Paukenschlag in der Finanzaffäre im Bistum Würzburg: Albrecht Siedler, der Finanzdirektor der Diözese Würzburg, ist am Freitag mit sofortiger Wirkung von seinen kirchlichen Ämtern zurückgetreten. Er möchte damit nach eigenen Worten auch Schaden vom Amt des Finanzdirektors und von der Diözese Würzburg abwenden, heißt es in einer Erklärung der Diözese. Bischof Franz Jung hat die Amtsniederlegung angenommen.
Damit erreichen die Erschütterungen in der Finanzwelt des Bistums einen neuen Höhepunkt. Wie die Main-Post zuvor exklusiv berichtet hatte, war Siedler im Juni wegen der „Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt“ verurteilt worden. Dies hatte die Staatsanwaltschaft Würzburg gegenüber dieser Redaktion bestätigt. Die Höhe des Strafbefehls lag deutlich über 90 Tagessätze, die Geldstrafe im mittleren fünfstelligen Bereich. Damit ist Siedler vorbestraft.
107 000 Euro nachgezahlt
Der Strafbefehl, so das Bistum in einer Stellungnahme am Freitag, erging im Zusammenhang mit nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträgen für Studierende, die gleichzeitig in der Seelsorge eingesetzt waren. „Bei dem vom Strafbefehl erfassten Sachverhalt handelt es sich um ein erstmaliges Fehlverhalten eines langjährigen, ansonsten sehr verdienten Mitarbeiters in verantwortungsvoller und schwieriger Stellung“, so Bistumssprecher Bernhard Schweßinger. „Die festgestellten nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von rund 107 000 Euro wurden unverzüglich nachgezahlt, zuzüglich der sonstigen Nebenkosten.“
Der Strafbefehl Siedlers steht nicht im Zusammenhang mit den Geschehnissen rund um die kirchliche SBW Bauträger- und Verwaltungs-GmbH. Bei der war jüngst erst der Geschäftsführer wegen des Verdachts der Untreue von seinem Posten enthoben worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Auch der SBW-Aufsichtsrat, bei dem Siedler Vorsitzender war, war von Generalvikar Thomas Keßler aufgelöst worden.
Die Hintergründe der Affäre sind noch weitgehend im Dunkeln. Die SBW-Entscheidungen hatte das Bistum damit erklärt, „Verflechtungen“ auflösen zu wollen, da sie nicht „heutigen Vorstellungen von Compliance und Kontrolle“ genügen würden. Interessenskollisionen sollen vermieden werden.
Verkauf des Erbachshofs im Visier
Nach Informationen dieser Redaktion ist einer der Auslöser für das Großreinemachen im Bistum der Verkauf des „Erbachshof“ in Eisingen (Lkr. Würzburg), der im Besitz der kirchlichen SBW Bauträger- und Verwaltungs-GmbH war. Hier soll der Verdacht der Untreue im Raum stehen. Nachdem beschlossen war, dass die SBW sich von dem Anwesen trennt, soll es mehrere Interessenten gegeben haben. Den Zuschlag bekam ein Künstler-Ehepaar. Die beiden kauften nicht das gesamte Areal, sondern ein Filetstück: Das schlossähnliche Wohnhaus und den 1,3 Hektar großen Park. Der notarielle Kaufvertrag wurde im Herbst 2016 geschlossen.
Nach den damals gültigen Statuten der SBW soll es dem Geschäftsführer des Unternehmens nicht erlaubt gewesen sein, Grundstücke zu kaufen oder zu verkaufen, ohne dass der SBW-Aufsichtsrat diese Geschäfte abgesegnet hatte. Ob das Gremium eventuell seine Pflicht verletzt hat, ist auch Gegenstand der staatsanwaltlichen Ermittlungen. Die Höhe des Kaufpreises soll mehr als eine Million Euro betragen haben.
Bürgermeister legt Aufsichtsratsposten nieder
Auch der Würzburger Bürgermeister Adolf Bauer hatte dem aufgelösten SBW-Aufsichtsrat angehört. Wie jetzt bekannt wurde, ist der frühere bischöfliche Finanzdirektor und Vorgänger Siedlers auch in weiteren Wirtschaftsgremien der Diözese nicht mehr vertreten – diesmal jedoch aus eigenem Entschluss.
Am 3. Juli und damit genau eine Woche nach Auflösung des SBW-Aufsichtsrates ist Bauer als Aufsichtsratsvorsitzender der Vinzenz Schreinerei und Buchbinderei GmbH zurückgetreten. Am selben Tag legte er auch sein Amt als Mitglied des Anlageausschusses der Bischöflichen Finanzkammer nieder, der bei der Auswahl der zu kaufenden und verkaufenden Vermögenswerte berät. Das bestätigten Domkapitular Clemens Bieber für den Caritasverband sowie Bistums-Pressesprecher Bernhard Schweßinger.
Adolf Bauer reagiert verärgert
Zwar will Bauer Aufsichtsratsvorsitzender des kirchlichen St.-Bruno-Werks bleiben, im Gespräch mit dieser Redaktion war der Bürgermeister jedoch hörbar verärgert: „Wenn man erfährt, dass der Aufsichtsrat aufgelöst ist, dass die Satzung geändert wird, dann muss man sagen: Vielleicht wird man auch nicht gebraucht“, so der 73-Jährige, der „keine Schuldgefühle“ habe. „Ich habe Arbeit genug, wer meint, er braucht mich nicht, auf den kann ich verzichten.“ Er habe über viele Jahre hinweg viel mit aufgebaut. „Wenn ich das Gefühl habe, dass das nicht mit Wohlwollen gesehen wird, dann brauche ich auch keine Posten“, so Bauer. „Es ist gar nichts vorgefallen. Entweder man hat Wertschätzung oder man hat keine. Für mich ist das eine Stilfrage.“
Zusammen mit zwei weiteren ehemaligen SBW-Aufsichtsräten hatte sich Bauer in einem Brandbrief an Bischof Franz Jung gewandt und um ein Gespräch gebeten. Jung sagte auf Anfrage dieser Redaktion, dass er zunächst das Ergebnis der staatsanwaltlichen Untersuchung abwarten wolle.