Seit Donnerstag sind im ehemaligen Hotel und Gasthaus Zehnter in Gaukönigshofen etwa 50 Geflüchtete - darunter auch Familien mit Kindern -untergebracht. Die meisten kommen aus der Türkei. Auf Nachfrage heißt es von Geschäftsbereichsleiter Fabian Hollmann aus dem Landratsamt, dass es sich vor allem um Opfer des verheerenden Erdbebens im Februar handeln soll, "die nun wegen des nahenden Winters und auslaufenden Hilfen in der Türkei das Land verlassen haben".
Weitere 30 Personen sollen nächste Woche folgen. Wenige Tage zuvor war eine neue Notunterkunft in Sommerhausen eingerichtet worden. Hintergrund ist, dass dem Landkreis Würzburg aus der Anker-Einrichtung in Geldersheim wöchentlich derzeit 50 Personen zugewiesen werden, die untergebracht werden müssen. Eine Herausforderung, die Landrat Thomas Eberth Sorgenfalten auf die Stirn treibt. "Wir brauchen Wohnraum, Wohnraum und nochmals Wohnraum", sagt er.
Turnhallen sollen als allerletzte Möglichkeit herangezogen werden
Beim Mediengespräch im Landratsamt Würzburg schildert er die aktuelle Lage, geht aber auch auf Gerüchte ein, die er direkt aus dem Weg räumen will: "Da werden Ängste geschürt, dass der Landrat den Kindern den Sportunterricht nehmen will, weil die Turnhalle oder Mehrzweckhalle für Geflüchtete gebraucht wird." Das stimme so nicht, denn erstens werde im Moment alles dafür getan, dass Turnhallen nicht herangezogen werden müssten und "zweitens, auch wenn es der Fall sein sollte, würden wir uns um Alternativen für den Sportunterricht oder auch Faschingsveranstaltungen kümmern", so Eberth.

Sorgen bereite ihm derzeit die etwas stockende Gesundheitsversorgung für die Geflüchteten. Bei so vielen Menschen auf engem Raum brauche es mehr medizinische Betreuung. Auch was zukünftiges Personal in Notunterkünften angeht - vom Kümmerer vor Ort über die Security bis hin zum Catering -werde es angesichts der großen Personalnot in vielen Bereichen nicht einfacher.
Sommerhäuser Bürger wollen sich engagieren
Während es in Güntersleben kurz vor der Inbetriebnahme der dortigen Notunterkunft im Industriegebiet vor eineinhalb Monaten reichlich Wallung innerhalb der Bevölkerung gegeben hatte, sei es in Sommerhausen und Gaukönigshofen ruhiger verlaufen, teilt der Landrat auf Nachfrage mit. Es habe jeweils eine Infoveranstaltung gegeben. Zwar seien auch dort Bedenken von Seiten der Bevölkerung geäußert worden, so Eberth. Aber besonders in Sommerhausen sei spürbar gewesen, "dass die Bürgerinnen und Bürger sich dafür engagieren möchten, Geflüchteten Beschäftigungsangebote zu machen".

Insgesamt 554 Menschen muss der Landkreis nach dem Königsteiner Schlüssel noch aufnehmen, um sein Soll zu erfüllen, so der Landrat. Die Situation wäre wesentlich entspannter, wenn es nicht 664 Fehlbelegungen gäbe, meint Eberth. Laut Geschäftsbereichsleiter Fabian Hollmann bezieht sich der Begriff auf diejenigen Geflüchteten, die bereits anerkannt sind und sich legal im Land aufhalten, aber auf dem schwer umkämpften Wohnungsmarkt keine geeignete Wohnung finden.

Könnte das Kloster Fährbrück eine Lösung bringen?
Hoffnung äußert der Landrat in Richtung der Immobilie des Kloster Fährbrück in der Gemeinde Hausen. Wie berichtet ließe die Struktur des Klosters es zu, dass relativ schnell selbst Familien mit zwei oder drei Kindern dort untergebracht werden könnten. Eberth bestätigt, dass es diesbezüglich noch Gespräche mit der Diözese gebe. Überlegungen gingen derzeit dahin, dass der Ort der richtige sein könnte, um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unterzubringen.
Auch weitere Möglichkeiten der Flüchtlingsunterbringung in kirchlichen Räumlichkeiten wie beispielsweise in leer stehenden Pfarrhäusern wolle man ausloten und dabei versuchen, die Kirche mehr in die Pflicht zu nehmen.

Auch was die Fuchsenmühle in Ochsenfurt angeht, seien Überlegungen nicht vom Tisch, so Eberth. Das ehemalige Seniorenzentrum hatte im Januar dieses Jahr Insolvenz angemeldet, schon im April war die Einrichtung geschlossen worden. Der Eigentümer – die Immobiliengesellschaft Grand City Property (GCP) - hatte nach Informationen der Redaktion der Regierung von Unterfranken bereits im Februar signalisiert, sich vorstellen zu können, die Fuchsenmühle auch als Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende anzubieten. Konkretisiert hatte sich das aber zunächst nicht. Jetzt hat der Landkreis bei der Stadt Ochsenfurt aber eine Veränderungssperre beantragt - und steht in Verhandlungen.
Weitere Überlegungen gehen in Richtung Bungalows auf dem Campingplatz, Wohncontainer oder das Anmieten eines Tourismusschiffes. Die Situation jedenfalls bleibt angespannt: "Im Austausch mit Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern unserer Gemeinden kämpfen wir uns Woche für Woche weiter."
Geflüchtete im Landkreis WürzburgDerzeit sind in Unterfranken 30 115 Geflüchtete untergebracht, im Landkreis Würzburg sind es 3200 Personen. 1515 Geflüchtete von ihnen leben in staatlichen Unterkünften, also in vier Gemeinschaftsunterkünften der Regierung von Unterfranken (269 Personen) und in 54 Einrichtungen des Landkreises (1246 Personen). Die meisten Menschen kommen derzeit aus der Ukraine (36 Prozent), aus Afghanistan (30 Prozent) und Syrien (13 Prozent) gefolgt von Somalia (12 Prozent). Nach Informationen des Landratsamtes wird der Anteil der Flüchtlinge aus der Türkei stark ansteigen.Nach dem Königsteiner Schlüssel werden die Geflüchteten auf die Bundesländer verteilt. Der Landkreis Würzburg erfüllt seine Quote im Moment zu 85 Prozent, das heißt, es fehlen noch 554 Personen.Quelle: Landratsamt Würzburg/kgh