"Wow, richtig cool", "Das war eine der kurzweiligsten Berufsvorstellungen, die wir je hatten" oder "Was für ein authentischer Mensch", mit solchen Resümees lobten Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler der Mittelschule Pleichach-Kürnachtal in Unterpleichfeld ein außergewöhnliches Erlebnis. Für die Jahrgangsstufen sieben bis zehn und damit vor knapp 180 Jugendlichen hatte Richard Betz sein Theaterstück "Hand und Werk" aufgeführt.
Zimmerermeister Richard Betz tourt seit 2016 durch Bayern. Er will Schulabgängern sein Handwerk näher bringen. Schon zwei Jahre bemühte sich Christian Kelle, dass der Handwerker im Rahmen der montäglichen Berufsvorstellungen in der Schule nach Unterpleichfeld kommt. Nun strahlten der Übergangsmanager und Schulleiter Jens Dietzsch begeistert: "Das Warten hat sich gelohnt".
Übergangsmanager Kelle arbeitet als Angestellter der Handwerkskammer Service GmbH im Rahmen der Vertieften Berufsorientierung (VBO) an der Mittelschule. Er hilft Schülerinnen und Schülern, Praktika zu organisieren, Kontakt mit der Berufsberatung zu halten und Lehrstellen zu finden. "Vor Corona" managte er mehrere Berufsinformationsmessen in der Schule. Dabei stellten sich Betriebe, Institutionen und Berufsfachschulen den Schulabgängern gemeinsam vor.

Von diesem System mit oft 30 Ständen wich die Schule "nach Corona" ab. Seit 2021 stellen sich Woche für Woche die Ausbildungsbetriebe und weiterführende Schulen in besonderen Unterrichtsstunden den Mittelschülerinnen und Mittelschülern direkt vor. Im Rahmen der vertieften Berufsorientierung an Mittelschulen waren viele schon da: Mittelständische Unternehmen aus der Industrie und dem Handwerk, Automobilzulieferer, Städte und Gemeinden, weiterführende Schulen und etliche praktizierende Handwerker.
Diesmal war Richard Betz in seiner Zimmermannskluft da. In über 40 bayerischen Schulen hat er sein Stück schon aufgeführt. Seine Tour wird vom Landesinnungsverband des Bayerischen Zimmererhandwerks finanziert. Angesichts der Holzstücke und Bohrmaschinen, den Sägespänen auf dem Boden, Meterstab und Kabeltrommel sowie der Frage, ob das Handwerk cool oder uncool ist, war selbst Rektor Dietzsch "ganz gespannt". Für die neun Klassen waren im Halbrund Stühle in der Mehrzweckhalle aufgestellt.
"Hand und Werk – Oder, wie finde ich meinen eigenen Weg im Leben" heißt das aktuelle Ein-Mann-Stück des Zimmerers. Es ist sein authentischstes Werk, denn "alles ist haargenau so passiert", so Betz. Vor über 40 Jahren ist der gebürtige Unterfranke vor seinem Auszubildenden Joe gefragt worden, was für ihn der Sinn des Lebens sei und ob er schon mit 18 wusste, was er einmal werden will. Diese Frage habe ihn bewogen, über seinen Lebensweg nachzudenken.
Er wusste noch: "Mit 18 hatte ich nicht den blassesten Schimmer über den Sinn meines Lebens". Schon damals gab es "so endlos viele Möglichkeiten, einen Beruf zu ergreifen". Heute wisse er, dass das Leben nicht kerzengerade verläuft, dass bei der Arbeit nicht das Geld sondern eher die Zufriedenheit am Abend nach einem vielleicht anstrengenden Tag zählt, dass man von jedem Menschen etwas lernen kann und ihm die gemeinsame Arbeit Spaß macht.
"Handwerker werden auf der ganzen Welt ohne Ende gebraucht", hat Betz erkannt. Schon vor 500 Jahren hätten Zimmerer mit ihren Fachwerkhäusern die Städte gebaut. Auch heute noch müsse irgendjemand neue Häuser bauen, die keine Energie brauchen, Dachstühle aufstellen oder alte Häuser ökologisch dämmen. Sein Fazit: Probiert etwas aus! Seid authentisch! Denkt darüber nach, bei welcher Tätigkeit Ihr Zeit und Raum vergesst! Habt Mut, euren eigenen Lebensweg zu finden!

Während des Theaterstücks baute der Zimmerer wie nebenbei eine Brücke auf, die sich ohne zu schrauben, zu leimen oder zu nageln von allein trägt. Auf deren Spitze lobte er zum Abschluss mit einem Richtspruch das Zimmererhandwerk. Dann lud er Schülerinnen und Schüler dazu ein, die "Leonardo-da-Vinci-Brücke" auseinander zu legen und wieder zusammen zu fügen.
Das haben Lenny Dopieralsky, Elias Heinrich, Luis Krückel und Benjamin Zeidler souverän und mit Bravour gemacht. Ihr Geschick als Handwerker haben sie damit gezeigt. Und Richard Betz bewies, dass er mit seinem Konzept und seinem fesselnden Theaterstück ein fantastischer Brückenbauer für seinen Zimmererberuf und zum Nachdenken über den Sinn des Lebens ist.
