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WÜRZBURG: Tracker: Die digitale Vermessung des Läufers

WÜRZBURG

Tracker: Die digitale Vermessung des Läufers

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    Zeit, Strecke, Herzfrequenz - das alles können die sogenannten Fitness-Tracker automatisch messen. Was gut sind die Geräte aber und was werden sie in Zukunft können?
    Zeit, Strecke, Herzfrequenz - das alles können die sogenannten Fitness-Tracker automatisch messen. Was gut sind die Geräte aber und was werden sie in Zukunft können? Foto: Foto: ra2 studio/fotolia.com

    Die Digitalisierung hat auch beim Laufsport nicht Halt gemacht – durch die sogenannten Fitness-Tracker. Für manche sind sie beim Training kaum wegzudenken, für andere unnötiger Ballast am Handgelenk und eine Gefahr für den Schutz persönlicher Daten.

    Auch früher hat man schon dokumentiert

    Im Grunde ist das ein alter Hut, sagt der Sportwissenschaftler Billy Sperlich von der Universität Würzburg. „Es gab früher schon Training-Nerds, die alles akribisch auf Papier dokumentierten.“ Laufzeit, Streckenlänge, welche Schuhe man getragen hat, welches Wetter war – all das und mehr wurde sauber in Tabellen eingetragen und versucht, daraus Rückschlüsse auf ein besseres Lauftraining zu ziehen.

    Heute erledigen die Datenerfassung beim Laufen – und bei anderen Sportarten – die Tracker, ganz automatisch. Kleine, mit Sensoren ausgestattete Geräte, die meist am Handgelenk in Form einer Uhr getragen werden. Aber auch Smartwatches wie die AppleWatch oder Samsung Gear können beispielsweise die Herzfrequenz messen und damit als Fitness-Tracker dienen. In gewissem Umfang genügt oft schon ein Smartphone.

    Tracker sind ein attraktiver Markt

    Die Vielfalt der Tracker ist ebenso groß wie die Preisspanne und die Schar der Anbieter. Lag im Jahr 2014 der Umsatz mit den Geräten in Deutschland bei knapp 40 Millionen Euro, waren es laut dem Portal Statista im Jahr 2017 bereits gut 140 Millionen Euro. Ein lukrativer Markt, aber hart umkämpft. „Und das ist ein großes Problem“, sagt Sperlich, der in einer Studie viele Geräte getestet hat. Tracker sind angesagt, der Wettbewerbsdruck der Hersteller ist dementsprechend hoch. Die Geräte seien selten nach wissenschaftlichen Kriterien getestet. Das koste Geld und Zeit, beides wollen Firmen oft nicht investieren.

    Die Messinstrumente in den Fitness-Armbändern sind vielfältig: Puls, Blutdruck, Blutsauerstoff, Außentemperatur, Luftdruck, Schritte, Beschleunigung, die Position über GPS – diese und andere Daten können die kleinen Sportcomputer erfassen. Unter Umständen, wie bei GPS, können die Funktionen des drahtlos verbundenen Smartphones genutzt werden.

    So wird der Pulsschlag gemessen

    Die Sensoren verwenden teilweise ausgefeilte Techniken zur Messung. Interessant ist zum Beispiel die Pulsmessung. Von der Innenseite des am Handgelenk getragenen Trackers werden über eine LED ständig grüne Lichtimpulse in Richtung Haut geschickt. Ist durch den Herzschlag gerade mehr sauerstoffreiches Blut in dem Gewebe dort angekommen, reflektiert das rote Blut auch vermehrt den roten als den grünen Anteil des Lichts. Der Sensor kann also durch die Messung der Intensität des reflektierten grünen Lichts ablesen, ob mehr Blut durch das Handgelenkt gepumpt wird – ein Pulsschlag –, oder eben nicht.

    „Noch vor wenigen Jahren war die Herzfrequenzmessung über einen Brustgurt mit Abstand am besten“, sagt Sperlich. Mittlerweile habe sich aber die LED-Messung am Handgelenk verbessert und könne brauchbare Ergebnisse liefern. Kann heißt aber nicht muss. Zum einen gibt es praktische Probleme, wie wenn der Tracker zu locker am Handgelenk sitzt oder starke Körperbehaarung die Lichtmessung erschwert. Und zum anderen hängt es davon ab, wie gut die Technik in dem Gerät verbaut ist.

