Um fünf Uhr geht das Licht an, Musik und Party sind vorbei. Zumindest in Bayern und Baden-Württemberg, denn in allen anderen Bundesländern in Deutschland darf das Partyvolk in der Regel so lang die Nacht zum Tag machen, bis die Clubbesitzerin oder der Clubbesitzer den Stecker zieht – nicht der Gesetzgeber. Doch wie in so vielen Dingen hat der Freistaat Bayern seit 1. Januar 2005 seine eigenen Regeln aufgestellt.
Zum Leidwesen für viele Clubbesitzer, wie Sebastian Kunz, Inhaber vom Club "Alter Ego", erklärt. Wenn es nach ihm ginge, könnte die Sperrstunde ruhig abgeschafft werden. "Wir hatten deshalb auch schon Schwierigkeiten beim Booking von den DJs", so Kunz. Künstlerinnen und Künstler aus anderen Bundesländern oder Ländern seien oft von den frühen Schließzeiten in Bayern überrascht.

Um fünf Uhr das Licht anzumachen tut weh, sagt ein Würzburger Clubbetreiber
Dabei haben Würzburgerinnen und Würzburger in Bayern noch Glück. Zwar gilt auch hier die Sperrstunde, die im Volksmund gern auch als "Kehrstunde" oder "Putzstunde" bezeichnet wird. Von fünf bis sechs Uhr morgens müssen "Schank- und Speisewirtschaften, sowie öffentliche Vergnügungsstätten" schließen, wie es in der Bayerischen Gaststättenverordnung (BayGastV) Paragraf 7 heißt. Doch im Gegensatz zu Städten wie Bamberg, hat sich die Stadt Würzburg dazu entschieden, die Putzstunde nicht auszuweiten.

Was für die Städte eine scheinbar beliebte Regel ist, um dem Partyvolk Einhalt zu gebieten, ist für die Partygäste, Clubbetreiber und -betreiberinnen oft lästig. "Wir hatten Abende, da war unser Club bis fünf Uhr komplett ausgebucht. Da tut es schon weh, das Licht anzumachen", erklärt Kunz. Doch ihm geht es gar nicht unbedingt, um eine generelle Aufhebung. Als Clubbetreiber wünsche er sich vielmehr die Möglichkeit, an ausgewählten Tagen im Monat selbst entscheiden zu können, ob er seinen Club auch nach fünf Uhr geöffnet lässt.
Es gibt keine festen Kriterien für die Ausnahmeregelung
Möglich wäre das seitens des Gesetzgebers sogar, denn er hat für solche Fälle eine Lücke geschaffen. Neben der Möglichkeit, die Sperrstunde auszuweiten, findet sich unter Paragraf 8 der BayGastV auch die Option, die Putzstunde bis 8 Uhr morgens nach hinten zu verschieben – jedoch nur "bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse." Doch was heißt das konkret?
Eine Antwort darauf konnte weder das Bayerische Ministerium für Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie noch die Stadt Würzburg geben. Es handele sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, erklärte eine Ministeriumssprecherin. Feste Kriterien, nach denen die Putzstunde verschoben werden könnte, seien "kontraproduktiv für die Flexibilität der Kommunen." Doch auch diese scheinen keine festen Kriterien zu haben.

"Wir erteilen die Ausnahmegenehmigung nur in außergewöhnlichen und individuell begründeten Einzelfällen", erklärte Uwe Zimmermann von der Stadt Würzburg und auch Wolfgang Kleiner betont, dass aus den Einzelfallentscheidungen keine generellen Regelungen ableitbar seien.
Es gäbe die Möglichkeit, Ausnahmen von der Sperrstunde zu machen
Dennoch scheint es Wege zu geben, die Ausnahmegenehmigung zu bekommen. Denn im Würzburger Club Airport finden immer wieder Partys statt, die weit über die Sperrstunde hinaus andauern. "Es gibt in Würzburg einen Betrieb, der eine wiederkehrende Absprache mit uns hat", erklärt Zimmermann auf Nachfrage. Zu besonderen Veranstaltungen, wie beispielsweise Fasching oder Weihnachten, bekäme der Club eine Sperrzeitaufhebung. "Das ist dennoch einzelfallbezogen und veranstaltungsabhängig", so Zimmermann.

Ausschlaggebend für die Ausnahmegenehmigung ist laut Stadt die Lage des Clubs "fern der Innenstadt, mit Gewerbebetrieben in der direkten Nachbarschaft". Lärmbelästigungen vor und nach den Veranstaltungen seien hier in den Griff zu bekommen. Schlechtere Karten hingegen hatte ein Club im Innenstadt-integrierten Bereich, der bereits 2018 einen Antrag auf Ausnahme stellte und keinen Erfolg hatte. Gleiches Schicksal ereilte im Januar dieses Jahres einen weiteren Club, ebenfalls im Innenstadt-integrierten Bereich.
Ausnahmen von der Sperrstunde haben auch Vorteile für Stadt und Anwohner
Kunz sieht vor allem Vorteile in den verlängerten Öffnungszeiten – auch für die Stadt. "Wenn der Club nicht Punkt fünf Uhr schließen müsste, dann gäbe es auch nicht diese Massen, die durch die Innenstadt nachhause pendeln." Entzerrung sei hier das Zauberwort. Denn wenn 300 Feiernde den Club verlassen, sei die Geräuschkulisse größer, als wenn es sich auf die Morgenstunden verteile.

Und noch etwas: Für die Anwohnerinnen und Anwohner mache es ohnehin keinen Unterschied, ob die Clubs um fünf oder acht Uhr schließen. "Die wachen um drei Uhr durch die Musik nicht auf und genauso würden sie um sieben nicht wachwerden", ist sich Kunz sicher.
Er will künftig versuchen, die Ausnahmegenehmigung für das Alter Ego zu beantragen, auch wenn der Club innenstadtnah liegt. Immerhin sei es eine Einzelentscheidung ohne festgeschriebene Kriterien. "Das wäre besonders für unsere elektronischen Abende toll, denn die Raver sind es gewohnt, bis in den Morgen zu feiern", sagt Kunz.
Bestrebungen, die Sperrzeit aufzuheben, gibt es in Bayern derzeit bei keiner Partei
Wer aufgrund der wenigen Ausnahmen in Würzburg jetzt auf eine generelle Aufweichung oder ein baldiges Ende der Sperrzeitregelungen hofft, der wird enttäuscht werden. "Aktuell gibt es weder politisch noch vonseiten der Verwaltung die Bestrebungen, etwas an der Putzstunde zu verändern", erklärt Wolfgang Kleiner, Kommunalreferent der Stadt.

Ohnehin könnte die Stadt die Sperrzeit nur verlängern, nicht aber komplett abschaffen. Entscheidungen wie diese könnte nur das Ministerium in Bayern entscheiden. Doch auch dort scheint sich vonseiten der Politik nichts zu bewegen. Auf Nachfrage dieser Redaktion erklärte eine Mitarbeiterin des Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, es hätte in den vergangenen fünf Jahren keine Bestrebungen seitens der Parteien gegeben, die Sperrstunde in Bayern zu kippen.
Ganz im Gegenteil: Eine Mitarbeiterin des Ministeriums betonte, dass "die Tendenz in bayerischen Gemeinden nicht in Richtung einer Aufhebung der Putzstunde, sondern vielmehr in eine Verlängerung der Sperrzeitenregeln geht." So muss beispielsweise das Partyvolk in Bamberg an Wochenend- und Feiertagen bereits um vier Uhr nach Hause, unter der Woche sogar um zwei Uhr.