Der Blick von den Weinbergen auf die Maria-Schnee-Kirche in Kleinochsenfurt ist herrlich. Doch Familie Ullrich hat keine Zeit, sich daran zu erfreuen. Ihr Weingut liegt direkt in den Kleinochsenfurter Weinbergen, und alle Familienmitglieder sind schon am frühen Morgen im Weinberg, um die Träubel für den ersten fränkischen Federweißen abzuschneiden. Winzer Reiner Ullrich hat alles vorbereitet, der kleine Weinbergstraktor steht bereit, damit die gefüllten Eimer geleert werden können.
Die ersten Ortegatrauben sind reif, so dass mit der Lese begonnen werden kann. Einfach wird dies nicht: Es gab einen großen Wespenfraß, und durch den Frost entstanden unterschiedliche Reifegrade, so Ullrich. Letzteres bedeute, dass die Weinberge später noch einmal nachgelesen werden müssen.
Die Qualität des Weins hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Zum einen spielt der Boden, auf dem die Reben wachsen, eine Rolle, aber auch das regionale Klima, das Wetter, Feuchtigkeit oder Frost. Nach der Lese folgt der Ausbau des Weins im Keller. In diesem Jahr kommt eine zusätzliche Komponente hinzu: Corona. Größere Weinbauern beschäftigen Saisonarbeiter, die überwiegend aus osteuropäischen Ländern kommen. Diese müssen sich testen lassen und notfalls in Quarantäne, um in den Betrieben arbeiten zu können. Saisonarbeiter aus Rumänien müssen sich gleich dreimal testen lassen, da sie Ungarn und Österreich passieren, ehe sie Deutschland erreichen.
Nur zehn Personen dürfen gleichzeitig im Weinberg sein
Die kleineren Winzerbetriebe arbeiten hauptsächlich mit Familienmitgliedern oder Stammkräften aus dem Ort, berichtet Ullrich. Nur zehn Personen gleichzeitig dürfen im Weinberg sein. Die Weinbaubetriebe seien selbst daran interessiert, dass alles nach Vorschrift ablaufe, so der Winzer, denn wenn ein Infizierter bei einem Winzer arbeite, käme das einem "Supergau" gleich.

Auch in Sommerhausen ist Corona Thema: Die stellvertretende Landrätin Christine Haupt-Kreutzer, die zusammen mit Artur Steinmann, Präsident des fränkischen Weinbauverbandes, dort einen Weinberg besucht, ist sich der Verantwortung des Landratsamtes in dieser besonderen Zeit bewusst. "Genauso wie in allen anderen landwirtschaftlichen Betrieben müssen bei der Weinlese die Hygienebedingungen eingehalten werden", sagt sie. "Saisonarbeiter müssen im Landratsamt gemeldet werden und an der Grenze einen Corona-Test machen lassen." Zudem will das Gesundheitsamt Stichproben durchführen.
Artur Steinmann berichtet, dass der Frost in den Weinbergen an der Mainschleife und im Steigerwald gravierende Schäden angerichtet habe. 2019 habe es die geringste Ernte seit 1985 gegeben, und auch in diesem Jahr werde es nicht viel mehr werden. "Corona bringt auch für den Weinbau Schwierigkeiten mit sich", so Steinmann.
Weinlese wegen Corona-Auflagen ausschließlich mit Vollerntern
Florian Hofmann vom Weinbauservice in Heidingsfeld erklärt, dass er aufgrund der Corona-Auflagen die Weinlese zu 100 Prozent mit Maschinen, das heißt, mit Vollerntern durchführen wird. Kleinere Flächen, die mit der Hand gelesen werden, sollen in diesem Jahr hängen bleiben.
Matthias Stumpf vom Weingut Bickel-Stumpf (Frickenhausen/Thüngersheim) fühlt sich gut vorbereitet. In seinem Betrieb werden seit vielen Jahren Saisonarbeiter aus Rumänien beschäftigt, die fest angestellt sind. Wenn die Arbeiter ankommen, sind sie in Thüngersheim in separaten Wohneinheiten untergebracht, berichtet Stumpf. Mitglieder der Familie würden sie mit Lebensmitteln versorgen, so dass die Quarantäne-Zeit gewährleistet sei. Erst wenn negative Testergebnisse vorliegen, könne mit der Arbeit begonnen werden.
