Bei den Nachnamen der Kreisräte kommt Oberbürgermeister Christian Schuchardt noch durcheinander. Auf die Atmosphäre bei der ersten Sitzung des neuen interkommunalen Ausschusses stadt.land.wue hatte dies freilich keinen Einfluss. Auch, dass Stadt- und Kreisräte reichlich Abstand zueinander halten, ist der Zusammenarbeit nicht hinderlich.
Stadt und Landkreis Würzburg wollen an einem Strang ziehen. Mindestens zweimal im Jahr soll künftig der interkommunale Ausschuss, besetzt mit jeweils elf Stadt- und Kreisräten, tagen und den jeweiligen Gremien in Stadt und Landkreis Empfehlungen geben. Aufhänger war ein gemeinsamer Mobilitätsworkshop, der sich vergangenes Jahr im November erstmals traf. Es soll aber nicht nur der Verkehr zwischen Stadt und Landkreis, auch wenn dieser die "bestmögliche Verknüpfung" (OB Schuchardt) zwischen beiden ist, eine Rolle spielen. Auch um gemeinsamen Umwelt- und Klimaschutz, Wohnungsbau oder soziale Fragestellungen soll es gehen.
Ein historischer Augenblick erfordert historische Reden
Zuvor aber gibt es politische Lippenbekenntnisse - und Feststellungen. "Ein Landkreis ist etwas anderes als eine Stadt", weiß OB Schuchardt, der den Vorsitz hat. Aber wo "Würzburg draufsteht, ist auch Würzburg drin" und so seien beide "gemeinsam zum Erfolg bestimmt", sagt der OB. Und Landrat Thomas Eberth ist ebenso klar in seiner Rhetorik. Er hofft, der Ausschuss trage dazu bei, die Region "fruchtbar und zielführend zu gestalten". Freilich mit einer "ideologiefreien Klima- und Umweltpolitik". Das alles im "Herzen Europas", wo "nicht mehr in Grenzen, sondern für die Regionen" gedacht werden soll.
"Ein Landkreis ist etwas anderes als eine Stadt."
Christian Schuchardt, Oberbürgermeister
Gestalten – das möchten auch die verschiedenen Fraktionen im interkommunalen Ausschuss. Und weil sie alle, wie der Kommunalwahlkampf gezeigt hat, den öffentlichen Personennahverkehr verbessern möchten, befasst sich auch der erste interfraktionelle Antrag damit. Bis auf die CSU- und UWG/FW-Kreistagsfraktion haben alle übrigen das sehr detailliert ausgearbeitete Papier unterzeichnet. Im Wesentlichen geht es darum, die Buslinien zu gewissen Straßenbahnhaltestellen zu führen, drei Umstiegshaltestellen im Stadtgebiet einzurichten und den Straßenbahntakt zu erhöhen.

Die Straba-Haltestellen am Bürgerbräu-Gelände in der Zellerau, in der Königsberger Sraße (Sanderau) und in der Wörthstraße (ebenfalls Zellerau) sollen Umstiegshaltestellen werden, damit dort die Fahrgäste aus dem Landkreis Würzburg, die mit den Linien 11, 470, 480, 490, 510, 520 und 550, beispielsweise von Veitshöchheim, Zell, Margetshöchheim oder Erlabrunn, in die Stadt kommen, einen guten Anschluss an die Straba haben. Und nicht nur das: Die entsprechenden Haltestellen sollen so umgebaut werden, dass dort auch Fahrräder oder Autos abgestellt werden können.
Weniger Busse in der Stadt, dafür mehr Strabas
"Damit entlasten wir den Verkehr in der Stadt um 400 Busfahrten", sagt Sebastian Hansen (Kreisrat Bündnis90/Die Grünen). Vier zusätzliche Straßenbahnen würden benötigt, weil alle Straßenbahnlinien an Werktagen von 6 bis 18 Uhr dann generell alle zehn Minuten fahren sollen. Für einige Ortschaften im Landkreis bedeute dies eine wesentliche Verbesserung der Anbindung. "Teilweise alle 15 Minuten, andernorts gibt es eine halbstündige Verbindung in die Stadt", so Hansen. Damit dass alles auch funktioniert, liegen dem Antrag bereits ausgetüftelte Fahrpläne bei.
"Was nützt der allerbeste ÖPNV, wenn man aus dem letzten Zipfel des Landkreises für 15,80 Euro nach Würzburg kommt?"
Andrea Rothenbucher, Bürgermeisterin und CSU-Kreisrätin
Noch vor der stadt.land.wue-Sitzung hat die CSU-Kreistagsfraktion in einer Pressemitteilung ihre Bedenken geäußert. "Einige Ortschaften im Landkreis Würzburg werden dann abgeschnitten", sagt Björn Jungbauer, Bürgermeister in Kirchheim und CSU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag. Er sei auch überrascht, dass die anderen Kreistagsfraktionen auf diesen Zug aufspringen. Beispielsweise würde der bereits gut funktionierende Busverkehr aus Veitshöchheim "zwanghaft verschlechtert" werden, heißt es in der Pressemitteilung. Grundsätzlich sei aber auch die CSU für eine bessere Vertaktung der Bus- und Straßenbahnlinien, aber nicht für "überstürzte Schnellschüsse".
Erst prüfen, dann entscheiden
"Dieser Antrag beinhaltet so viele richtige Ansätze", sagt dagegen Wolfgang Roth, Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion. ""Wir begrüßen jede Möglichkeit, CO2 einzusparen", spricht Veitshöchheims Bürgermeister Jürgen Götz für die CSU-Kreistagsfraktion. "Aber die Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs müssten das auch akzeptieren. "Wenn ich von Veitshöchheim zum Würzburger Bahnhof 20 Minuten länger brauche, fahre ich mit dem Auto." Für die CSU-Kreisrätin Andrea Rothenbucher, Bürgermeisterin in Hettstadt, ist das "Wabensystem überholt". "Was nützt der allerbeste ÖPNV, wenn man aus dem letzten Zipfel des Landkreises für 15,80 Euro nach Würzburg kommt."
Bevor die Politik den Antrag umsetzen will, sollen die jeweiligen Verkehrsexperten nun auf Wolfgang Roths Vorschlag hin prüfen, ob alles umsetzbar ist. In diesem Punkt sind sich Stadt und Land dann wieder einig.