Gerade kommt Simon Wiehl von seiner fünften Ehrung nach Hause. Die Handwerkskammer für Unterfranken hatte noch einmal die fünf Bundessieger mit Silbernen Siegeln geehrt. Zuvor hatte ihm Bundespräsident Horst Köhler in Halle a. d. Saale die Hand geschüttelt. Als Bundessieger im Leitungswettbewerb des Deutschen Handwerks „Profis leisten was“, kommt man herum. Simon Wiehl ist Deutschlands bester Nachwuchs-Glaser – Kunstglaser besser gesagt.
Kunst ist sein Stichwort – „etwas Künstlerisches“ wollte er nach dem M-Zweig an der Hauptschule Ochsenfurt erlernen: „Keine Ahnung was!“ Schreiner oder Kirchenmaler hätte er genauso gut werden können. Zeichnen, Werken, Malkurse machten ihm immer schon Spaß. Da zeigte ihm sein Vater einen Main-Post-Artikel über die Glaswerkstätte und Leuchtenmanufaktur Rothkegel und über ein Praktikum kam er schließlich zu seiner dreijährigen Ausbildung für Glaser, Verglasungen und Glasbau. Kirchenfenster waren das Hauptthema für den 22-Jährigen bei der deutschlandweit tätigen Kunstglaserei mit Sitz auf dem Heuchelhof.
„Wir waren zu zweit in einem Lehrjahr, da hatte ich den Ansporn, der Bessere zu sein,“ erklärt er seinen Erfolg. Die Berufsschule jedenfalls fand er nicht so schwer, leichter als den M-Zweig. Nicht dass Simon Wiehl, der auch sportliche Herausforderungen auf dem BMX-Fahrrad, dem Skateboard oder im Fitness-Studio liebt, alles leicht gefallen wäre: Die Montagefahrten, teilweise über Wochen, die Berufsschule in Vilshofen, immer auf Achse zu sein, und auch der Arbeitsschwerpunkt bei den Bleiverglasungen waren für ihn nicht so das Wahre.
Was Simon Wiehl eigentlich interessiert, sind mehr die modernen Techniken, Glas-Fusing vor allem. Mit Fusen ist fast alles möglich, schwärmt er, vom Waschbecken bis zum Grabstein. Nur das ist teuer und nicht so häufig nachgefragt. Sandstrahlen und Bleiverglasungen, die zudem ungesund sind, glaubt er jedenfalls nicht sein Leben lang als Arbeitsschwerpunkte machen zu wollen. Immerhin, „jetzt, wo ich so gut abgeschnitten habe, denke ich, ich könnte vielleicht etwas daraus machen!“ Simon liebäugelt mit einem Meister- oder Technikertitel, muss seinen Weg aber erst finden, denn trotz der Spitzenleistungen, gab es bei Rothkegel nach der Ausbildung nur einen auf drei Monate befristeten Arbeitsvertrag. Da hatte auch der Bundessieg nicht weitergeholfen. Aber: als Bundessieger hat er die Möglichkeit, zur Weiterbildung ein Stipendium zu bekommen. Simon freut sich.
Inzwischen fährt der Sommerhäuser täglich nach Bad Windsheim, zur Firma Glasdesign Künzel, wo man im Hauptgeschäft für Türen- und Möbelfirmen fertigt. Dort konnte man es kaum fassen, dass ein Bundessieger auf Stellensuche ist. „Der Chef hat sich so gefreut“, berichtet Simon. Die Wertschätzung ist beiderseitig, der Nachwuchs-Glaser darf sich einbringen, auch mal was ausprobieren und gestalten.
Fantasie und kreatives Potenzial jedenfalls hat er. „Syborg“ heißt sein Gesellenstück. Es ist eine Bleiverglasung mit Fusing-Technik, eine Science-Fiction-Figur – halb Mensch, halb Maschine – mit einem Raumschiff im All schwebend. In 40 Arbeitsstunden wurden dafür 140 Teile zu einem ein Meter mal 0,75 Zentimeter großen Glasbild verarbeitet. Gesicht und Augen sind als Glasmalerei aufgebracht. Teueres Spezialglas mit Reflexen lässt die Sterne im All funkeln, nachdem sie mit etwa 800 Grad eingeschmolzen wurden. Beim Bundeswettbewerb „Die gute Form im Handwerk“ brachte ihm das Werk außerdem den 2. Platz ein.