Schulchaos am ersten Tag des harten Lockdowns: Die Lernplattform Mebis des Kultusministeriums ist am Mittwochmorgen zusammengebrochen, in weiten Teilen Bayerns fiel der Distanzunterricht deshalb aus. Schüler und Lehrer, die versuchten, sich in Mebis anzumelden, bekamen die Ansage "Sie werden weitergeleitet“. Doch eine Weiterleitung erfolgte nicht oder nur ausnahmsweise.
"Bei uns ist Mebis komplett abgestürzt“, berichtet der Leiter des Würzburger Riemenschneider-Gymnasiums, Klaus Gerlach. Er habe dies in der Notbetreuung von Schülern mitverfolgen können: "Das System scheint überlastet zu sein, weil bayernweit alle Schüler und Lehrer gleichzeitig zugreifen“, so Gerlach. Von einem "Mebis-Totalausfall“ sprach auch der Vize-Leiter des Veitshöchheimer Gymnasiums, Bernhard Brunner. Ungezählte weitere Schulen in der Region und im Freistaat waren betroffen.
"Alle umgesetzten Maßnahmen zeigen bisher nicht die Wirkung, die ich mir wünsche. Das ist für mich nicht akzeptabel."
Kultusminister Michael Piazolo (FW)
Am Mittwochmittag gab Bayerns Kultusministerium den Ausfall zu: "Aufgrund der stark gestiegenen Nutzung von Mebis zeigen sich derzeit Probleme in Form von erhöhten Wartezeiten oder vorübergehende Nichterreichbarkeit des Systems“, hieß es in einer Pressemitteilung. Michael Piazolo (FW), als Kultusminister verantwortlich für den Systemausfall, ließ sich darin zitieren mit der Aussage: "Alle umgesetzten Maßnahmen zeigen bisher nicht die Wirkung, die ich mir wünsche. Das ist für mich nicht akzeptabel.“
Piazolo versprach, es werde nach Weihnachten für "die Schulen, die Mebis nutzen, eine Lösung geben“. Noch im Oktober hatte Piazolo für Bayern den "Digital-Turbo" versprochen.

Doch nicht nur Mebis versagte am Mittwochmorgen, auch andere Systeme machten aufgrund hoher Zugriffszahlen Probleme. "Wir haben uns aufgrund der Erfahrungen im ersten Lockdown Mebis verzichtet und nutzen Schulcloud“, berichtete der Leiter der Friedenschule in Schweinfurt, Tomi Neckov. Auch der Zugriff auf dieses System gelang am Mittwoch nicht. „Unsere Lehrer sind damit beschäftigt, die Schüler und Eltern abzutelefonieren oder sie anderweitig zu erreichen, um mitzuteilen, dass wir jetzt auf die Plattform Teams umsteigen“, sagte der Schulleiter. „Es ist schon ein ziemliches Durcheinander, zu einem richtigen Unterricht kommen wir heute nicht.“
Sorgen bereitet Neckov auch, dass die von München versprochenen Schüler-Laptops immer noch fehlten. Einige Schüler seien deshalb nicht erreichbar und gingen "verloren". Die kommerzielle Lernplattform „Teams“ funktionierte unterdessen Schulleitern zufolge gut, ebenso wie etliche schulinterne Systeme.

Von Eltern, die das schulische Digitalchaos mitbekamen, hagelte es Kritik. "Ich habe viele Mails bekommen von Eltern, die einfach kein Verständnis mehr für Kultusminister Piazolo zeigen wollen“, berichtet Helmut Celina aus Würzburg, Vize-Vorsitzender des Bayerischen Landeselternverbands. Celina zufolge konnten die Eltern dem Minister den Mebis-Absturz zu Beginn des ersten Lockdowns verzeihen. "Aber dass Piazolo die Erarbeitung eines schlüssigen Digital-Konzepts seither verschlafen hat und dass das System trotz langer Vorbereitungszeit wieder versagt, das wollen die Eltern jetzt nicht mehr mittragen.“
"Kultusminister Michael Piazolo hat wertvolle Zeit verstreichen lassen, ohne digitales Lernen entscheidend voranzubringen."
Simone Strohmayr, bildungspolitische Sprecherin der SPD
Massive Kritik kommt auch aus der bayerischen Landtagsopposition. Von "schlechter Vorbereitung", spricht der bildungspolitische Sprecher der Grünen, Max Deisenhofer. "Untragbar" nennt Simone Strohmayr, bildungspolitische Sprecherin der SPD, die erneuten Mebis-Probleme. "Seit dem ersten Lockdown vor neun Monaten weiß Kultusminister Piazolo, dass Lernplattformen unverzichtbar sind. Er hat wertvolle Zeit verstreichen lassen, ohne digitales Lernen entscheidend voranzubringen“, so Strohmayr, die bei einem Scheitern des Digitalunterrichts eine Anpassung der Lehrpläne, Noten und Abschlüsse fordert und die Überlastung von Schülereltern beklagt.