Atemtechniken könnte sich Sabine auch autodidaktisch beibringen. Doch in der Gruppe macht das viel mehr Spaß. Die 15-jährige ist deshalb froh, dass sie sich dafür entschieden hat, im Ambulanten Schulungszentrum Würzburg an einer Asthma-Schulung teilzunehmen. Hier lernte sie erstmals Gleichaltrige kennen, die ähnliche Probleme wie sie haben. Für Sabine zum Beispiel ist es schlimm, wenn auf Partys geraucht wird. Das hält sie kaum aus. Gleichzeitig will sie sich nicht outen. Wie andere damit wohl umgehen?
Die Krankheit „Asthma“ bezeichnen viele Jugendliche als etwas ganz Furchtbares, weiß der Würzburger Kinder- und Jugendarzt Dr. Wolfgang Brosi, der zum 30-köpfigen Team des Schulungszentrums gehört. „Kann man daran sterben?“, fragen sich Jugendliche, die schon einmal einen schweren Erstickungsanfall gehabt haben.
Seelische Auswirkungen
Bei den Schulungen in dem 1997 gegründeten Zentrum, das seit Herbst 2011 in neuen Räumen der ehemaligen Mönchberg-Kinderklinik untergebracht ist, erfahren sie alles, was sie über ihre Krankheit wissen möchten. Wie sie entsteht. Welche seelischen Auswirkungen sie hat. Was man tun kann, wenn es zum Anfall kommt. Und wie Anfälle vermieden werden können.
Sich in eine chronische Krankheit dreinzufinden ist für betroffene Kinder und Jugendliche, aber auch für ihre Angehörigen schwer. Im Ambulanten Schulungszentrum erhalten Familien mit asthmatischen, adipösen und hyperkinetischen Kindern vielfältige Hilfe. Auch über die Krankheit Neurodermitis wird so aufgeklärt, dass eine bessere Alltagsbewältigung möglich wird. „Über 400 Kinder und Jugendliche kommen jedes Jahr zu uns“, berichtet der Kinder- und Jugendarzt Dr. Roland Schleupner. Die ganz Kleinen sind erst ein Jahr alt. Die ältesten Jugendlichen gerade volljährig geworden. Geschult wird, je nach Krankheit, einige Wochen lang oder, wie bei Adipositas, ein ganzes Jahr.
Chronisch Kranke finden leicht Entschuldigungen, warum sie das, was der Arzt ihnen rät, nicht tun. „Es ist ja auch nicht leicht, jeden Tag Medikamente zu schlucken“, weiß Schulungsmanagerin Doris Götz. Spielerisch motiviert das Team des Zentrums schon die ganz Kleinen, die notwendigen Therapien einzuhalten. Bei asthmakranken Kindern geschieht dies mit Hilfe eines Stofftunnels. Der stellt die Bronchien dar. Ausgekleidet wird er mit Matten, die Schleimhäute symbolisieren. Gelbe Kissen im Tunnel stehen für den unangenehmen Schleim, der sich in den Bronchien sammelt. Mit Boxhandschuhen als Repräsentanten des Medikaments boxen sich die Kinder den Weg durch den Tunnel frei.
Umfassende Aufklärung über eine chronische Krankheit, Kontakt mit ebenfalls Betroffenen, Wissen über Funktion und Nebenwirkungen von Arzneien sowie Entspannungstechniken, all das schafft am Ende mehr Freiräume für Familie, Freizeit, Schule und Beruf. Was im Schulungszentrum gelernt wird, hilft jedoch nicht nur den Patienten.
Auch Eltern profitieren
Auch die Eltern profitieren laut Brosi immens: „Denn viele haben Schuldgefühle. Sie glauben, dass sie etwas falsch gemacht haben.“ Vor allem Väter und Mütter mit stark übergewichtigen Kindern hätten oft ein schlechtes Gewissen: „Sie denken, sie hätten als Eltern versagt.“ Diese Ängste werden ihnen in den Beratungsgesprächen genommen.
Dass chronisch kranke Kinder, Jugendliche und ihre Eltern durch die Patientenschulung mehr Lebensqualität gewinnen, erfahren Schulungsmanagerin Doris Götz, Wolfgang Brosi und Roland Schleupner immer wieder. Dennoch werden die Schulungen oft nicht von den Krankenkassen bezahlt. Götz: „Vor allem bei asthmakranken Kindern, die jünger als fünf Jahre sind, ist die Kostenübernahme jeweils eine Einzelfallentscheidung. Und wir haben große Angst, ganz hinten runter zu fallen.“
Auch die Kosten für die einjährige Adipositas-Schulung sowie für den Neurodermitis-Kurs und das ADHS-Elterntraining werden nicht prinzipiell übernommen. Brosi: „Obwohl die Kurse letztlich Kosten sparen.“
Info: www.schulung-wuerzburg.de