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WÜRZBURG: Stadtteilserie (9): Als Würzburgs Traum vom Flughafen platzte

WÜRZBURG

Stadtteilserie (9): Als Würzburgs Traum vom Flughafen platzte

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    Mai 1931: Ein Redakteur tauft das Segelflugzeug „Würzburger General-Anzeiger“ auf dem Flugfeld am Hubland. Verkehrsflugzeuge sucht man hier vergebens.
    Mai 1931: Ein Redakteur tauft das Segelflugzeug „Würzburger General-Anzeiger“ auf dem Flugfeld am Hubland. Verkehrsflugzeuge sucht man hier vergebens. Foto: Foto: Staatsarchiv

    Am Galgenberg feiern die Würzburger 1924 die Eröffnung eines Flughafens, auf dem Verkehrsflugzeuge starten und landen sollen. Es bleibt ein Traum.

    Im Juni 1924 wird in Hannover Fritz Haarmann verhaftet, der 24 junge Männer umgebracht hat; der 1. FC Nürnberg feiert in diesem Monat die deutsche Fußballmeisterschaft. In einem Sanatorium bei Wien stirbt der Schriftsteller Franz Kafka; in den Ford-Werken in Detroit läuft das zehnmillionste Auto vom Band. Am Main träumt man von der großen weiten Welt: Am Hubland wird am 29. Juni 1924 ein Flughafen eröffnet, der Würzburg an den internationalen Luftverkehr anbinden soll.

    „Die Gründung war seinerzeit eine Sensation“, schreibt Peter Wehner in einem unveröffentlichten Manuskript über die Entwicklung der Luftfahrt in Würzburg. Zusammen mit Heinz Gräf, dem Vorsitzenden des Flugsport-Clubs Würzburg, brachte Otto Weber-Niebuer 1990 die Broschüre „Luftfahrt in Würzburg“ heraus, aus der weitere Informationen auf dieser Seite stammen.

    Flugzeuge brummen schon seit April 1924 täglich über Würzburg hinweg. Sie bedienen im Auftrag der Fluggesellschaft „Trans-Europa-Union“ die neu eröffnete Linie Frankfurt-Fürth und zurück. Da könnten sie doch auch in Würzburg zwischenlanden und Fluggäste aufnehmen, überlegen die Stadträte und genehmigen einen namhaften Betrag für die nötigen Planierungsarbeiten.

    Gleichzeitig entsteht eine Flugschule am Galgenberg, die über ein festes Gebäude und vier Hangars verfügt. Die Schule, über die wir in der nächsten Folge der Hubland-Serie ausführlich berichten, soll jene Einrichtungen zur Verfügung stellen, über die ein Flughafen – abgesehen von der Rollbahn – verfügen muss.

    Motor der Vorhaben ist einmal mehr der Würzburger Karl Hackstetter, der seit 1905 durch abenteuerliche Flüge in Ballons, Luftschiffen und Motorflugzeugen auf sich aufmerksam gemacht hat. Er ist der bei weitem bekannteste Flieger der Bischofsstadt.

    Die Eröffnung des „Unterfränkischen Flughafens“ – so der offizielle Name – am 29. Juni 1924, einem strahlenden Sonntag, lockt zahlreiche Besucher an. Um 16 Uhr senkt sich ein Junkers-Verkehrsflugzeug erstmals auf Würzburger Boden herab. Lauter Applaus brandet auf.

    Was Rang und Namen in der Stadt besitzt, hat sich zum Galgenberg aufgemacht. Ehrengast ist der bayerische Kronprinz Rupprecht, der sich in diesen Tagen wegen des Waffengedenktags der Bayerischen Schweren Artillerie ohnehin in Würzburg aufhält. In der Residenz ist sein Großvater, Prinzregent Luitpold, geboren worden.

    Mit der eben gelandeten Junkers-Maschine können die Ehrengäste gleich Rundflüge machen. Oberbürgermeister Hans Löffler, Regierungspräsident Julius Ritter von Henle und der Rektor der Universität nutzen die Gelegenheit.

    Sogar die Preise für die Flüge, die von diesem Tag an von Würzburg aus starten sollen, stehen schon fest. 20 Mark nach Frankfurt, 50 nach München, 113 nach Wien und 150 Mark nach Genf. Mit Zwischenaufenthalten soll der Flug nach Budapest elf Stunden dauern; dieser Preis ist nicht überliefert.

    Um die Flugbegeisterung der Würzburger noch zu steigern wird behauptet, dass der Flugpreis nicht höher liege als die Fahrtkosten in der ersten Klasse der Eisenbahn, und dass man eine regelmäßige Busverbindung vom Hauptbahnhof zum Galgenberg einrichten werde.

    So weit kommt es freilich nicht. Die im wahrsten Sinn des Wortes hochfliegenden Träume werden keine Realität, Würzburg entwickelt sich nicht zum Verkehrsknotenpunkt. Die Trans-Europa-Union hat von Anfang an vorgehabt, ihre Maschinen nur bei Bedarf in Würzburg landen und Passagiere aufnehmen zu lassen. Doch wer kann sich in der biederen Beamtenstadt ohne nennenswerte Industrie schon so einen Flug leisten?

    Nur zweimal verirren sich in den folgenden Jahren Maschinen großer Fluggesellschaften nach Würzburg. An einem Samstag des Jahres 1929 landet um 17 Uhr ein Flugzeug der englischen „Imperial Airways“ mit dem Namen „City of Glasgow“, ein riesiger dreimotoriger Kabinendoppeldecker, am Hubland.

