Für die Wirtschaft in Unterfranken war 2024 ein schwieriges Jahr voller schlechter Nachrichten. Doch es gab auch positive Schlagzeilen. Wer die prägenden Gesichter hinter all den Entwicklungen und Neuigkeiten sind, zeigt dieser Rückblick.
1. Thomas Höhn, IG Metall in Schweinfurt: Kümmerte sich um den Protest gegen Stellenabbau

Die Talfahrt der Auto- und Metallindustrie ist in der mainfränkischen Wirtschaft DAS große Thema des Jahres. Bei großen Betrieben wie ZF, Schaeffler, Preh, Valeo, Bosch Rexroth und Co. sollen in den nächsten Jahren insgesamt etwa 6000 Arbeitsplätze gestrichen werden.
Dagegen kommt in der Region massiver Widerstand auf. Zum Beispiel im Juni, als in Bad Neustadt 1000 Beschäftigte von Preh auf die Straße gehen. 3500 Menschen sind es Anfang November bei einer Großkundgebung in Schweinfurt.
Thomas Höhn steht dort als Erster Bevollmächtigter der IG Metall stellvertretend für den Widerstand gegen die Streichliste der Betriebe. Seine Kernaussage bei der Demo: "Wir sind in einer tiefen Krise."
2. Angelique Renkhoff-Mücke, Warema-Chefin aus Marktheidenfeld: War die mächtige Stimme bei Tarifverhandlungen

Auftragsflaute, Kostendruck, Stellenabbau: In solchen Zeiten tun sich Unternehmen schwer, ihren Beschäftigten mehr Lohn und Gehalt zu zahlen. Doch genau das fordert die IG Metall im Herbst bei den turnusmäßigen Tarifverhandlungen in Bayern – auch mit mehreren Warnstreiks in Mainfranken.
Die Aufgabe von Angelique Renkhoff-Mücke ist es seit 13 Jahren, als Verhandlungsführerin der Arbeitgeber einen Mittelweg zu finden. Mitte November schafft es die Chefin der Warema SE in Marktheidenfeld (Lkr. Main-Spessart) zusammen mit der Gewerkschaft.
Die ganze Nacht dauern die Verhandlungen in einem Hamburger Hotel. Nach 18 Stunden dann der Kompromiss: In zwei Stufen wird der Lohn um insgesamt 5 Prozent angehoben. Unter anderem für ihren ehrenamtlichen Einsatz erhält Renkhoff-Mücke im Dezember den Bayerischen Verfassungsorden.
3. Christian Schuchardt, Oberbürgermeister in Würzburg: Kämpfte für den Erhalt von Galeria Kaufhof

Wochenlanges Zittern in Würzburg: Ende April 2024 wird die Schließung von Galeria Karstadt Kaufhof verkündet. Anfang Juni folgt die Kehrtwende: Das Kaufhaus mitten in der Innenstadt bleibt erhalten.
Einer, der sich unter anderem mit Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) besonders für Galeria Karstadt Kaufhof einsetzt, ist Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt. Am Ende diverser Gespräche verkündet er im Juni: Die Galeria-Geschäftsleitung nimmt Würzburg aus der bundesweiten Liste der Filialschließungen heraus.
So gut läuft es für Schweinfurt nicht: Mitte Januar schließt wie angekündigt das Galeria-Kaufhof-Warenhaus am Jägersbrunnen.
4. Andreas Gerner, Landwirt aus Birnfeld: Protestierte mit anderen Bauern wochenlang

Was im Dezember 2023 begann, nimmt bis März 2024 an Schärfe zu: Wie im ganzen Land demonstrieren auch in Unterfranken Bauern wochenlang gegen die Agrar-Sparpläne der Bundesregierung. Es werden Mahnwachen gehalten, Straßen blockiert und Protestfahrten organisiert.
Immer wieder sorgen besonders harsche Aktionen für Schlagzeilen: In Würzburg kippen Unbekannte einen Misthaufen vor das Büro der Grünen, anderswo laden Landwirte Heuballen auf die Straße.
Wie aufgeladen die Stimmung ist, zeigt der Fall des Haßberge-Landrates Wilhelm Schneider: Gegen ihn richten sich in einer Chat-Gruppe des Vereins "Landwirtschaft verbindet Bayern" Morddrohungen und Beleidigungen. Das Amtsgericht Haßfurt verurteilt zwei Urheber zu Geldstrafen.
Wenngleich die Protestwelle im Frühjahr abebbt, bleibt die Situation der Bauern Diskussionsthema. Beispielhaft für die Landwirte zieht Andreas Gerner aus Birnfeld (Lkr. Schweinfurt) im September eine erste Bilanz: Für die Bauern im Land seien die Bedingungen nach wie vor schlecht.
5. Nathanael Laier, WeSort.AI in Würzburg: Holte den deutschen "Oscar" der Gründerszene

