Dass die alte Dame nach ihrem Tod vom städtischen Bestattungsdienst zur „Kommissionsware“ gemacht wurde, kam so:
Die Tochter von Johanna S. alarmierte den Hausarzt, als sie ihre Mutter morgens tot im Bett fand. Der Mediziner machte eine Leichenschau und stellte fest, dass Johanna S. einer Krankheit, an der sie seit einigen Jahren litt, erlegen war.
Die Familie entschloss sich, den städtischen Bestattungsdienst mit der Beisetzung zu beauftragen. Die Bestatter nahmen Johanna S. mit und bis zur Beerdigung blieb sie im Kühlraum des Hauptfriedhofs. Nach der Beisetzung bekam die Familie der Verstorbenen die Rechnung des Bestattungsdienst, in der auch die Leichenschaugebühren des Hausarztes aufgeführt waren.
Wenig später traf in der Praxis dieses Arztes ein Schreiben ein. Unter dem Briefkopf der Stadt Würzburg teilte der städtische Bestattungsdienst dem Mediziner mit, dass ihm die Leichenschaugebühr von 63,75 Euro „in den nächsten Tagen“ auf sein Konto überwiesen werde. Überschrieben war der Formbrief mit den fett gedruckten Worten „Abrechnung/Gutschrift von Kommissionsware“. Die Arzthelferinnen, die das Schreiben bearbeiteten, sind heute noch empört. „Unsere verstorbenen Patienten sind keine Kommissionsware“, sagen sie, „so darf man tote Menschen doch nicht bezeichnen“.
Steffen Schmitt vom städtischen Bestattungsdienst gibt zu, dass der Begriff „Kommissionsware“ im Zusammenhang mit Verstorbenen „ein bisschen blöd klingt“. Aber „aus buchhalterischer Sicht“ handele es sich bei den Toten, um deren Beisetzung der Bestattungsdienst sich kümmert, nun mal „um Waren“, sagt er auf Anfrage der Main-Post.
„Das Kind muss ja einen Namen haben“
Steffen Schmitt vom städtischen Bestattungsdienst
Der Bestattungsdienst liste alle Dienstleistungen, die für die Verstorbenen erbracht worden sind, in einer Rechnung an die Angehörigen auf, sagt Schmitt. Dort tauche das Wort Kommissionsware nicht auf, versichert er.
Das erscheine „nur in den Abrechnungen“, die an die Arztpraxen verschickt werden. „Die Leichenschaugebühr ist für uns ein Durchlaufposten“, erklärt er, „dieses Geld steht den Ärzten zu und wird von uns eins zu eins an diese weitergegeben“.
Richtig glücklich ist Steffen Schmitt mit dem Begriff Kommissionsware nicht. „Aber das Kind muss ja einen Namen haben“, sagt er. Die Familie von Johanna S. ist entsetzt. „Tote als Kommissionsware zu bezeichnen ist eine unverzeihliche Respektlosigkeit“, sagt der Enkel.