Kaum ein Thema wird in Würzburg so kontrovers diskutiert wie der Radverkehr. Während die einen sich über fehlende Radwege ärgern, regen sich andere über rücksichtslose Radfahrende auf. "Sind Würzburger Radfahrende wirklich Rüpel?", fragte diese Redaktion kürzlich in einem Beitrag, der auf Basis der Unfallstatistik nahelegte, dass dem womöglich nicht so ist. Dies will die Würzburger Seniorenvertretung so nicht stehen lassen. Sie erhebt Vorwürfe und stellt klare Forderungen.

"Sicherlich sind nicht alle Rüpel, aber sie sind besonders in Würzburgs Fußgängerzonen häufig rücksichtslos", schreibt Erika Rose, Mitglied des Seniorenbeirats, in einem Leserbrief an diese Redaktion. Besonders die Bereiche Oberer und Unterer Markt sowie die Eichhornstraße seien Problemstellen. Im Gespräch sagt sie: "Hier muss man als Fußgänger ständig ausweichen und wird dann auch noch angepöbelt. Ich wünsche mir, dass Radfahrer in Fußgängerzonen absteigen müssen."
"Wir fordern ein absolutes Radverbot in den Fußgängerzonen!"
Renate Fiedler, Vorsitzende der Würzburger Seniorenvertretung
Auch Renate Fiedler, Vorsitzende der Seniorenvertretung, teilt diese Meinung: Sie sagt: "Wir fordern ein absolutes Radverbot in den Fußgängerzonen." Ärgerlich sei nicht nur fehlende Rücksichtnahme bei der Durchquerung, sondern auch die Fahrräder, die überall willkürlich abgestellt würden. Kürzlich habe sie beobachtet, dass eine Person mit Rollator an der Dominikanergasse wegen eines abgestellten Fahrrads nicht aus der Straßenbahn gekommen sei. Dieses Problem betreffe auch Rollstuhlfahrende und Familien mit Kinderwagen.
VCD Würzburg: Verbote sind keine Lösung
Lore Koerber-Becker, Vorsitzende des ökologischen Verkehrsclub (VCD) in Würzburg und überzeugte Radfahrerin, hat Verständnis für die Sorgen, gibt jedoch zu bedenken: "Die meisten Radfahrer sind rücksichtsvoll, in Erinnerung bleiben jedoch nur die, die sich schlecht verhalten." Ihr sei bewusst, dass manche Radfahrende rüpelhaft durch die Fußgängerzonen brettern würden. Auch sie habe schon erlebt, dass eine Rollstuhlfahrerin wegen eines Fahrrads nicht aus der Straßenbahn gekommen sei. Ein Verbot sei jedoch nicht die Lösung:
"Wir brauchen mehr Aufklärung, ein Radverbot in Fußgängerzonen wäre jedoch eine massive Verschlechterung für den Würzburger Radverkehr." Radfahrende würden dadurch zu Umwegen auf für sie schlecht ausgebauten Straßen gezwungen. Aufklärungskampagnen hingegen könnten das Bewusstsein für die Bedürfnisse anderer Verkehrsteilnehmender stärken.

Die Stadt Würzburg ist sich der Relevanz des Themas bewusst, teilt jedoch nicht die Sicht der Seniorenvertretung: Die "Sperrung von Teilen der Fußgängerzone für den Radverkehr war vor Kurzem in der Radverkehrsbeiratssitzung thematisiert worden und wird dort nicht befürwortet", heißt es auf Anfrage der Redaktion. Verbote würden ignoriert und hätten keine positiven Auswirkungen auf das Unfallgeschehen, hätte etwa ein mehrjähriger Test in der Schönbornstraße ergeben.
Stadt Würzburg: Fußgängerzonen kein Unfallschwerpunkt
Im Jahr 2020 seien in Würzburger Fußgängerzonen zudem nur zwei Unfälle zwischen Radfahrenden und Fußgängerinnen und Fußgängern registriert worden. "Obwohl sicherlich von einer Dunkelziffer an nicht gemeldeten Unfällen auszugehen ist, kann bei der Fußgängerzone in Würzburg nicht von einem Unfallhäufungspunkt ausgegangen werden", so die Stadt weiter.
Die Möglichkeit, mit dem Fahrrad in der Fußgängerzone bis ans Ziel fahren zu können, sei ein wesentliches Merkmal zur Förderung des Radverkehrs. Für ein reibungsloses Miteinander seien konsequente Kontrollen des Verkehrsverhaltens zielführend. Kontrollen erachtet auch VCD-Frau Koerber-Becker als hilfreich. "Außerdem müsste man ins Gespräch kommen. Nur so können die verschiedenen Verbände und Interessensgruppen zu einem Konsens kommen."