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Würzburg: Tumult vor Gericht: Im Prozess um den ermordeten türkischen Gastwirt macht ein Zeuge provokante Aussagen

Würzburg

Tumult vor Gericht: Im Prozess um den ermordeten türkischen Gastwirt macht ein Zeuge provokante Aussagen

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    Schwierige Verhandlung am Landgericht Würzburg: Im Prozess um die Ermordung eines türkischen Wirts im Jahr 1999 kochen die Emotionen unter Zeugen und Angehörigen hoch. 
    Schwierige Verhandlung am Landgericht Würzburg: Im Prozess um die Ermordung eines türkischen Wirts im Jahr 1999 kochen die Emotionen unter Zeugen und Angehörigen hoch.  Foto: Daniel Peter

    Im Prozess um den Mord an einem türkischen Gastwirt in Würzburg kochen die Emotionen hoch. Schon am zweiten Verhandlungstag am Landgericht Würzburg kam es zu erregten Wortgefechten - und fast zu Handgreiflichkeiten.

    Den Ton hatte bereits die Witwe des Ermordeten als erste Zeugin vorgegeben. Für sie steht die Schuld der beiden Angeklagten - ein heute 67 Jahre alter Geldverleiher und sein 49-jähriger Sohn - fest. Auch wenn, wie sie angibt, der Geldgeber nach der Tat 1999 eigens zu ihr gekommen sei und versichert habe: Seinem damals 23 Jahre alten Sohn habe er keinen Mord in Auftrag gegeben. Dramatisch rief die trauernde Witwe zur Anklagebank: "Warum haben Sie meinen Mann getötet?"

    Dubiose Geldgeschäfte: Wer gab Kredite und wer bürgte wem?

    Auch als ihre Söhne aussagten, gingen Beschimpfungen hin und her: Wie könne jemand, der von Sozialhilfe lebe, fünfstellige Summen an Landsleute verleihen, fragte einer im Zeugenstand.

    Zeugen zufolge soll der getötete Wirt für Landsleute, die Kredite in fünfstelliger Höhe genommen hatten und zeitweise nicht zurückzahlen konnten, gebürgt haben.  Oder war er selbst der Geldgeber, wie offenbar ein Vertrag zwischen ihm und dem Schuldner besagt? Den Ermittlungen zufolge hatte der Wirt Morddrohungen erhalten und war vor seiner Ermordung auf Druck des Geldverleihers sogar in die Türkei gereist, um einen säumigen Zahler aufzutreiben. Laut Anklageschrift zahlte der säumige Schuldner nach dem Mord plötzlich wieder seine Schulden ab.

    Provokante Aussagen im Zeugenstand: Glücksspiel-Lokal betrieben?

    Am Dienstagabend eskalierte vor Gericht die Situation. Provokante Äußerungen eines Zeugen über das Mordopfer lenkten die Blicke der Prozessbeteiligten in eine völlig neue Richtung. Der Zeuge  behauptete, der Wirt habe in seiner Kneipe für Landsleute ein Lokal für Glücksspiel betrieben.

    Dort sei nachts um vier- bis fünfstellige Beträge gespielt worden. Dafür habe der Wirt von Gästen pro Tisch Provision kassiert. "Da wurden einige Zocker in den Ruin getrieben," sagt der türkische Zeuge nach Angaben Prozessbeteiligter.

    Die Verteidiger sehen dies als Entlastung für den 67-jährigen Angeklagten und seinen Sohn, den mutmaßlichen Schützen: "Das erhöht beträchtlich den Kreis potenzieller Feinde, die ein Motiv gehabt hätten", sagen die Anwälte Roj Khalaf und Hanjo Schrepfer. 

    Drohungen, Beschimpfungen: Situation unter Prozessbeteiligten eskaliert

    Im Zuschauerraum sprang während der Verhandlung der Enkel des Mordopfers auf und rief, der Zeuge Lüge. Die Angeklagten und ein Sohn des Wirts beleidigten sich gegenseitig, Polizisten und Anwälte mussten dazwischen gehen, um Handgreiflichkeiten zu verhindern. "Es ging ziemlich rund," sagt Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach, der interessiert mitschrieb.

    Der Zeuge ging in seiner Aussage sogar noch weiter: Der Wirt habe bereits früher einen anderen Glücksspiel-Keller in Würzburg betrieben. Dort sei sogar ein Gast erstochen worden, behauptete er und nannte Namen von Täter und Opfer.

    Mord im Clublokal des türkischen Freundeskreises: Täter 1997 verurteilt

    Aufgeregte Streitgespräche darüber gingen auch nach der Verhandlung am Abend vor dem Gerichtsgebäude weiter. Ein Blick in das Archiv dieser Redaktion zeigt, was der Zeuge gemeint haben könnte: 1996 war im Clublokal des türkischen Freundeskreises in Würzburg ein Mann erstochen worden. Der Täter, ein Landsmann, war dafür im Juli 1997 vom Landgericht Würzburg zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden.

    Der 1999 ermordete türkische Wirt war – nach allem, was bislang bekannt ist - damals nur Tatzeuge.  Führt jetzt womöglich doch eine Spur zu dem Mord an ihm, 18 Monate später? Möglicherweise kann vor Gericht nun der damalige Mordermittler zur Klärung beitragen. Er soll im Februar aussagen.

    Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.

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