Der Countdown läuft. Noch bis 6. März können Kritiker und Befürworter Stellung nehmen zum geplanten Mega-Projekt der Firma Knauf in der Alterheimer Mulde im Landkreis Würzburg. Der Gips-Weltmarktführer aus Iphofen (Lkr. Kitzingen) will dort Bayerns größtes Bergwerk bauen - mitten im Trinkwassereinzugsgebiet und planreifen Schutzgebiet der Stadt Würzburg.
Auch die Stadt will eine Stellungnahme beim Bergamt Nordbayern in Bayreuth abgeben. Die Behörde, deren Aufgabe die Sicherung der Rohstoffversorgung ist, trifft letztlich die Entscheidung, ob das Bergwerk genehmigt wird.
Für Irritationen bei einigen Stadtratsmitgliedern sorgte zuletzt, dass die Gutachter des städtischen Trinkwasserversorgers TWV die Gefahren fürs Trinkwasser durch das Bergwerk deutlich größer einschätzen als im Gutachten der Firma Knauf beschrieben.
Um dem Wunsch des Stadtrats "nach umfassenden Informationen" gerecht zu werden, wurden daher zu einer öffentlichen Sondersitzung an diesem Donnerstag (16 Uhr, Ratssaal) auch Vertreter von Bergamt und Knauf eingeladen, um ihre Sicht darzulegen.
Für ein Stimmungsbild haben wir vorab den Fraktionsvorsitzenden schriftlich drei Fragen gestellt und die wichtigsten Aspekte aus ihren Antworten zusammengefasst.

1. Wie bewerten die Fraktionsvorsitzenden zum jetzigen Zeitpunkt das geplante Bergwerk im Trinkwassereinzugsgebiet?
Wolfgang Roth (CSU) sieht sich erst in der Lage, eine Bewertung vorzunehmen, "wenn die sachkundigen Stellen allesamt beteiligt, gehört und gewürdigt worden sind". Wenngleich der Trinkwasserschutz "oberste Priorität" habe, sei Gips "ein wichtiger Baustoff" und "bei einer schwächelnden Wirtschaft hat jeder Arbeitsplatz Relevanz". Für Roth wäre "die optimale Lösung", wenn beide Belange umgesetzt werden könnten.
Auch Josef Hofmann (Freie Wähler) betont einerseits "die wirtschaftliche Bedeutung und Arbeitsplätze" des Knauf-Vorhabens. Andererseits habe der Trinkwasserschutz Priorität "und darf nicht zum Feigenblatt verkommen".
"Wirtschaftliche Chance und ökologisches Risiko zugleich" sieht Alexander Kolbow (SPD) durch das geplante Bergwerk. Für ihn "überwiegt jedoch die Sorge vor den negativen Auswirkungen" auf das Trinkwasser: "Deshalb bin ich persönlich gegen das Knauf-Werk."
Sandra Vorlová (Grüne) sieht das Vorhaben "sehr kritisch". Die bisherige hydrogeologische Untersuchung von Knauf sei "nicht ausreichend". Ein "unbekanntes Restrisiko" könne "keine akzeptable Grundlage für eine Genehmigung" des Bergwerks sein. Solange man die Risiken nicht "sicher ausschließen" könne, halten die Grünen "das Projekt für unverantwortlich".
Raimund Binder (ÖDP) verweist auf eine Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach auch nur die "entfernte Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung fürs Trinkwasser" nicht hinnehmbar sei. Das Bergwerk dürfe daher nicht genehmigt werden. "Allein aus Vorsorgegründen" sei "ein Verbot zwingend".
Für Joachim Spatz (FDP/Bürgerforum) ist "die Versorgungssicherheit der Würzburgerinnen und Würzburger mit sauberem Trinkwasser in hinreichender Menge oberstes Anliegen". Und: "Jede, auch nur im Ansatz potenzielle Gefährdung dieses Zieles, ist unbedingt zu vermeiden."
Barbara Meyer (Linke) wird noch deutlicher: "Wir sind entsetzt über das Vorhaben der Firma Knauf. Wasser ist eines unserer kostbarsten Güter. Für Gips können Alternativen oder andere Abbauflächen gefunden werden, für Wasser nicht. Deshalb: Hände weg von unserem Wasser!"
2. Wie bewerten die Fraktionsvorsitzenden, dass das seit Jahren geplante Bergwerk erst jetzt Thema im Stadtrat ist?
Für Hofmann (FW) war "erschreckend", dass er "das Basiswissen aus der Tagespresse erfahren musste". Binder (ÖDP) meint, gerade weil "wir Stadträte ja auch Teil der Gesellschaft sind" und "in der Main-Post, bei Bund Naturschutz, Bürgerinitiativen etc. ausführlich berichtet" wurde, müsse "niemand eine Wissenslücke haben".
Roth (CSU) sagt: "Die mangelnde Transparenz und Kommunikation im Klimaschutzreferat war schon oft Thema im Stadtrat." Vorlová (Grüne) stimmt ihm zu, dass "eine frühere Information des Stadtrats für mehr Transparenz gesorgt hätte". Doch grundsätzlich sei es sinnvoll, "fundierte Gutachten abzuwarten, bevor eine politische Debatte geführt wird".

Kolbow (SPD) fände es grundsätzlich "wichtig", dass Stadträte bei übergreifenden Themen wie Trinkwasser "mehr Einfluss haben".
Spatz (FDP/BF) sagt, er gehe davon aus, dass Oberbürgermeister, Klimabürgermeister und die Verantwortlichen des Trinkwasserversorgers "den Stadtrat zum geeigneten Zeitpunkt einbeziehen, um die Wahrung der Interessen von Würzburg sicherzustellen".
3. Inwiefern wollen die Fraktionen noch auf die Stellungnahme der Stadt zum Bergwerk Einfluss nehmen?
SPD und Grüne wollen sich in der Sitzung am Donnerstag "ohne Wenn und Aber" (Kolbow) dafür einsetzen, dass die Stellungnahme der Stadt "eine klare Haltung zum Schutz unseres Trinkwassers und der Umwelt einnimmt" (Vorlová). Meyer kündigt an, die Linke werde "Bedenken und Einwände gegen den geplanten Bau des Stollens" äußern und "entsprechende Unterschriftenlisten verteilen".
Roth (CSU) und Hofmann (FW) sagen, an Einflussnahme sei nicht gedacht. Sie wollen aber, dass "mögliche Fehler" in der bisherigen Stellungnahme "verbessert" werden.