Auf Unverständnis und Kritik ist die Meldung gestoßen, dass sich Betroffene von Gewalt und sexuellem Missbrauch durch Maßnahmen der Corona-Politik schwer belastet fühlten. Der Druck von Politik, Kirchen und Ethikräten auf Ungeimpfte würde sie an ihre Missbrauchssituation erinnern und retraumatisieren.
Verbreitet hatte die Mitteilung die Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen mit Sitz in Siershahn (Rheinland-Pfalz). Zitiert wurden darin auch Betroffene aus dem Bistum Würzburg. Für Kritik sorgten indes vor allem die zitierten Äußerungen des bekannten Jesuitenpaters Klaus Mertes, der großes Verständnis für die Betroffenen gezeigt hatte und von "Hetze gegen Ungeimpfte" spricht.
Der Theologe Bernhard Rasche, selbst ein Missbrauchsbetroffener im Bistum Würzburg, schrieb auf die Mitteilung der Initiative hin einen Offenen Brief an Mertes: "Sie versuchen hier die Weigerung sich impfen zu lassen mit einer erneuten 'Retraumatisierung' zu begründen und reden sogar von 'Schwarzer Pädagogik'. Nichts davon ist angezeigt und nichts davon entspricht der Realität", schreibt Rasche. "Ich wehre mich als Betroffener von sexualisierter Gewalt mit Entschiedenheit dagegen, dass hier 'Missbrauch' ins Feld geführt wird, um persönliche Entscheidungen zu glorifizieren."
Impfen habe mit Missbrauch nichts zu tun, betont Rasche und fügt hinzu: "Wenn ich Ihrer 'Argumentation' folgen würde, dann müsste ich mich gegen die Pflicht den Sicherheitsgurt anzulegen wehren, denn dies retraumatisiert mich, weil ich als Kind gefesselt wurde."

Es gebe Menschen, die sich aus bestimmten Gründen nicht impfen lassen könnten, sagt der Theologe, der in Kontakt mit vielen Missbrauchsbetroffenen steht. Darunter seien "Menschen, die in Kinderheimen illegalen Medikamentenversuchen ausgesetzt waren und nach wie vor eine Heidenangst vor allem haben was nach Medikamenten riecht", sagt Rasche. "Diese kann ich gut verstehen und ihre Ängste nachvollziehen."
Auf seinen Brief an Mertes, den er auch auf Facebook veröffentlicht hat, habe er bereits viel zustimmende Reaktionen erhalten, sagt Rasche. Auch von Missbrauchsbetroffenen. Mertes, der 2010 die Missbrauchsfälle im Canisius-Kolleg in Berlin bekannt gemacht hatte und damit die Aufarbeitung in der deutschen katholischen Kirche anstieß, habe bislang nicht reagiert.