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WÜRZBURG: Urenkel der Prinzessin von Sansibar zu Besuch

WÜRZBURG

Urenkel der Prinzessin von Sansibar zu Besuch

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    Helmut Schwinge
    Helmut Schwinge

    Ein Überraschungsbesucher war am Wochenende im Spitäle an der Alten Mainbrücke zu Gast. Dort sind gerade Bilder des Fotografen Mario Gerth ausgestellt, die im Januar in Sansibar entstanden. Die Insel im Indischen Ozean ist in diesem Jahr Gastland des Africa Festivals. Gleich am ersten Tag der Ausstellung machte sich Helmut Schwinge aus Petersberg bei Fulda auf den Weg, um sich die Bilder anzusehen, denn er hat eine ganz besondere Beziehung zu Sansibar. Schwinge ist ein Urenkel der legendären sansibarischen Prinzessin Salme, die wegen der verbotenen Liebe zu einem deutschen Kaufmann ihre Heimat hatte verlassen müssen.

    Der 85-jährige Helmut Schwinge ist auf solche Ausstellungen oder Bildbände über Sansibar angewiesen. Denn die Orte, an denen seine Urgroßmutter vor ihrer Flucht aus Sansibar lebte, hat er noch nie gesehen. „Ich setze mich in kein Flugzeug“, sagt er im Gespräch und lacht dabei etwas verschämt. „Ich behelfe mir mit der verfügbaren Literatur und habe mir aber mit vielen Bildbänden eine Vorstellung der räumlichen und architektonischen Verhältnisse verschafft.“

    Und auch in der Würzburger Ausstellung, die bis 21. Juni zu sehen ist, hat der Nachfahr ein paar neue Eindrücke gewonnen. Erfahren hat Schwinge über die Ausstellung seiner Schwester Ursula Stumpf: Sie lebt in North Carolina in den USA und verfolgt stetig, ob und was über die Familie berichtet wird. Auch sein in Zell am Main lebender Freund Dieter Erhardt hat den Salme-Urenkel auf die Sansibar-Fotos aufmerksam gemacht. Erhardt musste ihm auch einen Stapel Main-Post-Ausgaben besorgen, als dort vor zehn Tagen ein großer Bericht über Prinzessin Salme zu lesen war. Zur Freude von Schwinge: „Den schicke ich jetzt Verwandten und Bekannten in aller Welt zu.“

    Schwinge ist ein Sohn von Emily Schwinge, geborene Troemer. Sie war eine Tochter von Rosalie Troemer, geborene Ruete. Rosalie, 1870 geboren, war eines von drei Kindern von Prinzessin Salme und dem deutschen Kaufmann Rudolph Heinrich Ruete. Helmut Schwinge stammt also in direkter Linie von der sansibarischen Prinzessin ab, die sich als junge Frau in den deutschen Kaufmann verliebte und von ihm ein Kind erwartete – im streng muslimischen Sansibar des 19. Jahrhunderts ein Tabubruch ohnegleichen. Dass eine Muslimin, noch dazu eine Tochter des Sultans, von einem deutschen christlichen Mann schwanger wurde – bei äußerst drastischen Strafen war dies untersagt. Also mussten Salme und Ruete Sansibar verlassen.

    Auf ihrer Reise nach Hamburg ließ sich die Prinzessin in Aden taufen. So erklärt sich, dass der Name Emily in die Familie kam: „Die abtrünnige Muslimin Salme wurde von einem anglikanischen Geistlichen getauft, und von ihm hat sie den Namen Emily erhalten“, erzählt Schwinge. Nach der Hochzeit mit Heinrich Ruete wurde aus der afrikanischen Prinzessin Salme die deutsche Kaufmannsgattin Emiliy Ruete. Der Name hat sich bis heute in der Familie erhalten. Schwinges Mutter hieß Emily, und auch Helmut Schwinges Tochter trägt diesen Vornamen.

    Geboren wurde Schwinge in Jena, „im gleichen Haus, in dem Emily Ruete lebte und 1924 starb“, berichtet der promovierte Jurist. Man merkt ihm an, dass er ein wenig stolz ist auf seine Verwandtschaft mit der Prinzessin. Schwinges Eltern waren beide Juristen, so schlug auch er dieses Studium ein. Er entschied sich für die kommunale Laufbahn, brachte es bis zum Bürgermeister von Bad Soden im Taunus und wechselte dann in den Notarberuf.

    Seine Mutter habe die Prinzessin noch persönlich kennengelernt, sagt der Urenkel. Und er erzählt von einer „etwas anderen Charakterperson als sonst in ihrer Umwelt“ berichtet. Aber man sei gut miteinander ausgekommen. Auch Salmes Tochter Rosalie, die Großmutter von Helmut Schwinge, habe „einen etwas anderen Wesenszug“ gehabt, erinnert er sich: „Da hatte sich etwas vom Charakter der Araberin erhalten.“

    An seine Urgroßmutter erinnern ihn nur ein paar Kleinigkeiten, wie Arbeiten aus Holz oder Gebrauchsgegenstände. Das genügt ihm. Wichtiger sind die Erinnerungen im Kopf.

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