger Begriff für Frauen, die nicht verheiratet waren und die Verniedlichung hat natürlich suggeriert, dass man erst als vollwertige Frau wahrgenommen wird, wenn man verheiratet ist. "Herrlein" gab es hingegen nicht. Da haben viele gefordert, dass das abgeschafft wird. Die Bezeichnung "Fräulein" war sogar bei Behörden gängig, also nicht nur im alltäglichen Sprachgebrauch. Aber das hat sich Schritt für Schritt geändert.

Heute würde das niemand mehr benutzen. Ich denke, mit dem Gendern wird das ähnlich verlaufen. Auch wenn natürlich heute der mediale Aufschrei und damit die gesellschaftliche Debatte darüber viel größer ist, kann man das schon sehr gut vergleichen. Das Gendern braucht, denke ich, einfach auch Zeit.
Aber all die Diskussionen darüber bringen nichts, wenn sich nicht auch etwas in den Köpfen ändert, denn darum geht es ja schließlich. Ich bin mir aber auch sicher, dass wir da als Gesellschaft gemeinsam reinwachsen. Kinder lernen das auch super schnell, für sie wird das in ein paar Jahren kein Problem mehr sein.

Das ist Christa Fischer:Die 75-jährige Höchbergerin kommt ursprünglich aus Bielefeld (Nordrhein-Westfalen), ist stolze Mama und Oma von drei Kindern und fünf Enkelkindern. Sie selbst beschreibt sich als "humorvolle, agile, ältere Dame", steht heute noch regelmäßig auf der Bühne des Würzburger Theater-Ensembles und arbeitet ehrenamtlich im Weltladen. Ihre Erwachsenenjahre verbrachte sie zum größten Teil in verschiedenen afrikanischen Ländern, wie Ghana, Kamerun, Mali oder Tansania, wo sie als Krankenschwester arbeitete.Heute lebt sie mit ihrer Tochter und deren Kindern zusammen unter einem Dach, wo immer wieder verschiedene Meinungen, Ansichten und auch Generationen zusammentreffen und rege Diskussionen entstehen. "Wir sind eine sehr bunte Familie, in der jeder seine eigene Meinung haben darf, solange diese niemand anderen verletzt", fasst Christa Fischer zusammen.Quelle: Christa Fischer
Die Seniorenvertretung, die Stadt Würzburg und die Stadtgesellschaft haben das Jahr 2023 unter das Motto "Generationen im Dialog – Wir alle werden älter" gestellt. Dazu finden das gesamte Jahr über verschiedene Angebote und Veranstaltungen für Jung und Alt statt. Weitere Informationen dazu gibt es auf der Website der Seniorenvertretung.