Um 18.42 waren endgültig alle Träume von einer Sensation geplatzt. Fast regungslos starrten rund 2000 Besucher in den vollen Posthallen auf das dritte Tor der Brasilianer. Zuvor hatten die Fans eine Gänsehaut-Atmosphäre in die Hallen geschrieen - mit Gesängen wie sonst nur bei Deutschland-Spielen: "Steht auf, wenn Ihr für Ghana seid!" und "Auf geht's Ghana, schießt ein Toooor".
Frenetisch wurde jede gute Szene der Black Stars bejubelt. Exil-Ghanaer, aber auch andere Afrikaner heizten die Stimmung mit Anfeuerungsrufen und Trommeln immer wieder an. Massai Peter Partimo aus Kenia zum Beispiel. Der Zeitungsträger fieberte mit der ghanaischen Mannschaft als letztes afrikanisches Team im Turnier. Jetzt, nach dem Ausscheiden, drückt er Deutschland die Daumen.
Glücklich ist trotz der Niederlage der aus Ghana stammende Oberdürrbacher Bernard Boateng. Glücklich über das weltoffene, internationale Flair in der Stadt während der letzten Wochen als WM-Quartier. "Würzburg ist ein Stück multikultureller geworden. Das freut nicht nur uns Ghanaer, sondern alle Ausländer in dieser Stadt."
Anfeuerung wie für Deutschland
Ganz ähnlich Bürgermeister Dr. Adolf Bauer, der wie seine Kollegin Marion Schäfer in der Pause - da stand es 0:2 - die Hoffnung auf einen ghanaischen Erfolg noch nicht aufgegeben hatte. Beide unisono: "Sie spielen so traumhaft schönen Fußball, sie hätten die Tore verdient." Bauer zeigte sich beeindruckt, wie stark sich die Würzburger zum Schluss mit ihrem Gastland identifiziert haben - darunter sehr viele junge Leute. Aber auch Ältere seien angesteckt worden. Bauer hofft wie Oberbürgermeisterin Dr. Pia Beckmann, dass möglichst viele an diesem Mittwoch die ghanaische Mannschaft auf dem Marktplatz feiern. Sie wird gegen 1345 Uhr dort erwartet.
Beckmann hatte das gestrige Spiel live im Dortmunder Stadion verfolgt. Direkt nach dem Schlusspfiff versprach ihr Ghanas Verbandspräsident Kwesi Nyantakyi, dass sich die Mannschaft an diesem Mittwoch nochmals den Würzburgern präsentiert: "Wir wollen uns für die warmherzige Aufnahme bedanken." Um die Black Stars richtig zu feiern, hat die Oberbürgermeisterin gestern Abend spontan eine Idee geboren: So wie sich die Afrikaner mit Blumen für die Würzburger Gastfreundschaft bedankt haben (wir berichteten gestern), so hofft Beckmann nun, dass zum Empfang möglichst viele Bürger Blumen für die abreisende Gastmannschaft mitbringen.
Nicht nur in den Posthallen fieberten die Würzburger gestern mit ihrem Team. Viele Biergärten waren voll mit Fußball-Fans wie sonst nur bei Spielen der Klinsmänner. Und die Sympathien waren klar zu Gunsten der Afrikaner verteilt. So hatte sich Martina Schmidt im Postkutscherl mit Ghana-Girlande, Ghana-Ohrringen und Ghana-Button dekoriert und zog nach Ende etwas traurig von dannen: "Schade, dass das alles so schnell vorbei gegangen ist."