Gemeinschaftsgefrieranlagen galten vor rund 70 Jahren als moderne Errungenschaft, auf die in den ländlichen Gegenden in Deutschland selbst kleinere Gemeinden wie Sonderhofen nicht verzichten wollten.
In der Zeit, in der nur wenige Menschen die Mittel besaßen, um sich eine Tiefkühltruhe anzuschaffen, boten diese Anlagen die Möglichkeit, Fleisch aus der Hausschlachtung sowie Gemüse und Obst aus dem eigenen Garten einzugefrieren – und nicht mehr mühsam durch Sterilisieren, dem so genannten "Einkochen", haltbar zu machen.
In Sonderhofen waren es 32 Privatpersonen, die Mitte der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts daran gingen, in Eigenleistung ein Häuschen zu errichten, in dem 32 Tiefkühlfächer eingebaut wurden. Daneben fand sich in dem rund 100 Quadratmeter großen Gebäude der Platz für einen kleinen Vorkühlraum.
Eigene Gefriertruhen ersetzten die Gemeinschaftsanlage
Der Raum bot die Möglichkeit, das Fleisch der geschlachteten Schweine oder auch Kälber kurzfristig zum Auskühlen aufzuhängen, bevor es zerlegt wurde. Für das Verpacken der portionierten Stücke ist ein Klapptisch an der Wand angebracht.
Nachdem im Laufe der vergangenen Jahrzehnte fast jeder Haushalt über Gefriertruhe oder -schrank verfügte und die Hausschlachtung in den Dörfern nahezu gänzlich verschwunden ist, wurde auch in Sonderhofen die gemeinschaftliche Gefrieranlage nicht mehr genutzt und geriet in Vergessenheit. Bis sich kürzlich Wolfgang Geißendörfer bei der Bürgerversammlung erkundigte, wie es weitergeht mit der Anlage, für die immer noch Grundsteuer bezahlt werden muss.

Die Rolle, die die Gefriertruhe einst auch als "Kommunikationszentrale" spielte, ist Wolfgang Knorr, der seit langem die Gemeinschaftskasse führt, noch im Gedächtnis. Ebenso wie Bürgermeister Heribert Neckermann, der sich noch gut daran erinnert, dass seine Mutter am Abend schnell noch "naus de Gefriertruhe" laufen musste, um aus dem Kältefach den Braten zu holen, den es am nächsten Tag zum Essen geben sollte.
Neben dem Blick in die tiefen Kühlfächer und den Kühlraum, an dem noch verrostete Haken hängen, stießen Heribert Neckermann und Wolfgang Knorr in einer Ecke auf ein vergilbtes Schriftstück. Das Blatt gibt Auskunft über die jährlichen Prüfungen, die mit Datum vom September 1955 begonnen und letztmalig im Februar 2000 verzeichnet sind.
Grundsteuer für das Häuschen wird immer noch bezahlt
Seitdem ist offensichtlich von der einstigen Errungenschaft ihrer Vorväter für die Nachkommen nur noch die Grundsteuer übrig geblieben. Diese wird von dem Gemeinschaftsguthaben bezahlt und hat sich laut Wolfgang Knorr drastisch auf jährlich 129 Euro erhöht.
Laut dem Kassenführer könnte mit dem noch vorhandenen Geld die Grundsteuer für die kommenden zirka zehn Jahre gedeckt werden. "Und danach geht die Diskussion über die Anlage von Neuem los", befürchtet Heribert Neckermann.
Das Problem bei der Auflösung liegt vor allem darin, dass zunächst alle 40 Anteilseigner einen Nachweis als Mitbesitzer an der Gemeinschaftsanlage erbringen müssen, bevor sie aus dem Grundbuch gelöscht werden kann. Bei den Bauern, so Heribert Neckermann, sei der Anteil ausnahmslos in den Übergabeverträgen geklärt.

Anders sieht die Situation aus bei denen, die ihren Anteil zwar übertragen bekommen, aber darüber keinen Nachweis haben. Wie der Bürgermeister erklärt, erschwert sich eine Auflösung dadurch, dass einige im Grundbuch eingetragene Anteilsbesitzer längst verstorben sind und andere teilweise entfernt wohnen.
Wie sich die Auflösung des Relikts aus der Vergangenheit am besten lösen lässt, darüber wird sich Heribert Neckermann zunächst beim Amtsgericht informieren. Eventuell, so der Bürgermeister, käme eine Teilungsversteigerung in Frage. Dabei wäre die Gemeinde bereit, das desolate, nicht nutzbare Gebäude zu ersteigern.
Bei der Teilungsversteigerung handelt es sich um ein öffentliches Verfahren, bei dem ein nichtteilbarer Gegenstand, meist eine Immobilie, auf Antrag eines Miterben zwangsweise an den Meistbietenden verkauft wird. Der Erbengemeinschaft, in diesem Falle den Anteilern an der Gemeinschaftsgefrieranlage, fließt dann der Erlös zu.