Auch fast ein Jahr nach der fristlosen Kündigung einer Ärztin und ihres Vorgesetzten durch die Würzburger Universitätsklinik (UKW) geht der juristische Kleinkrieg um ihre Entlassungen weiter. Nun droht ein Gericht der Uniklinik mit Zwangsgeld, sollte sie den ranghöheren Arzt nicht zumindest vorübergehend weiterbeschäftigen.
Wie berichtet, wehren sich die beiden leitenden Mediziner arbeitsrechtlich gegen ihre Kündigungen und bestreiten alle erhobenen Vorwürfe. Im Raum stehen unter anderem mögliche OP-Fehler, Kompetenzüberschreitung und ein Totenschein, der falsch ausgestellt worden sein soll. Mittlerweile liegen die arbeitsrechtlichen Verfahren beim Landesarbeitsgericht (LAG) in Nürnberg.
Bei Nichtbeachtung muss die Uniklinik 15.000 Euro bezahlen
Dort hat der Arzt einen Teilerfolg erzielt: Das Gericht ordnete die Zwangsvollstreckung einer Einstweiligen Verfügung an. Danach muss die Klinik den Arzt vorläufig weiterbeschäftigen – zwar ohne Leitungsfunktion, aber zumindest bis zur Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht. Diese dürfte im Frühjahr stattfinden, sofern es nicht vorher zu einer Einigung kommt.
Der LAG-Beschluss sieht nach Auskunft eines Gerichtssprechers für das Uniklinikum die Zahlung eines Zwangsgeldes in Höhe von 15.000 Euro an die Staatskasse oder ersatzweise zwei Tage Haft vor, falls sie die Einstweilige Verfügung nicht umsetzt und den Mediziner nicht wieder beschäftigt. Nach Informationen dieser Redaktion ist der Mann aktuell weiterhin nicht in der Klinik tätig.

Ob die Uniklinik der Aufforderung des Gerichts nachkommt oder stattdessen das Zwangsgeld bezahlt, lässt Sprecher Stefan Dreising auf Anfrage offen: Man könne und dürfe "arbeitsgerichtliche Verfahren und Entscheidungen nicht kommentieren". Dies gelte auch für das weitere Vorgehen des Klinikums in dieser Angelegenheit.
Arbeitsgericht Würzburg: eine Kündigung bestätigt, die andere unwirksam
Die Kündigung des Arztes hatte das Arbeitsgericht Würzburg zwar wegen eines vermeintlichen Formfehlers der Uniklinik für unwirksam erklärt. Dennoch müsse sie den Mediziner nicht weiterbeschäftigen, hieß es – wegen der "Schwere der Vorwürfe".
So soll der Arzt die falsche Ausstellung des Totenscheins einer Patientin veranlasst haben. Der Beschuldigte bestreitet das. Vom Würzburger Arbeitsgericht wurde der Vorwurf noch nicht im Detail geprüft, das dürfte erst vor dem Landesarbeitsgericht Gegenstand der Berufungsverhandlung werden. Anders als das Gericht in Würzburg hält das LAG laut einer Entscheidung vom November deshalb eine vorläufige Weiterbeschäftigung des Mediziners für geboten.

Im Falle der Ärztin ist die Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg für Ende Februar angesetzt. Das Arbeitsgericht Würzburg hatte ihre Kündigung wegen einer Kompetenzüberschreitung im OP-Saal bestätigt. Sie hatte bei einer Operation mit tödlichem Ausgang der Patientin ein Kreislaufmittel gespritzt, obwohl dafür der Anästhesist zuständig gewesen wäre.
Strafrechtliche Ermittlungen: Gutachten sollen im Mai vorliegen
Neben der arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung hat die Staatsanwaltschaft Würzburg im Frühjahr 2024 strafrechtliche Ermittlungen gegen die beiden Mediziner aufgenommen. Untersucht werden 22 Eingriffe aus dem Jahr 2023, bei denen es zu Fehlern gekommen sein könnte. Ein anonymer Hinweisgeber hatte im Januar 2024 eine entsprechende Liste an die Polizei gegeben.
Erst im Oktober wurde ein Sachverständiger mit der Erstellung von 22 Einzelgutachten beauftragt. Offenbar tat sich die Staatsanwaltschaft schwer, einen Gutachter zu finden, der mit den betreffenden Ärzten weder zusammengearbeitet noch geforscht oder publiziert hat. Die Ermittler rechnen damit, dass die Gutachten erst im Mai vorliegen. Laut Polizei sind sie "richtungsweisend für die weiteren Ermittlungen".