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Würzburg/Bamberg: Samstagsbrief: Viel Glück im Kampf gegen das Aus von Brose in Würzburg, Norbert Zirnsak

Würzburg/Bamberg

Samstagsbrief: Viel Glück im Kampf gegen das Aus von Brose in Würzburg, Norbert Zirnsak

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    Will zusammen mit dem Betriebsrat den Brose-Standort Würzburg retten: Norbert Zirnsak, Erster Bevollmächtigter der IG Metall. Das Bild zeigt ihn am Rande einer Betriebsversammlung bei Brose am Donnerstag.
    Will zusammen mit dem Betriebsrat den Brose-Standort Würzburg retten: Norbert Zirnsak, Erster Bevollmächtigter der IG Metall. Das Bild zeigt ihn am Rande einer Betriebsversammlung bei Brose am Donnerstag. Foto: Daniel Peter

    Sehr geehrter Norbert Zirnsak,

    in diesen Tagen möchte ich nicht in Ihrer Haut stecken. Denn im Dauergrummeln all der Nachrichten um Stellenkürzungen großer Firmen kommt die drohende Schließung des Brose-Standortes in Würzburg wie ein Donnerschlag daher.

    Sie als Erster Bevollmächtigter der IG Metall und der Brose-Betriebsrat haben angekündigt, sich mit Händen und Füßen gegen das Aus zu wehren. Sie haben meinen Respekt, denn Ihr Ansinnen wird mit Sicherheit kein leichtes werden. Aus mehreren Gründen. Deshalb schreibe ich Ihnen.

    Etwa 1400 Arbeitsplätze stehen in Würzburg auf der Kippe. Das sind 1400 Menschen, also 1400 Schicksale. Wenn man jeweils die Familien und Freunde der Betroffenen dazurechnet, geht es gut und gerne um 4000 Menschen.

    Das sind so viele, wie der Würzburger Stadtteil Rottenbauer Einwohner hat. Man stelle sich das vor: Ein ganzer Stadtteil ist auf einen Schlag voller Arbeitsloser. Zugegeben, das sind Zahlenspiele, und das übersieht die Möglichkeit, dass nach dem Aus manche Würzburger Beschäftigte in einer anderen Brose-Niederlassung oder sonst wo einen neuen Job finden.

    Die Beschäftigten dürften eher stumpfe Waffen haben

    So oder so, es geht um ein menschliches Drama von lange nicht erlebtem Ausmaß in der mainfränkischen Wirtschaft. Es fallen nicht nur Jobs dem Rotstift zum Opfer, sondern gleich ein ganzer Betrieb. Das mit aller Kraft abzuwenden, werden Sie als Ihre vorrangige Aufgabe ansehen, Herr Zirnsak. Davon gehe ich aus.

    Allerdings werden Sie meines Erachtens stumpfe Waffen haben. Leider, wird man aus Sicht der Brose-Belegschaft in Würzburg sagen müssen. Denn bei den anstehenden Verhandlungen liegt Ihr erstes Manko schon in Ihrem ranghöchsten Widersacher: Brose-Übervater Michael Stoschek. Der allmächtige Konzernlenker gilt als unberechenbar und ist nicht bekannt dafür, dass er viel auf die Belange von Gewerkschaften gibt.

    Zwar werden im Verwaltungsrat derzeit noch die wirtschaftlichen Zahlen der drei fränkischen Brose-Standorte ermittelt. Doch Stoscheks Pressestelle hat Mitte der Woche bereits durchblicken lassen, dass Würzburg im Vergleich mit Coburg und Bamberg/Hallstadt die schlechtesten Karten hat. Da wird man bei Stoschek nicht auf ein weiches Herz hoffen können.

    Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firma Brose versammeln sich am Donnerstag (13.02.25) im Bereich der Ostpforte zu einer Betriebsversammlung. Anlass ist die angekündigte Schließung des Standorts Würzburgs, von der etwa 1400 Beschäftigte betroffen sind.
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    Dann wäre da noch ein neues Brose-Gebäude in einem Gewerbegebiet im Nordosten von Bamberg. Wie aus sicherer Quelle zu erfahren war, steht das 60 Millionen Euro teure Haus leer und könnte locker mehrere hundert Beschäftigte aus Würzburg aufnehmen. Die Brose-Leitung hat bereits klargemacht, dass man generell ein Umzugsangebot unterbreiten will.

    Es geht voraussichtlich an mehrere hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Würzburg in der Verwaltung arbeiten. Die 700 Beschäftigten in der Produktion schauen indes in die Röhre. Umzugspläne für sie sind nicht bekannt. Hinzu kommt, dass im Werk das Durchschnittsalter bei 53 Jahren liegt, wie zu erfahren war. Mit 53 zieht man für gewöhnlich nicht mehr so leicht um wie mit 23.

    "Stoschek will das leerstehende Gebäude in Bamberg unbedingt vollbekommen", ist unter Brosianern im Moment deutlich zu hören. Deshalb opfere er Würzburg. Und das, obwohl dieser Standort wirtschaftlich gar nicht so schlecht abschneide, wie es die Brose-Leitung immer darstelle.

    Davon abgesehen: Brose wird für sich in Anspruch nehmen, mit dem Bamberg-Angebot an Teile der Würzburger Belegschaft immerhin etwas anzubieten. Ob man das Angebot gut finden muss, sei dahingestellt. Sicher ist, dass Sie, Herr Zirnsak, nicht das Argument werden bringen können, Brose gehe in die Verhandlungen mit leeren Händen.

    Vielleicht könnte für Sie im Kampf gegen das Brose-Aus ein Trumpf werden, dass Würzburg für Herrn Stoschek vergleichsweise günstig ist. Denn der Standort hat seit 20 Jahren einen ständig aktualisierten Ergänzungstarifvertrag, der die Beschäftigten im Schnitt zwar 150 Euro pro Monat mehr verdienen lässt, wie man hört. Andererseits muss das Personal auf Teile des Weihnachts- und Urlaubsgelds verzichten sowie eine halbe Stunde pro Tag unentgeltlich mehr arbeiten. So jedenfalls war es aus eingeweihten Kreisen zu erfahren. Brose spare sich so bis zu 18 Millionen Euro im Jahr.

    Brose in Würzburg: Vielleicht klappt ein Kompromiss

    Wie wäre es denn mit einem Kompromiss: Die Verwaltung zieht nach Bamberg, aber die Produktion bleibt in Würzburg? Das würde immerhin jene 700 Stellen retten. Brose müsste sich dann für die leer gewordenen Räume Untermieter suchen. Zugegeben, Stoschek wird sich auf einen solchen Handel kaum einlassen.

    Aber versuchen Sie es, Herr Zirnsak. Versuchen Sie alles Mögliche. 1400 Schicksale in Würzburg machen das zu Ihrer Pflicht. Viel Glück.

    Mit hoffnungsvollen Grüßen,

    Jürgen Haug-Peichl, Redakteur

    Persönliche Post: der Samstagsbrief Jedes Wochenende können Sie unseren "Samstagsbrief" lesen. Es ist offener Brief, den eine Redakteurin oder ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur. Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir von der Adressatin oder dem Adressaten Post zurück. Die Antwort finden Sie dann bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet sie auch Anlass für weitere Berichterstattung. MP

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