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Würzburg: Spengler auf dem Kunstschiff

Würzburg

Spengler auf dem Kunstschiff

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    Münchner Künstler, gebürtig in Köln: Martin Spengler.
    Münchner Künstler, gebürtig in Köln: Martin Spengler. Foto: Joachim Fildhaut

    Prominenten Besuch hat das Ausstellungsschiff des Würzburger Kunstvereins im Alten Hafen hinter dem Kulturspeicher: Martin Spengler stellt seit 20 Jahren äußerst rege aus, und das bis nach Chicago. Seit seinen Studien in Bremen, Wien und München schnitzt er in einer eigenen Technik handwerklich aufwändige Reliefs und Skulpturen aus übereinander geschichteter Pappe.

    Eine gediegene Auswahl hängt und steht bis zum 13. Oktober auf dem Main: Flussansichten und Wellen passen zum Ausstellungsort im Wasser. Manchmal ist der inhaltliche Bezug nicht offenkundig. Doch wenn man im vordersten der drei Pfeilerplastiken Architekturelemente des Kölner Doms identifiziert und weiß, dass diese Kirche direkt am Rhein steht, dann erkennt man das Konzept dieser Auswahl.

    Überhaupt sind dem Künstler Gedanken wichtig. Er schuf eine Reihe von Doppelreliefs, in denen die eine Hälfte die andere spiegelt. Bei der Vernissage am 11. September erklärte er verblüffend unprätentiös, die Spiegelungen ließen fragen: "Was ist echt? Was scheint nicht so, wie es ist? Das ist ja eigentlich das Hauptthema von aller Kunst."

    Am Jahrestag des Anschlags

    Weiteres aus der Spenglerschen Gedankenwelt: Bei ihm dauert die Entwicklung von der ersten Idee bis zur fertigen Ausführung leicht mal fünf Jahre. Oder er greift nach zehn Jahren ein Einzelwerk auf und macht es zum Beginn einer Serie. Dabei zeigen drei Diptychons auf der Arte Noah rechts ein Hochhaus, das links grade – etwa in der Höhe des Goldenen Schnitts – gesprengt wird. Zufall, dass diese sehenswerte Schau am Jahrestag des World-Trade-Center-Anschlags eröffnet wurde. Bei seinen Sprengungsbildern kommt es dem Künstler auf die "Energie des Auseinandertreibens" an. Außerdem ist die Explosionswelle eine Verwandte der Meeresbewegung; er schnitzte auch schonmal vollbesetzte Stadionränge mit La-Ola-Welle.

    Die Würzburger Ausstellung "Die andere Welt" kommt ganz ohne menschliche Figuren aus. Deshalb wirken die Sprengungsbilder nicht bedrohlich, sondern vielleicht sogar wie ein lang erwartetes Aufräumen zugunsten einer anderen Welt. Aber halt: Das hier ist keine engagierte Kunst, die sagen will: Ohne Hochhäuser wäre die Welt schöner. An den Betonriesen faszinieren den Mann die formalen Strukturen, auch: wie es aussieht, wenn eine Handvoll Etagen zusammensinkt. Das schnitzt er nicht akribisch nach, sondern presst seine Pappkonstruktion selbst gewaltsam zusammen, bis die Deformation die richtige, große Kraft ausstrahlt.

    Details werden herausgeschnitzt

    Mit seltener Bereitwilligkeit ging der Künstler auf die Vernissagefrage ein, wie so eine Skulptur entsteht. Damit kein Besucher Zeit mit fruchtlosem Rätseln verliert: Beim Zeichnen von Vorskizzen legt der Künstler fest, wo vorn und wo hinten, wo Erhabenes ist und wo Vertiefung. Die entsprechenden Volumen schichtet er dann aus Pappformen, verklebt sie mit Neopren und schnitzt dann die Details heraus. In diesem Arbeitsgang entstehen auch die schrägen Oberflächen – sie werden behutsam eingedrückt. Jetzt nur noch alles mit Leim tränken, weißeln und die Schnittflächen mit Grafit einschwärzen. Drei bis vier solcher Unikate dieser Art entstünden so pro Jahr, sagte Spengler.

    Ein anderes Geheimnis verriet Kunstvereins-Vorstandmitglied Jörg Nellen bei der Vernissage. Als ein Dutzend Leute letztes Jahr das Ausstellungsprogramm 2024 kuratierten und jeder Juror Punkte für jeden der 40 Bewerber vergab, ging Martin Spengler mit großem Abstand als Punktsieger aus der Sitzung hervor. "Die andere Welt" ist also die Wunschausstellung des Jahres.

    Die Ausstellung ist bis zum 13. Oktober geöffnet: am Donnerstag von 16 bis 19 Uhr, am Freitag und Samstag von 15 bis 18 Uhr und am Sonntag von 12 bis 18 Uhr.

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