Waldfrevel oder sachgerechte Forstwirtschaft? Über einen groß angelegten Holzeinschlag im südlichen Guttenberger Wald vor wenigen Wochen gehen die Meinungen zwischen dem Bund Naturschutz (BN) und dem staatlichen Forstbetrieb Arnstein weit auseinander. BN-Kreisvorsitzender Armin Amrehn wirft den Forstleuten einen rigorosen Kahlschlag vor, der eine natürliche Verjüngung des Waldes erschwert. Der Leiter des Forstbetriebs Christoph Riegert spricht von einer Maßnahme, die den angestrebten Umbau des Waldes hin zu einem klimatoleranten Bestand begünstigt.

An einem frostigen Morgen steht Armin Amrehn auf der etwa vier Hektar großen Teilfläche an der Südspitze des Guttenberger Walds zwischen Kleinrinderfeld und Geroldshausen. Ein paar einzelne Bäume stehen noch, einige davon abgestorben - Totholz, das vielen Insekten als Lebensraum dient. Darunter wachsen junge Bäume, zumeist Buchen, die einen schon einige Meter hoch, die anderen sprießen gerade erst aus dem Waldboden. "Die haben keinen Schatten mehr und sind der Hitze schutzlos ausgeliefert", sagt Amrehn. Naturverjüngung, also der natürliche Nachwuchs der Bäume, habe so keine Chance. "So kann man keine Waldbewirtschaftung betreiben, erst recht nicht bei dem Klimawandel."
Der Klimawandel war einer der Gründe für den massiven Einschlag
Wenige Tage später stehen an der gleichen Stelle Christoph Riegert, der Leiter des staatlichen Forstbetriebs in Arnstein, dem die Bewirtschaftung von 14.600 Hektar Staatswalds auf der Fränkischen Platte obliegt, und Antje Julke, Abteilungsleiterin am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Würzburg-Kitzingen (AELF). Julke und Riegert sehen die Situation ganz anders als Armin Amrehn. Gerade der Klimawandel sei einer der wesentlichen Gründe für den massiven Einschlag gewesen, sagt Riegert. Der führe nämlich seit Jahren dazu, dass immer mehr Buchen absterben.

Im Herbst 2022 hat die bayerische Forstverwaltung den Guttenberger und Irtenberger Wald per Satellit mit einer Spezialkamera untersuchen lassen. Jeder rote Punkt auf der Karte weist auf eine Buche hin, die unter Trockenstress leidet. Vor allem an den Waldrändern und nördlich der Autobahn A3, die die Hitze in den Wald ausstrahlt, verschmelzen diese Punkte zu einer einzigen Fläche. Der Wassermangel lasse den Baum zwar nicht unmittelbar vertrocknen, sagt Riegert, sorge aber dafür, dass die Kronen geschädigt werden und Pilze eindringen, die den Baum langsam sterben lassen. Die Buche sei besonders anfällig für Trockenstress. Ein trockenes Jahr lasse sich noch verschmerzen, wenn aber vier der letzten sechs Jahre zu trocken sind, dann habe dies nachhaltige Folgen.

Die Buche kann auf Dauer nur in der Mischung mit anderen Arten überleben
"Auf Dauer wird die Buche nur überleben können, wenn sie in Gemeinschaft mit anderen Baumarten wächst", sagt Antje Julke. Darum sei Naturverjüngung, wie der BN sie fordert, in diesem Fall das falsche Rezept. "Wenn wir nicht eingreifen würden, hätten wir bald wieder 90 Prozent Buchen", so Christoph Riegert. Deshalb sollen nun gezielt trockentolerante Edellaubhölzer wie Speierling und Elsbeere nachgepflanzt werden. Die wenigen Eichen und Wildkirschen, die auf der Fläche stehen, überlässt man der Naturverjüngung. Aber auch diese funktioniere nur, wenn konkurrierende Buchensprösslinge regelmäßig entfernt werden. Am Ende soll der Buchenanteil nur noch etwa 75 Prozent betragen, so Riegert.

Doch was ist in den vergangenen Wochen genau geschehen? Insgesamt seien auf einer Gesamtfläche von 46 Hektar zwischen 2000 und 2500 Festmeter eingeschlagen worden, sagt Christoph Riegert, in der Mehrzahl Buchen, aber auch Fichten, Lärchen und Wildkirschen. Gemäß dem Grundsatz, dass nur so viel Holz geerntet werden darf, wie nachwächst, hätten es sogar 3500 Festmeter sein können, so der Forstwirt.

Nirgendwo sonst sei der Eingriff so massiv gewesen, wie am südlichen Waldrand entlang der Kreisstraße, so Riegert weiter. Das hänge vor allem mit der Verkehrssicherheit zusammen, weil kranke Buchen beim nächsten Sturm leicht auf die Straße geworfen werden könnten oder von selbst brechen. Nicht der wirtschaftliche Ertrag sei also Treiber der Maßnahme gewesen, sondern die Verkehrssicherheit und im Weiteren der Natur- und Artenschutz.
Dass der Einschlag von vielen Bürgerinnen und Bürgern kritisch hinterfragt wird, begrüßt Christoph Riegert. "Der Wald ist ein Thema, das die Menschen berührt, und das ist auch gut so", sagt er. Deshalb sei es wichtig, die Maßnahmen offen zu erläutern. In einem Punkt müsse er die Kritik von Armin Amrehn bestätigen: Es seien tatsächlich auch einige Biotopbäume gefällt worden. "Das waren Fehler, die leider passieren, die den Lebensraum insgesamt aber nicht erheblich schädigen." Ihre Stämme bleiben als Totholz im Wald liegen.