Ein turbulentes Jahr haben die Winzer am Maindreieck hinter sich. Eines stand bereits lange fest: Nach erheblichen Frostschäden wird es deutlich weniger Wein des neuen Jahrgangs geben. Doch wie schmeckt der 2024er? Einen ersten Eindruck gab der Winzerverein in Frickenhausen bei seiner Jungweinprobe. 22 noch junge, unfertige Weine stellten die acht örtlichen Winzerbetriebe dafür zur Verfügung. Welcher Wein aus welchem Betrieb stammt, blieb dabei unbekannt. Der letzte Schliff des Kellermeisters fehlt ihnen noch. Doch die Winzerin und ehemalige Fränkische Weinkönigin Carolin Meyer aus Greuth und Kellermeister Stefan Nunn von der Winzergemeinschaft Franken, die durch die Probe führten, entdeckten durchaus Überraschendes.
Zwei Frostnächste am 22. und 23. April haben nicht nur mehr als die Hälfte des Ertrags gekostet. Durch die Beitriebe, die die Reben nach dem Frost hervorgebracht haben, stand zu befürchten, dass die Trauben unterschiedlich reifen und in mehreren Etappen gelesen werden müssen. "Gerade die steilen Premiumlagen am Kapellenberg, die normalerweise als relativ frostsicher gelten, waren am stärksten betroffen", sagt der Vorsitzende des Winzervereins, Markus Öder.
Der feuchtwarme Sommer beschleunigte die Reife und begünstigte den Mehltau
"Der zweite Austrieb kostet der Rebe viel Energie", weiß Carolin Meyer. Deshalb sei es gut gewesen, dass der Sommer feucht war. "Trockenstress hätte mancher Anlage das Genick gebrochen", vermutet Kellermeister Stefan Nunn. Der feuchtwarme Sommer habe die Ausbreitung des Echten und Falschen Mehltaus begünstigt, gleichzeitig aber dazu geführt, dass sich die verschiedenen Traubengenerationen in ihrer Reife nahezu angleichen konnten.

Die besonderen Umstände kann Stefan Nunn im Geschmack der Weine erkennen. Bei vielen Proben mischen sich ausgeprägte Zitrustöne in die reifen Aromen. "Da sind wirklich tolle Schätze entstanden", so Carolin Meyer. Dafür werden typische Aromasorten wie die Scheurebe oder der Traminer heuer in vielen Weinregalen fehlen. Sie waren besonders stark vom Frost geschädigt worden. "Bestimmte Weine gibt es heuer einfach nicht", sagt Meyer.

Im Frickenhäuser Ratskeller lauschen rund 150 Gäste den Worten der beiden Weinfachleute. 22 Proben zu bestehen, erfordert Kondition und Sitzfleisch, auch wenn die acht "Vinotessen" des Winzervereins jeweils nur einen kleinen Schluck ins Glas gießen. Die nötige Stärkung haben sich die Besucherinnen und Besucher von zu Hause mitgebracht, auch das hat Tradition bei der Frickenhäuser Jungweinprobe.
Die Fränkische Weinkönigin blieb bei der Jungweinprobe ganz privat
Unter den Gästen ist auch die Fränkische Weinkönigin Lisa Lehritter - ganz privat. In ihrem Heimatort will sie die Bühne heute Abend ganz der örtlichen Weinprinzessin Rosanna Trigilia überlassen. "Die Jungweinprobe ist einer der Höhepunkte in der Zeit als Weinprinzessin", sagt Lehritter, "da darf ich Rosanna nicht die Show stehlen." Die hat sich reichlich Verstärkung mitgebracht. Neben Weinprinzessinnen aus der Region genießen auch der Sommerhäuser Weinprinz und die Ochsenfurter Zuckerfee den Abend.

Der Abend neigt sich für einige der Besucherinnen und Besucher erst nach Mitternacht seinem Ende. Was während der Probe in den insgesamt 176 Flaschen übrig blieb, darf nun in aller Ruhe ausgetrunken werden. Die Profis unter den Gästen haben sich vorher schon notiert, hinter welcher Probennummer der beste Tropfen steckt. Welcher Winzer ihn erzeugt hat, bleibt geheim. Doch die Mutmaßungen darüber bieten reichlich Gesprächsstoff.