Künstliche Intelligenz zählt zu den bestimmenden Themen in der deutschen Wirtschaft. Das erst drei Jahre alte Unternehmen WeSort.AI aus Würzburg erzielt mit KI einen besonderen Erfolg: Es holt im September in Berlin den Deutschen Gründerpreis, der als Oscar der deutschen Gründerszene gilt.
Firmenchef Nathanael Laier entwickelte mit seinem Bruder Johannes ein System, das Müll mithilfe von Künstlicher Intelligenz genauer als bisher trennen kann und damit dessen Wiederverwertung optimiert. Es ist das zweite Mal binnen weniger Jahre, dass der Gründerpreis nach Mainfranken geht. iNDTact aus Würzburg holte 2016 den Oscar.
6. Oliver Greiner, Web Inclusion GmbH in Margetshöchheim: Bekam 20 Millionen Euro als Kapitalspritze

Es ist seit Jahren die größte Finanzspritze für ein Jungunternehmen in Mainfranken: 20 Millionen Euro bekommt die Web Inclusion GmbH aus Margetshöchheim bei Würzburg im November von mehreren Investoren, darunter Fußballstar Joshua Kimmich.
Web Inclusion wurde vor vier Jahren unter anderem von Oliver Greiner gegründet. Das Start-up hat das Programm Eye-Able entwickelt, mit dem Internetseiten barrierefrei gemacht werden können. Mittlerweile haben die Margetshöchheimer 2000 Kundinnen und Kunden in Europa.
7. Steve Iorio, Wirt in Bad Brückenau: Hält eine Kultkneipe am Leben

Steve Iorio steht als Beispiel für das Auf und Ab der mainfränkischen Gastronomie. Während vielerorts Traditionshäuser schließen, wagt der Wirt mit seiner Frau Renate den Neuanfang. In Bad Brückenau richtet das australisch-amerikanische Paar die geschlossene Kultkneipe "Klappe" her und eröffnet Anfang Dezember darin die Bar "Dahlia & Clover - Irish Cantina".
Es ist nicht die einzige gute Nachricht dieser Art in Mainfranken. So heißt es im Februar: "Das Szene-Lokal Kanapee in Kitzingen lebt wieder", weil ein neuer Pächter einzieht. Ähnliches geschieht im Dezember in der Bad Kissinger Kultkneipe "Eule".
8. Oliver Föst, Opti Wohnwelt in Niederlauer: Kämpft gegen Insolvenz und die Talfahrt

Nicht nur die Autoindustrie in Deutschland gerät 2024 in Schieflage, auch andere Wirtschaftsbereiche trifft es. Zum Beispiel den Möbelhandel, wo einer der Großen der Branche ins Straucheln gerät: Opti-Wohnwelt in Niederlauser (Lkr. Rhön-Grabfeld) geht im Juni 2024 "wegen anhaltend schwieriger Rahmenbedingungen" in die vorläufige Insolvenz.
Es folgt die Ankündigung, 10 der 40 Filialen zu schließen, darunter die in Würzburg. Wenige Monate später meldet Geschäftsführer Oliver Föst, dass sein Unternehmen das reguläre Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung begonnen hat.
9. Timo Rögele, Metzgermeister aus Gnodstadt: Bringt Handwerk und Tiktok zusammen

Es ist ein Klischee, aber es scheint zu stimmen: Handwerkerinnen und Handwerker tun sich eher schwer mit digitalen Werkzeugen und vor allem mit den sozialen Netzwerken. So jedenfalls sieht es Metzgermeister Timo Rögele in Gnodstadt im Landkreis Kitzingen.
Der 23-Jährige gehört zu den Gesichtern des Jahres, weil er außergewöhnlich intensiv auf YouTube und Tiktok für sein Handwerk wirbt. Mehrere Zehntausend Follower, die sich seine im Familienbetrieb gedrehten Videos anschauen, hat Metzger Rögele mittlerweile. Damit nicht genug: Der junge Handwerker will auf einer Tour durch Deutschland andere Metzgereien und Fleischereien ermutigen, ebenfalls in den Internet-Netzwerken aufzutreten.
10. Michael Bischof, Arbeitgeberverbände in Würzburg: "Mister Unterfranken" nimmt Abschied

25 Jahre lang war er in Unterfranken das Gesicht der mächtigen Arbeitgeber-Verbände vbw, vbm und bayme, jetzt ist Schluss damit: Michael Bischof geht im November in den Ruhestand. Nachfolger des 65-Jährigen als regionaler Geschäftsführer dieser Organisationen wird Thomas Weber.
Bischof wird bei seinem Abschied als hervorragender Netzwerker gewürdigt. Und das in wirtschaftlich schwierigen Zeiten: Gerade die in der Region wichtige Metall- und Elektroindustrie erlebt 2024 eine massive Talfahrt.
