Die Leipziger HeiterBlick Straßenbahn GmbH hat die Fahrzeugreihe GT-F (Gelenktriebwagen) speziell für Würzburg entwickelt. Um den Jahreswechsel kommt die erste nach Würzburg. Weitere 17 folgen sukzessiv bis Ende 2026. Bevor die Würzburger in die moderne Straba einsteigen dürfen, beantwortet die Redaktion nach einem Werksbesuch in Leipzig neun wichtige Fragen zur 99 Millionen Euro teuren Investition.
1. Welchen neuen Komfort bietet die neue Straba?
Auffällig an der GT-F sind ihre großen Panoramascheiben. Fahrgäste können von jedem Platz - 147 Steh- und 82 Sitzplätze - aus dem Fenster schauen. Elektrische Geräte können sie an 28 USB-Buchsen laden. Monitore informieren über Fahrtverlauf und Nachrichten. Über eine Klimaanlage auf dem Dach wird der Innenraum gekühlt.

Die Innenausstattung mit LED-Lichtstreifen, roten Sitzen und hellen Wänden beschreibt Richard Hofmann, Projektleiter der Würzburger Straßenbahn GmbH, als "hochwertig". Vor allem die rot-schwarzen Sitzbezüge, die sich samtig anfühlen, machen die Wagen gemütlich. Hofmann: "Die Ausstattung animiert hoffentlich dazu, sie ordentlich zu behandeln."
2. Wie ist das Design der neuen Straba?
Auffällig ist an der neuen Straba vor allem die Spitze: die markante Nase, das langgezogene Lichtband und die große gläserne Fahrerkabine. Die futuristische Front lässt sie trotz ihrer Breite von 2,40 Meter schmaler und schnittiger wirken, als die kastenförmigen älteren Fahrzeuge der GT-E- und GT-N-Reihe. Das Design hat die büro+staubach GmbH aus Berlin entworfen.

3. Wie viel Tonnen Stahl und wie viele Kilometer Kabel stecken in der Straba?
In der 36 Meter langen Straßenbahn stecken circa 35.000 Einzelteile, die in der Firma HeiterBlick zusammen gebaut werden. Sie wiegt 50 Tonnen. 32 Tonnen davon sind Stahl, eine Tonne Glas. 21 Kilometer Kabel und 21.000 Schrauben sind in einer Bahn verbaut.
4. Welche Farbe haben die Fahrzeuge?
Das Werk verlassen die Straßenbahnen mit einer blütenweißen Karosserie. Foliert werden sie dann in Würzburg. Die ersten beiden Fahrzeuge, die um und kurz nach dem Jahreswechsel ausgeliefert werden, erhalten laut WVV ein "besonderes Design". Wie das aussieht, will die WVV noch nicht verraten. Die übrigen 16 GT-F-Fahrzeuge sollen wie die bisherige Flotte mit Werbefolien beklebt werden.

5. Könnten auch die GT-F-Straßenbahnen Fahrwerkprobleme bekommen?
Im November 2023 machte ein Defekt an einer Straßenbahn der GT-N-Reihe Schlagzeilen: Nachdem eine Fahrwerksschwinge eines Fahrzeugs kaputtgegangen ist, mussten alle 19 dieser 1996 angeschafften Niederflurwagen der ersten Generation außer Betrieb genommen werden.
Solche Probleme soll es bei der neuen GT-F-Reihe nicht geben. Erstens wurde die Belastung ihrer Fahrwerke ausgiebig im Labor getestet. Zweitens steckt in ihnen eine andere Technik: Sie haben Drehgestelle unter den vorderen und hinteren Wagen, was die niedrigen Fahrwerke schont und außerdem die Kurvenfahrt geschmeidiger machen soll - aber Platz unter dem Fahrzeug braucht.
6. Sind die neuen Strabas trotzdem komplett barrierefrei?
Die GT-F sind barrierefrei und die mittleren Wagen komplett niederflurig. Ebenerdig kommt man durch die Doppeltüren in die GT-F-Straba. Im ersten und letzten Wagen steigt der Fußboden über den Drehgestellen sanft um 30 Zentimeter an. Zwei große Flächen bieten Platz für Rollstühle, Kinderwagen und Fahrräder.

7. Was ist sonst noch besonders?
"Die GT-F-Reihe ist spezifisch für die besonderen Bedingungen in Würzburg entwickelt worden", sagt Samuel Kermell, Geschäftsführer der HeiterBlick GmbH mit 220 Mitarbeitern. Dazu zählen neben der Spurbreite von einem Meter zum Beispiel enge Kurven in der Innenstadt und der steile Heuchelhofberg. Für sichere Bergfahrten seien in die "Spezialanfertigungen" besondere Bremssysteme und der Antrieb mit Allradtechnik entwickelt worden.

8. Warum braucht Würzburg neue Straßenbahnen?
Mit der geplanten Linie 6 hat die Anschaffung der neuen Straßenbahnen nichts zu tun. Diese sind eine Ersatzbeschaffung und werden die ältesten Fahrzeuge der Flotte aus den Jahren 1968 (GT-D) und 1989 (GT-E) ersetzen. Die jüngsten Straßenbahnen sind in Würzburg aktuell 28 Jahre alt.

WVV-Geschäftsführer Ralf Willrett sieht die Neuanschaffungen als "großen Sprung in die Zukunft", mit dem sich "Qualität und Erscheinungsbild des ÖPNV deutlich verbessert".

9. Wie geht es jetzt weiter?
Wenn alle Leitungen geprüft sind, Isolationen gemessen und die Software aufgespielt ist, kommt die erste GN-F-Straba per Tieflader nach Würzburg. Dort wird sie auf Probefahrten getestet, bis sie voraussichtlich im Herbst 2025 im Betrieb eingesetzt wird. Die zweite folgt in kurzem Abstand.
Ein drittes Fahrzeug ist gerade in der Endmontage, von anderen werden die Wagen aktuell lackiert. In der Rohbauhalle von HeiterBlick werden gerade weitere Wagen zusammengeschweißt. Bis Ende 2026 sollen sukzessiv alle 18 Bahnen ausgeliefert werden.
