Sollen für mehr Grün und eine bessere Aufenthaltsqualität in der Innenstadt Pkw-Stellplätze geopfert werden? Dieses Thema wurde Anfang des Jahres – nicht zum ersten Mal – im Stadtrat und der Öffentlichkeit kontrovers und emotional diskutiert, als es um eine mögliche Reduzierung der Stellplätze am Paradeplatz ging.
Das Bündnis "Verkehrswende Jetzt" hat dazu eine klare Meinung: "Wurzburg gilt, gemessen an den Parkplätzen im Innenstadtbereich, als die am besten erreichbarste Stadt dieser Größe. Daran ändert auch ein möglicher Wegfall von 130 Parkplätzen am Paradeplatz nichts", sagt Bundnissprecher Volker Glöckner auf Anfrage der Redaktion.
Knapp 11 000 innenstadtnahe Pkw-Stellplätze
Das Bündnis beruft sich dabei auf Zahlen, die der Arbeitskreis Mobilität und Regionalentwicklung der lokalen Agenda 21 vorgelegt hat: "Keine vergleichbare Stadt im deutschsprachigen Raum hat so viele zentrale Parkplätze wie Würzburg" betonen die beiden Agenda-Sprecher Thomas Naumann und Ulrike Ernst-Schertberger.

Wie sich aus dem städtischen Parkraumtarifkonzept ergibt, sind in Würzburg derzeit etwas weniger als 11 000 innenstadtnahe Pkw-Stellplätze – der Großparkplatz auf der Talavera und knapp 1000 Anwohner-Stellplätze mitgezählt – auf der Oberfläche, in Tiefgaragen und Parkhäusern zu finden.
Die Agenda 21 hat ausgerechnet, dass damit etwas mehr als 80 Stellplätze auf 1000 Einwohner kommen. Im Vergleich mit neun anderen deutschsprachigen Städten mit ähnlicher Einwohnerzahl und ähnlicher Bedeutung des innerstädtischen Einzelhandels liegt Würzburg damit klar vor Salzburg, Trier, Ingolstadt, Göttingen und Paderborn, in denen jeweils zwischen 40 und 60 Innenstadt-Stellplätze pro 1000 Einwohner zur Verfügung stehen. In Oldenburg, Regensburg, Freiburg und Münster sind es nur zwischen 20 und 40.
Agenda 21: Zahl der Stellplätze etwa um ein Fünftel gestiegen
"Die Zahl der Stellplätze im Zentrum ist so reichlich, dass es chronisch unterbelegte Anlagen gibt, zum Beispiel das Pleich-Parkhaus 150 Meter von der Fußgängerzone entfernt", heißt es in einer Pressemitteilung der Agenda 21. In den vergangenen zwei Jahrzehnten sei die Zahl auch nicht zurückgegangen, sondern um etwa ein Fünftel gestiegen, zum Beispiel durch das neue Parkhaus des Juliusspitals. Durch den Neubau des Quellenbach-Parkhauses und eine mögliche Aufstockung des Theater-Parkhauses kommen künftig bis zu 700 zusätzliche zentrumsnahe Stellplätze dazu.
Die Agenda 21-Sprecher und das Verkehrswende-Bündnis fordern deshalb, "dass wir die Diskussion um den Parkraum wieder auf eine rein sachliche Ebene heben", so Bundnissprecherin Karolin Zientarski gegenüber der Redaktion. Die beste und nachhaltigste Lösung zur Reduzierung des Autoverkehrs ist für sie der Ausbau des ÖPNV mit guten Anschlussmöglichkeiten fur die Menschen aus dem Umland.
"Es gibt zu jeder Tages- und Wochenzeit freie Stellplätze im innerstädtischen Bereich", sagt auch Umwelt-Bürgermeister Martin Heilig (Grüne): "Die Wahrnehmung ist manchmal eine andere, weil Autofahrer es oft gewohnt sind, an einem bestimmten Ort zu parken und schlicht nicht wissen, wo Parkplätze frei sind." Zur Vermeidung des daraus resultierenden Parksuchverkehrs setzt er unter anderem auf die Digitalisierung und bessere Verteilung der bestehenden Stellplätze.

In Zeiten des Klimawandels müsse die Innenstadt klimafest gemacht werden, betont Heilig weiter: "Versiegelte Parkplatzflächen stehen einer Begrünung und Nutzung für Menschen oft im Weg." Neben Anreizen zur Nutzung klimafreundlicher Verkehrsmittel "brauchen wir die Kühlungswirkung und die Steigerung der Aufenthaltsqualität durch mehr begrünte Flächen. Das macht unsere Stadt dann auch attraktiver für Tourismus, Gastronomie und Einzelhandel."