Jahrelang sorgte die 700 Kilometer lange SuedLink-Trasse für heftigen Bürgerprotest, weil sie mit Strommasten geplant war. Ende 2015 entschied der Bundestag, dass die Kabel vorrangig unter der Erde verlegt werden sollen. Was bedeutet der Hochvolt-Gleichstrom für die Äcker? Nun gibt es dazu erste Erkenntnisse – in Güntersleben bei Würzburg.
Weil die Erdkabel während des Betriebs warm werden, prüft die zuständige TransnetBW GmbH aus Stuttgart auf einem 88 mal 60 Meter großen Feld am nördlichen Ortsrand von Güntersleben die Auswirkungen auf Bodengüte und Pflanzen in der Umgebung. Wie sensibel sind die Daten? Die wichtigsten Antworten auf einen Blick.
Was man bislang über die Einflüsse der unterirdischen SuedLink-Stromkabel auf Natur und Landwirtschaft weiß
TransnetBW hat betont, dass die Felder später ganz normal weiterbewirtschaftet werden können, wenn die Kabel dort 1,50 Meter tief in der Erde liegen. Die Äcker dürfen allerdings nicht bebaut werden.
Was die Wärme der Stromleitungen angeht, ist sich Versuchsleiter Karl Wieland von TransnetBW schon sicher: Der auf mehrere Jahre angelegte Dauertest in Güntersleben werde "keine unliebsamen Überraschungen" bringen. Die schlimmsten Befürchtungen der Kritikerinnen und Kritiker seien bislang nicht eingetreten.

Der 67-jährige Agrarleiter schließt das aus den bisherigen Daten des im Herbst 2021 eingerichteten Versuchsfeld bei Güntersleben. Dort wurde 2022 Gerste angebaut. In zwei Reihen liegen mit Sensoren und Kabeln ausgestattete Metallrohre, die elektrisch beheizt werden und die den Echtbetrieb der SuedLink-Stromtrasse simulieren sollen. In einer dritten Reihe ohne Rohre wird untersucht, ob und wie allein das Aufgraben und Wiederverfüllen des Erdreichs die Bodengüte stört.
Der Versuch läuft laut Wieland bis mindestens Ende 2025 und wird von zwei Doktoranden der landwirtschaftlich ausgerichteten Uni Hohenheim wissenschaftlich begleitet. Am Ende würden "Millionen von Messdaten" vorliegen. Auf dem Test-Feld laufen die Sensordaten via Kabel in einem Container zusammen, von wo aus sie via Cloud der Uni zur Verfügung gestellt werden.

Wie ist der Günterslebener Versuch einzuordnen?
TransnetBW will grundsätzlich wissen, welchen Einfluss die Wärme von Gleichstrom-Erdkabeln auf Böden und landwirtschaftliche Kulturpflanzen haben. Weil das von Untergrund zu Untergrund unterschiedlich sein kann, hat das Unternehmen auch in Großrinderfeld und Boxberg (beide Main-Tauber-Kreis) sowie bei Bad Friedrichshall solche Versuchsfelder angelegt. Dort ist der Ackerboden anders als auf dem Feld in Güntersleben, wo er als steinig und eher minderwertig gilt.
Was die Versuche auf den vier Feldern am Ende ergeben, soll TransnetBW-Bürgerreferent Christopher Göpfert zufolge später in Verhandlungen mit Landwirtinnen und Landwirten einfließen - zum Beispiel wenn es um Entschädigungsansprüche in Folge der Trasse geht. Abgesehen davon wolle TransnetBW die Bauern über die Einflüsse der Stromleitungen grundsätzlich informieren.
Nicht untersucht wird in Güntersleben laut Agraringenieur Wieland, was die "SuedLink-Fußbodenheizung" mit den Kleinstlebewesen im Ackerboden macht. Gewisse Rückschlüsse ließen sich aber ziehen, wenn man regelmäßig den Bewuchs der Felder fachmännisch beobachte.

Was passiert, wenn beim Versuch für SuedLink kritische Ergebnisse herauskommen?
"SuedLink wird auf jeden Fall gebaut", sagt TransnetBW-Bürgerreferent Göpfert. Die Ergebnisse des Günterslebener Versuchs würden daran nichts ändern – egal, wie sie bis 2025 ausfallen.
Sollten Landwirte später einmal feststellen, dass die SuedLink-Stromleitungen schädlich für die Bewirtschaftung ihrer Äcker sind, dann sollten sie sich bei TransnetBW melden, so Agraringenieur Wieland. Dann werde man über Entschädigungen verhandeln.
Dieses Vorgehen ist Teil der Rahmenvereinbarung der Übertragungsnetzbetreiber Tennet und TransnetBW, die im Dezember mit mehreren Bauernverbänden entlang der geplanten Trasse abgeschlossen wurde. Darin steht, wie viel Geld für Schäden gezahlt wird, die mit Bau und Betrieb der SuedLink-Verbindung zusammenhängen. Nutznießer sind alle jene, die Felder besitzen oder bewirtschaften, durch die die Trasse verlaufen wird.
Was ist mit den Folgen von elektrischen oder magnetischen Feldern der Stromleitungen?
Göpfert zufolge werden die elektrischen Felder vom Schutzmantel der SuedLink-Kabel gedämpft, so dass keine schädlichen Auswirkungen auf die Umgebung zu erwarten seien.
Was die magnetischen Felder angeht, würden die Stromleitungen unter dem vom Bundesamt für Strahlenschutz vorgeschriebenen Grenzwert von 500 Mikrotesla liegen. An der Erdoberfläche über den Leitungen werde der Wert bei etwa 200 Mikrotesla liegen. Ein Mikrotesla ist ein Millionstel Tesla, was die Maßeinheit für die Stärke eines magnetischen Feldes ist.
Wie viel kosten die Versuche von TransnetBW?
Sieben bis acht Millionen Euro investiert TransnetBW laut Referent Göpfert in die Versuche in Güntersleben, Großrinderfeld, Boxberg und Bad Friedrichshall. SuedLink wird nach Angaben der Betreiber voraussichtlich zehn Milliarden Euro kosten. Kritiker sprechen von bis zu 250 Milliarden Euro.

SuedLink und der ProtestUm Strom von den Windkraftanlagen im Norden Deutschlands in die Ballungsräume im eher windarmen Süden zu bringen, soll die ca. 700 Kilometer lange Gleichstrom-Verbindung SuedLink 2028 in Betrieb gehen. Gebaut wurde im süddeutschen Abschnitt bislang noch nichts, dort stehen noch die Planfeststellungsverfahren an. Erst danach können Bagger anrücken. Zu SuedLink gehören zwei weitgehend parallel verlaufende Trassen: eine endet in Bergrheinfeld bei Schweinfurt, die andere in Großgartach bei Heilbronn.Proteste gegen SuedLink gibt es seit Jahren vor allem in Bergrheinfeld, wo ein Konverter gebaut werden soll. Er wandelt Gleichstrom in alltagstauglichen Wechselstrom um. Gegnerinnen und Gegner halten SuedLink für überzogen.Juristischer Kampf: Im südlichen Landkreis Schweinfurt zum Beispiel hat ein Landwirt durchgesetzt, dass TransnetBW im April auf seinem Acker keine Bagger für Vorarbeiten einsetzen darf. Wie die Kanzlei Baumann in Würzburg gerade mitgeteilt hat, hatte sich ihr Mandant gegen eine Anordnung der Bundesnetzagentur gewehrt, die ihm die Duldung der Baggerarbeiten auferlegt hatte. Das Landratsamt Schweinfurt habe dem nun widersprochen, so die Kanzlei.aug