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GROMBÜHL: Strenge Regeln: aufstehen, beten, zur Schule gehen

GROMBÜHL

Strenge Regeln: aufstehen, beten, zur Schule gehen

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    „Trotz mancher Strenge haben wir unsere Freiheiten gehabt“, fügt Margot Sellner hinzu, die sich selbst als „Kind“ der Jugendhilfe Wickenmayer bezeichnet, die 1907 mit Mitteln der Stiftung eingerichtet wurde.

    Abgesehen von einer Erziehungspause ist sie seit 1952 mit der Einrichtung verbunden: zunächst als Heimkind und jetzt als Hauswirtschafterin. Nachdem ihr Mann im Krieg gefallen war, musste ihre Mutter allein für drei Kinder sorgen. Glück im Unglück: 1952 wurde die kleine Margot in der „Wickenmayer'schen katholischen Kinderpflege“ aufgenommen, die fast 90 Jahre lang von den Erlöserschwestern betreut wurde. Auch heute schwärmt sie noch. „Ich habe eine frohe und gute Kindheit dort gehabt. Mir ging es sehr gut, ich habe nichts vermisst.“

    Nach ihrer Ausbildung zur Hauswirtschafterin arbeitete Margot Sellner noch in der Einrichtung, bis sie 1973 heiratete, einen Sohn bekam und eine Erziehungspause einlegte. Seit 1978 ist sie wieder im Dienst der Jugendhilfe Wickenmayer.

    Wie sah eigentlich das Zusammenleben damals aus? Die Mädels und Jungs lebten weitgehend getrennt. Nur am Montag war alles anders. Da war Waschtag und man traf sich lediglich zum Aufhängen der Wäsche. Gut erzogen, trugen die jungen „Kavaliere“ die schweren Wäschekörbe in den Garten. Den Rest erledigten die Mädchen.

    Zimmertür bleibt offen

    Ganz anders geht es heute zu. Die Mädchen dürfen gelegentlich auch Besuch von Jungs bekommen. „Aber die Zimmertür muss immer offen bleiben. Damit nichts passiert“, sagt Sabrina Visceglie. Sie kam vor zwei Jahren in die Einrichtung, weil sie in der Schule nicht zurecht kam und mit ihrer Mutter „argen Stress“ hatte.

    Jetzt klappt es in der Schule und einen Ausbildungsplatz als Restaurantfachfrau hat sie auch. Das Verhältnis zur Mutter, sagt die 17-Jährige, habe sich normalisiert. Dank der Unterstützung der Betreuer könnten sie nun miteinander umgehen, ohne dass die Situation eskaliert. Man lerne hier Dinge, die man vermutlich bei den Eltern nicht hätte lernen können. Am Anfang, gibt sie zu, seien einige Regeln im Heim für sie ungewohnt gewesen. Mit der Zeit habe sie sich daran gewöhnt. „Wir haben hier auch unsere guten und schlechten Zeiten. Wichtig ist, dass wir aufgebaut werden, wenn es uns nicht gut geht.“

    In guter Erinnerung hat auch Günther Seitz die Einrichtung. Die Mutter starb früh, 1956 verunglückte der Vater tödlich, da war er gerade neun Jahre alt. In der Wickenmayer'schen blieb er bis Ende 1961. Zu den damals vorherrschenden Erziehungsmethoden sagt er heute: „Man hat uns Disziplin beigebracht und alles, was für das weitere Berufsleben auch wichtig ist. Man wurde wirklich ins Leben eingeführt.“ Die Strafen seien nicht „martialisch“ gewesen. Dennoch habe man das nicht eingesehen, so lange man im Heim war. „Aber wenn man ins Berufsleben kommt, dann merkt man, was für ein Sinn alles gehabt hat.“

    Und weil es schön war, haben die Ehemaligen einen Fan-Club gegründet und treffen sich jeden zweiten Mittwoch im Monat.

    Stichwort

    Die Wickenmayer'sche Stiftung wurde1871 von dem Privatier Johann Valentin Wickenmayer und seiner Ehefrau Magdalena gegründet. Mit dem Stiftungsvermögen wurde 1907 die „Wickenmayer'sche katholische Kinderpflege“ errichtet. 2006 übernahm das Diakonische Werk die Trägerschaft. Seitdem wird die Einrichtung unter dem Namen „Jugendhilfe Wickenmayer – katholische Kinder-, Jugend- und Familienhilfe“ als Abteilung der Evangelischen Kinder- und Jugendhilfe geführt. Am Freitag, 13. Juli, findet ab 14.30 Uhr ein Jubiläums-Sommerfest statt.

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