Miteinander essen, basteln, sich bewegen, den Tag mit Gesellschaftsspielen oder Gedächtnistraining füllen - all das erlebt die bald 97-jährige Agnes Obermaier fünf Tage in der Woche. Sie ist beim Pflegedienst Soleo in der Tagespflege, abends zum Schlafen kehrt sie ins eigene Heim zurück, wo ihr ein ambulanter Dienst zur Hand geht. "Es ist fantastisch in der Tagespflege. Das Schönste ist, nicht allein zu sein", sagt die hochbetagte Seniorin, lächelt und beißt in ihr Kuchenstück - einen leckeren Rotweinkuchen.
Die gebürtige Münchnerin kam vor einiger Zeit nach Würzburg, weil die Tochter hier arbeitet und sie in einer Senioreneinrichtung in der Nähe unterbrachte. Binnen kurzer Zeit baute Obermaier dort aber unverhältnismäßig schnell ab. "Ich wurde einfach liegengelassen", beschreibt sie. Ihre Tochter suchte nach einer anderen Lösung und stieß auf die Möglichkeit der Tagespflege. Hier ist die Seniorin wieder aufgeblüht und genießt nun ihren Lebensabend.
Die Tagespflege publik machen
Neben Obermaier berichten drei weitere Betroffene bei einem Termin im Sozialreferat über ihre Erfahrungen in der Tagespflege. "Denn während die Wartelisten für Plätze in Senioren- und Pflegeinrichtungen - ähnlich auch in der Sozialstation - lang sind, gibt es in der Tagespflege noch genügend freie Plätze", erklärt Sozialreferentin Hülya Düber. Dabei böten die insgesamt acht Würzburger Tagespflege-Einrichtungen den Seniorinnen und Senioren ein attraktives Tagesprogramm, Beschäftigungsangebote und zugleich eine individuelle Betreuung.

"Es ist eine Abwechslung zum Alltag in den eigenen vier Wänden und pflegende Angehörige haben Zeit für eigene Anliegen. Sie können Besorgungen erledigen, ebenfalls soziale Kontakte pflegen oder sich einfach eine Auszeit nehmen", fasst Ralf Lutz von der Tagespflege Soleo zusammen. Denn oft sei der Leidensdruck zu Hause hoch, Auszeiten für pflegende Angehörige gebe es kaum. "Dieses durchaus attraktive Angebot bekannter zu machen ist uns ein wichtiges Anliegen", so Hendrick Lütke vom Fachbereich Seniorinnen und Senioren der Stadt Würzburg.
Warum es bisher nicht so angenommen werde, lasse sich nur vermuten: "Sicher ist ein Grund auch, dass für die älteren Menschen eine Hemmschwelle besteht oder auch Ängste aufkommen, dort einfach für den Tag abgegeben zu werden", sagt Ines Klein vom Pflegestützpunkt für die Stadt Würzburg. Dieses Vorurteil gelte es abzubauen, darin sind sich alle einig.
Kreativität der älteren Menschen wird angeregt
Auch die 83-jährige Renate Henneberger und die 69-jährige Christa Köhler besuchen die Tagespflege, allerdings im Caritas-Seniorenzentrum St. Thekla und sind sehr zufrieden. "Ich habe viele tolle Gespräche hier und lerne noch viel von den Älteren um mich herum", so Köhler, die an MS erkrankt ist und von der Tagespflege begeistert ist. Es werde viel gesungen, gebastelt und die Kreativität angeregt. "Und morgens wird man herzlich begrüßt", erzählt Henneberger. Auch Bingo spielen oder die regionale Zeitung lesen steht auf dem Plan.

Wer es lieber ruhiger mag, der könne sich ein Plätzchen zum Lesen oder ausruhen suchen, berichtet Ralf Lutz von der Tagespflege Soleo. Niemand werde gezwungen, aktiv sein zu müssen, bestätigt auch seine Kollegin von St. Thekla, Monika Reis.

Erleichterung für pflegende Angehörige
Die betroffene Angehörige Christiane Stein indes berichtet, wie ihr anstrengender Alltag mit dem parkinsonkranken Ehemann durch die Tagespflege erleichtert wird. "Dort ist er in guten Händen und ich kann mal in Ruhe einkaufen gehen oder die Wohnung richten." Sie möchte ihrem Mann auch noch so viel Lebensqualität wie möglich bieten.
Die personelle Situation im Bereich der Tagespflegeeinrichtungen sei im Vergleich zur ambulanten und stationären Altenhilfe nicht von einem Fachkräftemangel geprägt, erklärt Sozialreferentin Düber weiter. Im Gegenteil sei dieses Versorgungs- und Betreuungsangebot bei Pflegehilfs-, und Fachkräften ein beliebtes Engagementfeld. In Zahlen benannt, so Düber, gebe es derzeit täglich zwischen 21 bis 27 unbesetzte Plätze in der Stadt Würzburg. "In der Woche sind es 123 Plätze, die nicht genutzt werden. Das heißt, wir wollen 6o Seniorinnen und Senioren zweimal in der Woche dafür gewinnen, von dem Angebot Gebrauch zu machen."
Was die Kosten angeht, klärt Lutz von Soleo auf: "Viele Interessenten sind sich nicht bewusst, dass ihnen bei Vorliegen eines Pflegegrades von der Pflegekasse ein spezielles Budget nur für Tagespflegeeinrichtungen zur Verfügung gestellt wird." Für den Eigenanteil (etwa 25 Euro pro Tag) gebe es Möglichkeiten, den so genannten Entlastungsbetrag zu nutzen.
Angebote der Tagespflege in WürzburgFolgende Einrichtungen bieten die Tagespflege an: Bischof-Scheele-Haus (Caritas), Caritas-Seniorenzentrum St. Thekla, Hans-Sponsel-Haus (AWO), Marie-Juchacz-Haus (AWO), Matthias-Claudius-Heim (Diakonie), Schönblick Tagespflege Sr. Jolanta, Soleo Aktiv GmbH, Tagespflege Villa Schenk.Weitere Info und Beratung: kontakt@pflegestuetzpunkt-wuerzburg.infoQuelle: kgh/Stadt Würzburg