Wasserschutz kontra Wirtschaft: Politischer kann ein Thema in Zeiten des Klimawandels kaum sein. Erst recht nicht im trockenen Unterfranken. Trotzdem wurde dieser für die Stadt Würzburg zukunftsweisende Fall bisher vor allem hinter den Kulissen politisch diskutiert: Der Gips-Weltmarktführer Knauf aus Iphofen (Lkr. Kitzingen) will in der Altertheimer Mulde im Landkreis Würzburg Bayerns größtes Bergwerk bauen - mitten im Trinkwassereinzugsgebiet der Stadt.
Jetzt stand das brisante Thema erstmals öffentlich auf der Tagesordnung: In der Sitzung des Planungs-, Umwelt- und Mobilitätsausschusses (PUMA) hat Würzburgs Klimabürgermeister Martin Heilig (Grüne) am Dienstagnachmittag die Grundzüge der offiziellen Stellungnahme vorgestellt, die die Stadt zum geplanten Bergwerk abgeben wird.
Fast 160 Einwendungen: Viele Bürger wenden sich aus Sorge ums Trinkwasser ans Bergamt
Die Zeit drängt. Noch bis 6. März können Privatpersonen, Firmen, Verbände und 74 Träger öffentlicher Belange, darunter Behörden und Gemeinden, beim Bergamt Nordbayern ihre Bedenken oder ihre Zustimmung zum Mega-Projekt des Knauf-Konzerns vorbringen. Bis zu diesem Dienstag lagen beim Bergamt mit Sitz bei der Regierung von Oberfranken knapp 160 Einwendungen von Bürgerinnen und Bürgern vor - die meisten laut Behörde aus "Sorge um eine sichere Trinkwasserversorgung".
Diese Sorge teilt Martin Heilig. "Wir sind nicht grundsätzlich gegen Rohstoffabbau und das geplante Gipsbergwerk, aber die Trinkwasserversorgung der Stadt Würzburg darf unter keinen Umständen gefährdet werden", sagt der Bürgermeister. Könne dies nicht ausgeschlossen werden, sei "das Abbau-Vorhaben von Knauf nicht genehmigungsfähig" und müsse "im Interesse einer sicheren regionalen Trinkwasserversorgung abgelehnt werden". Die Zeller Quellen versorgen seit mehr als 100 Jahren rechnerisch die Hälfte der Würzburger Bevölkerung mit Trinkwasser.
Stadt Würzburg befürchtet Wasserschwund und schlechtere Wasserqualität
Der Grünen-Politiker kritisiert "fehlerhafte Annahmen" in dem Gutachten, das Knauf für die Genehmigung seines Bergwerks hat erstellen lassen. Strittig zwischen den Gutachtern der Stadt Würzburg und den Gutachtern der Firma Knauf ist unter anderem, wie viel Niederschlag jährlich in den größten unterirdischen Grundwasserleiter sickert. Je mehr Grundwasser sich dort neu bildet, desto mehr Wasser könnte später ins Bergwerk eindringen - Wasser, das nicht mehr bei den Zeller Quellen in Würzburg ankommt.

Das Knauf-Gutachten geht "im schlimmsten Fall" nur von etwa einem Prozent Wasserschwund aus. Die Gutachter der Stadt indes befürchten, dass der Quellschüttung "mindestens 14 Prozent" Wasser verloren gehen. Das bestätigte auch Armin Lewetz, der Geschäftsführer der Trinkwasserversorgung Würzburg (TWV). Neben den quantitativen Verlusten drohten für das Trinkwasser qualitative Einbußen durch Sulfat.
Das bedeute "nicht zwangsläufig", dass das Bergwerk "überhaupt nicht" errichtet werden könne, sagte Martin Heilig am Dienstag. "Mindestens" aber brauche es "strengste Auflagen". Heiligs Parteikollege Patrick Friedl zitierte in der Sitzung den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, nach dessen Einschätzung auch die entfernteste Gefahr einer Beeinträchtigung des Trinkwassers nicht hinzunehmen sei.
Stadtratsmitglieder fühlen sich nicht ausreichend informiert
Einige Stadtratsmitglieder kritisierten, sie seien bisher nicht ausreichend über das Thema informiert worden. Josef Hofmann, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, forderte eine Sondersitzung des Stadtrats. Rena Schimmer (CSU) sagte, sie fühle sich gegenüber besorgten Bürgerinnen und Bürgern längst "nicht sprechfähig".
René Sauerteig, Leiter des städtischen Rechtsamts, wies auf die Dringlichkeit der Stellungnahme hin: "Wenn wir sie nicht bis 6. März abgeben, haben wir die Klagefrist verwirkt." Ob die Stadt tatsächlich bereit wäre, gegen das Bergwerk zu klagen - so, wie im Fall der geplanten DK1-Deponie bei Helmstadt? TWV-Geschäftsführer Lewetz sagte: So weit sei man längst nicht.
Ergebnis der Ausschuss-Sitzung am Dienstag: Die Stadt Würzburg wird ihre Stellungnahme abgeben. Das Thema soll in einer Stadtratssitzung noch einmal auf die Agenda.