Ein schneller Rückzieher: Erst am 19. März hatte das Bistum Würzburg die Zusammenarbeit mit der Würzburger Fachberatungsstelle von "pro familia" bekanntgegeben. Einen Monat später, am Mittwoch, verkündete das Bistum, dass es diese Zusammenarbeit "baldmöglichst wieder beenden" wird. Die pro familia-Mitarbeiterin Yara Henke sowie der Sexualpädagoge und pro familia-Berater Hans-Peter Breuner sollten weitere sowie kirchenunabhängige Ansprechpartner für Menschen sein, die sexuellen Missbrauch durch Mitarbeitende der katholischen Kirche erfahren haben.

Laut Mitteilung des Pressedienstes des Ordinariats folgt Würzburgs Bischof Franz Jung dem Votum des Betroffenenbeirats im Bistum Würzburg. Dieser habe jüngst auf Anschuldigungen gegen pro familia aus den 1970er und 1990er Jahren bezüglich "Entkriminalisierung von Pädosexualität" sowie die Haltung der Beratungsstelle zur Abtreibung hingewiesen und um eine Beendigung der Zusammenarbeit gebeten.
Bistum sucht jetzt andere Einrichtung für Kooperation
"Wir sind an einer guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Betroffenenbeirat interessiert, weshalb wir ein Votum des Beirates sehr ernst nehmen", reagierte Jung auf die Bedenken. Das Bistum werde deshalb in Absprache mit dem Betroffenenbeirat eine andere Einrichtung für die Kooperation suchen.

Auf Nachfrage sagte Matthias Wimmer, der Sprecher des Betroffenenbeirats, dass das Votum vor Ostern übermittelt worden sei. "Wir haben nicht damit gerechnet, dass der Bischof so schnell reagiert."
Vorwurf: Nicht deutlicher von bestimmten "Pädophilie-freundlichen Aussagen" distanziert
Grund für das Votum des Beirats gegen die Zusammenarbeit sei, dass der Dachverband von pro familia sich nicht deutlicher von bestimmten "Pädophilie-freundlichen Aussagen" aus früheren Jahren distanzieren würde. Wimmer verweist beispielsweise auf Berichte im pro familia-Magazin aus dem Jahr 2013. "Es geht aber nicht darum, die Mitarbeiter der Würzburger Beratungsstelle von pro familia zu diskreditieren oder dafür verantwortlich zu machen, sondern um die Ausrichtung des Dachverbands", betont Wimmer.
Auch Johannes Heibel, der Vorsitzende der bundesweit tätigen Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen mit Sitz in Siershahn (Rheinland-Pfalz), reagierte im März auf die vom Bistum angekündigte Zusammenarbeit. Er verwies auf den von der Initiative 1996 gestellten Strafantrag gegen pro familia wegen des Handels mit jugendgefährdenden Schriften.
pro familia: Beiträge hätten in dieser Form nicht erscheinen dürfen
Auf der Homepage des Bundesverbands von pro familia (Frankfurt) findet sich unter anderem eine Mitteilung aus dem Jahr 2016, in der er "klare Distanz zu Organisationen mit pädophilen Ideologien" zum Ausdruck bringt. Drei Artikel in Magazinen von pro familia aus den Jahren 1985, 1987 sowie 1995 hätten einzelne deutsche Medien dazu veranlasst, dem pro familia-Bundesverband vorzuwerfen, "Pädophilen freundlich zu sein". In dieser Mitteilung heißt es weiter, dass einzelne Autoren ohne Zweifel Positionen vertreten hätten, die verharmlosend seien. Die Beiträge hätten in dieser Form nicht erscheinen dürfen. Gleichzeitig verwies damals der Bundesverband auf ein Forschungsprojekt, das pro familia entlastet habe.
Unabhängige Ansprechpartner für Betroffene sexuellen Missbrauchs durch Kleriker und sonstige Beschäftigte im kirchlichen Dienst in der Diözese Würzburg sind weiterhin die Juristin Sandrina Altenhöner sowie der Jurist Prof. Alexander Schraml.
Info im Internet: www.bistum-wuerzburg.de/seelsorge-hilfe-beratung/missbrauch/