Seine Kunstwerke stehen in Stadt und Landkreis Würzburg teils an so prominenten Orten, dass sein Name nicht in Vergessenheit geraten sollte: Vor wenigen Tagen nun ist der Bildhauer Ernst Singer im Alter von 81 Jahren gestorben, am Dienstag wurde er auf dem Waldfriedhof beigesetzt.
Für Würzburg-Kenner Willi Dürrnagel zählt er zu den „angesehensten und sympathischsten Künstlern Unterfrankens“. Ein Beleg dafür war die große Trauergemeinde, die Singers letzten Weg begleitete.
Die vielleicht größte Beachtung fand der aus dem Ochsenfurter Ortsteil Hohestadt stammende Bildhauer mit zwei Kopien: 1975 hatte er Tilman Riemenschneiders berühmte Adam- und Eva-Figuren für das Marktportal der Marienkapelle neu geformt. Aber auch sonst begegnet man den Werken Singers in Würzburg auf Schritt und Tritt: Etliche Figuren, teils verborgen in Häusern und Höfen, stammen aus seiner Werkstatt. Als Geschenk an die Kirche hat er einen großen Bronze-Christus am Kreuz für die Würzburger Dom-Sepultur geschaffen, ebenso ein Kreuz für die Krypta. Die Immakulata am Eingang zum Bürgerspital, die Dreier-Gruppe im Hochchor des Doms, der Altar in St. Josef (Grombühl) oder der restaurierte Bäckerbrunnen in der Semmelstraße – Ernst Singer hat seine künstlerischen Spuren in Würzburg hinterlassen.
Für seine Heimatkirche in Hohestadt schuf er den Volksaltar, den Ambo und den Taufstein.
Bei der Beisetzung am Waldfriedhof erinnerte Pfarrer Klaus Oehrlein aus Ochsenfurt – er kannte den Verstorbenen seit vielen Jahren – an ein bewegtes Leben. Die Kunst war Ernst Singer keinesfalls in die Wiege gelegt. Aufgewachsen als Kind in einer Bauernfamilie sollte er als Erstgeborener eigentlich nach alter Tradition den elterlichen Hof übernehmen. Doch der junge Ernst wurde nicht recht warm mit der Landwirtschaft, Hände und Geist wollten lieber künstlerisch formen und gestalten.
Seine Mutter erfüllte dem Jugendlichen schließlich einen Traum und fuhr mit ihm im Herbst 1949 nach Würzburg: Hier begann er seine Ausbildung in der Kunst- und Handwerkerschule, im Anschluss absolvierte Singer eine Lehre bei Bildhauer Adolf Friedrich. Nach seiner Gesellenprüfung 1954 konzentrierte er sich auf Arbeiten der Restaurierung und des Kopierens in Würzburg – es war die Zeit des Wiederaufbaus in der kriegszerstörten Stadt.
Im Frühjahr 1957 begann Ernst Singer für zehn Semester ein Studium an der Kunstakademie in Nürnberg, 1962 ließ er sich in Würzburg als frei schaffender Künstler nieder. Bis etwa zur Jahrtausendwende war er hier künstlerisch tätig – mit Werken in Stein und Holz, später verstärkt auch in Bronze.
Wie Pfarrer Oehrlein berichtet, reichte Singers Wirkungskreis ins ganze fränkische Land in einem Dreieck zwischen Bischofsheim, Bamberg und Walldürn. Aber selbst im fernen Japan stehe eine Plastik, an deren Schaffung Ernst Singer beteiligt war.
Über 20 Jahre lebte Ernst Singer im Pfarrhaus St. Peter in Würzburg, 2012 zog er ins AWO-Seniorenwohnheim nach Heidingsfeld. Bescheidenheit, Zurückhaltung, Gutmütigkeit – das sind Charakterzüge, die sowohl Dürrnagel wie Oehrlein an dem Verstorbenen schätzten. Freundlich und hilfsbereit sei er mit Familie und Freunden umgegangen. Er hatte sich als Bildhauer längst einen Namen gemacht, als er auf dem heimatlichen Friedhof immer noch Grabstein-Inschriften klopfte. Oehrlein: „Dafür war er sich nicht zu schade.“ Namens der Kirchenstiftung dankte er Singer, dass er über Jahre das Restgehalt für die drei Kunstwerke in seiner Hohestadter Heimatpfarrei zunächst gestundet und dann erlassen hat.
Seine Frau Irmtraud, die er 1960 geheiratet hatte, verlor er 1989 im Alter von nur 54 Jahren. Kennengelernt hatten sich die beiden in jungen Jahren bei der Kolpingfamilie Ochsenfurt. Ein großes Hobby war für Ernst Singer von Jugend an die Jagd, sein Vater hatte das Interesse dafür geweckt. Und so erwiesen auf dem Waldfriedhof auch frühere Jagdkollegen aus Birkenfeld und Hohestadt mit ihren Jagdhörnern dem Verstorbenen die letzte Ehre.