    Bei der Berechnung des Kalorienverbrauchs gibt es Defizite

    Das Sammeln von Bio- und Umgebungsdaten ist aber nur die halbe Miete. Wenn der Läufer nicht unbedingt Sportwissenschaftler oder Mediziner ist, wird er mit den vielen Zahlen, die gesammelt werden, wenig anfangen können. Erst durch die Verarbeitung der Sensordaten durch ein Computerprogramm – im Tracker selbst, in einer verbundenen App auf dem Smartphone oder auf einem Server im Internet, der die Daten bekommt – kann der Läufer verständliche Ergebnisse bekommen. Und hier sieht Professor Billy Sperlich oft noch große Defizite. Beispielsweise bei der Berechnung des Kalorienverbrauchs. Den haben in der Studie etliche Tracker völlig falsch berechnet. „Den wirklichen Energieverbrauch beim Sport zu ermitteln, ist wissenschaftlich sehr interessant, aber auch komplex“, sagt Sperlich. Dazu müssten viele Daten in die Berechnung einfließen, nicht nur Zeit und Länge der Laufstrecke, sondern beispielsweise auch die Außentemperatur. „Wenn es wärmer ist, verbrauche ich beim Laufen mehr Energie“, sagt Sperlich. Wird das nicht berücksichtigt, stimmt die Berechnung nicht.

    Um eine sinnvolle Auswertung der einzelnen Sensorendaten geben zu können, muss der Tracker beziehungsweise die Software dahinter eine „intelligente“ Zusammenführung der Informationen durchführen können. Wie hoch ist der Puls beim Sport im Vergleich zum Ruhepuls? Ist der Ruhepuls erhöht, weil der Körper gerade ein anstrengendes Training verarbeitet oder weil er einen Infekt bekämpft? Für die Laufcomputer ist das schwer zu erkennen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.

    Datenschutz – ein kritisches Thema

    Hier erwartet Sperlich bald einen großen Sprung nach vorne durch ein Schlagwort: Big Data. Die Auswertung der Tracker-Daten einer großen Zahl an Läufern. „Dann kann man Muster erkennen“, sagt Sperlich, „aus denen man einen Trainingserfolg fast garantieren kann.“ Durch die große Datenmenge kann man Wahrscheinlichkeiten berechnen: Soundsoviel Läufer haben unter diesen Umständen so viel trainiert und dann ihre sportliche Leistung in jener Form gesteigert. Daraus können die Tracker und die Apps Vorschläge für das Training geben. Was das in Sachen Datenschutz – der heute im Bereich Fitness-Tracker oft schon kritisch gesehen wird – bedeuten wird, ist ein ganz eigenes Thema.

    Die aktuelle Generation der Fitness-Tracker misst viele Werte oft gut, aber noch nicht gut genug für eine fundierte Analyse der Daten, meint Sperlich. „In drei bis vier Jahren haben wir eine ausgereiftere Technik.“ Und er hofft, dass dann auch die Leistung der Akkus besser sein wird. Denn das sind für ihn banale Probleme von Trackern, die ihre Benutzung mit der Zeit immer unattraktiver machen. „Wenn ich alle zwei bis drei Tage daran denken muss, das Fitness-Armband aufzuladen, verliere ich mit der Zeit die Lust daran.“

    Bei allen Defiziten, die die aktuelle Generation der Fitness-Tracker aus der Sicht des Sportwissenschaftlers noch haben, steht Sperlich ihnen grundsätzlich positiv gegenüber. So ungenau beispielsweise die Zählung der gelaufenen Schritte am Tag durch die Tracker am Handgelenk oder in den Smartphones auch oft sein mag: „Wenn das die Leute dazu bringt, sich mehr zu bewegen, ist das auf jeden Fall gut.“ Das gilt auch für das Teilen der Laufdaten in sozialen Netzwerken wie Twitter oder Facebook, „auch wenn es manchmal nervt“, sagt Sperlich lachend. Wenn der Läufer durch jede Redaktion in den sozialen Medien motiviert wird, weiter zu machen, sei das nicht verkehrt.

    Dem eigenen Körpergefühl vertrauen

    Eine zu große Hörigkeit auf die digitale Sporttechnik hält der Sportwissenschaftler aber für nicht sinnvoll. „Nur weil etwas piepst, muss ich mein Verhalten nicht zwingend ändern“, sagt Sperlich. Es sei wichtig, dass man beim Sport „Herr seiner Sinne“ bleibe. Auf die eigene Erfahrung solle man hören und dem eigenen Körpergefühl vertrauen. Doch gerade Laufanfängern kann selbst ein einfacher Tracker eine Hilfe sein, sich selbst beim Training einzuschätzen, meint Sperlich.

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