    Die „City“ befindet sich auf einem Erkundungsflug für die Linie England-Indien; Nach einer Zwischenlandung in Köln ist sie zu spät gestartet und geht wegen der hereinbrechenden Dunkelheit am Galgenberg nieder. Hier bleibt sie lediglich über Nacht und fliegt am nächsten Tag bereits in Richtung Wien weiter.

    Am 3. Juni 1931 muss eine „Fokker F-VII“ der Swissair wegen Motorstörung auf dem Würzburger Flugplatz notlanden. Das dreimotorige Flugzeug ist auf dem Weg von Zürich über Stuttgart und Leipzig nach Berlin. Da die Störung schnell behoben ist, kann die Maschine bereits eine Dreiviertelstunde später wieder starten.

    Mehr passiert vorerst nicht. Das Flugfeld am Hubland bleibt das, was es schon seit Jahren ist: ein Tummelplatz für Segelflieger.

    Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs sind Hallen und Baracken, die ehemaligen Unterkünfte für Kriegsflieger und Kriegsgefangene, abgebrochen worden und das Gelände ist wieder als Exerzierplatz hergerichtet worden, der es schon vor 1914 war.

    Der Friedensvertrag von Versailles verhängt zunächst ein völliges Verbot des Flugzeugbaus über Deutschland. Dieses wird zwar bald gelockert, aber harte Auflagen beschränken weiterhin den Bau leistungsfähiger Maschinen.

    Zunächst ist die Motorfliegerei sogar ganz verboten, und so entdeckte man in Würzburg den Segelflug, der ansonsten vor allem auf der Wasserkuppe in der Rhön betrieben wird. Der von Karl Hackstetter erneut aktivierte „Fränkische Verein für Luftfahrt“ errichtet 1922 am Hubland eine Station für Segelflüge und eine Werkstätte, in der talentierte Bastler die Gleitflugzeuge bauen.

    Hackstetter, der im Krieg in der Mark Brandenburg Piloten ausgebildet hat, ist nach Kriegsende kurzfristig Direktor der Fokker-Werke in Schwerin gewesen. Deren Inhaber, der Holländer Anthony Fokker, verlegt jedoch einen Großteil seines Werkes bald in die Niederlande, um weiterproduzieren zu können: Hackstetter bleibt in Deutschland und kehrt zeitweise nach Würzburg zurück.

    Schon 1921 beginnt er wieder für die Fliegerei zu werben und zu sammeln. Den Umständen gehorchend werden nun außer Freiballonfahrten auch Modellflug und Segelfliegen angeboten. In dem Halle von Würzburgs erstem, 1869 aufgegebenen Bahnhof in der Ludwigstraße, entsteht nach Hackstetters Plänen ein Segelflugzeug, das an einem Sonntag im Juli 1922 in einer feierlichen Zeremonie auf den Namen „Franken“ getauft wird.

    Hoch über der Stadt errichtet man derweil ein Zelt zur Unterbringung der „Franken“, das bald durch eine kleine feste Halle ersetzt wird. Als die „Franken“ zum Galgenberg transportiert ist, zeigt sich freilich, dass die Bedingungen in Würzburg nicht mit dem Eldorado der Segelflieger, der Wasserkuppe, zu vergleichen sind.

    Gestartet wird mit Hilfe eines Gummiseils. Es wird an einem Haken an der Rumpfspitze eingehängt und die „Startmannschaft“ zieht auf das Kommando „Ausziehen!“ beide Seilenden stramm. Auf das Kommando „Laufen!“ rennt die Startmannschaft mit voller Kraft hangabwärts. Beim Kommando „Los!“ gibt schließlich die hintere „Haltemannschaft“ das Flugzeug frei, das nur durch die Spannkraft des Gummiseils in die Luft schnellt.

    „Es ist verständlich, dass die üblichen Flüge am Galgenberg bei diese Startmethode maximal bis zu 25 Sekunden dauerten und in sehr geringer Höhe verliefen“, steht in der Broschüre „Luftfahrt in Würzburg“. Später kann dann mit besseren Flugzeugen unter geschickter Ausnutzung des Aufwindes am Nord- und Osthang bereits etwas länger gesegelt werden.

    Ein Förderer der Segelfliegerei in Würzburg ist in den zwanziger und frühen dreißiger Jahren der Verleger Karl Richter. Er stellt nicht nur regelmäßig Lastwagen seiner Zeitung „Würzburger General-Anzeiger“ (WGA) für den Transport der Maschinen zu Segelflugwettbewerben in der Rhön zur Verfügung, sondern finanziert auch die Anschaffung eines fertigen Flugzeug-Rumpfes. So müssen nur noch die Tragflächen gebaut werden. Im Mai 1931 tauft ein WGA-Redakteur auf dem Galgenberg das Flugzeug auf den Namen „Würzburger General-Anzeiger“. Die Segelflieger erringen damit in der Rhön schon bald größere Erfolge. Inzwischen haben die Segelflieger am Hubland freilich längst Gesellschaft von Motorflugzeugen bekommen. Die „Fliegerschule Würzburg“ wächst und gedeiht.

    Nächste Folge: Ist auch dem Flughafen-Projekt kein Erfolg beschieden, so entwickelt sich am Galgenberg doch eine andere Einrichtung, die Bestand hat: die „Fliegerschule Würzburg“.

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