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Würzburg: Missbrauchs-Prozess: Logopäde muss mehr als elf Jahre in Haft

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Missbrauchs-Prozess: Logopäde muss mehr als elf Jahre in Haft

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    Elf Jahre und vier Monate muss der Angeklagte Oliver H. in Haft wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern.
    Elf Jahre und vier Monate muss der Angeklagte Oliver H. in Haft wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern. Foto: Thomas Obermeier

    Der Würzburger Logopäde Oliver H. muss wegen des Missbrauchs von sieben Buben im Kindergartenalter für elf Jahre und vier Monate ins Gefängnis. Und er darf er nie wieder als Therapeut für minderjährige Buben tätig werden. Die Strafe verhängte die Jugendstrafkammer des Landgerichts Würzburg am Montag nach zwölfwöchiger Verhandlung.

    Sicherungsverwahrung rechtlich nicht möglich

    Das Gericht blieb damit unter den Forderungen der Staatsanwältin, die fast 14 Jahre Haft gefordert hatte. Die Anwälte der Opfer hatten in ihren Plädoyers sogar Sicherungsverwahrung – also "lebenslänglich" – gefordert. Dies war aber rechtlich nicht möglich, weil ein Gutachter die Wiederholungsgefahr bei dem 38-Jährigen für sehr gering eingeschätzt hatte. Die Verteidiger Jan Paulsen und Alexander Hübner hielten eine Haftstrafe von unter zehn Jahren für angemessen.

    Angeklagter sprach Eltern der Opfer direkt an

    Der Angeklagte brach in seinem Schlusswort vor dem Urteil am Montag endlich sein Schweigen, das er zuvor gewahrt hatte. Er wandte sich im so genannten letzten Wort direkt an die anwesenden Eltern von vier seiner Opfer, teilte Gerichtssprecher Rainer Volkert später aus dem nichtöffentliche Teil der Verhandlung mit. 

    "Ich habe mich bisher nicht entschuldigt, weil es für mein Verhalten keine Entschuldigung gibt", erklärte der Logopäde demnach nüchtern. Er sei sich aber dessen bewusst, dass er "unglaublich viel Leid" über die Familien der sieben Buben, seinen Ehepartner und seine Kollegen gebracht habe. Sein egoistisches Verhalten tue ihm sehr leid, er bereue es.

    Die Buben waren zum Tatzeitpunkt zwischen zwei und sechs Jahre alt. Der 38-jährige Logopäde hatte gestanden, gezielt Kinder mit einer schweren Sprachbehinderung missbraucht zu haben, bei denen nicht zu erwarten war, dass sie sich Betreuern oder Eltern anvertrauen können. In den schwersten Fällen hatte er die kleinen Buben regelrecht vergewaltigt.

    Viele Übergriffe fanden den Ermittlern zufolge in zwei Würzburger Kitas statt. Der Sprachtherapeut sollte den damals zwei bis sechs Jahre alten Kindern eigentlich dabei helfen, sich besser zu verständigen. Fotos und Videos der Taten hatte der Logopäde ins Darknet gestellt, um sie gegen Bilder von dort zu tauschen.

    Vorsitzender Richter: "Sympathien verscherzt"

    In seiner Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende Richter Michael Schaller: Der Angeklagte sei auch im Prozess vor allem vom eigenen Leid ergriffen gewesen. Er habe sich mit fehlender Schuldeinsicht und Reue "Sympathien verscherzt". Sein "narzisstisch geprägtes Gebaren" vor allem darüber, was er selbst durch die Entdeckung seiner Taten verloren habe, "war grotesk", so der Richter. "Man kann nachvollziehen, dass die Opfer das als Schlag ins Gesicht sehen mussten."

    Was auch den Richter erschütterte, waren die Folgen für die Opfer. Die Aussagen einiger Eltern ließen den Schluss zu, dass der Missbrauch "Familien förmlich pulverisiert" habe. Ein Vater sei ein gebrochener Mann, weil er sich mit Selbstvorwürfen quäle.

    Prozess weitgehend nichtöffentlich

    Ein Großteil des Prozesses fand zum Schutz der Opfer nichtöffentlich statt. In dem Verfahren vor der Großen Jugendkammer hatte der Angeklagte zu Prozessbeginn im März gestanden, sich jahrelang an den Jungen vergangen zu haben – während die anderen Kinder in Nebenräumen spielten. 

    Die Eltern der missbrauchten Kinder verließen nach der Urteilsverkündung weitgehend wortlos den Gerichtssaal. Eine Mutter hatte zuvor erklärt: "Ich werde erst wieder Ruhe haben, wenn ich an seinem Grab stehe." 

    "Ich hatte den Eindruck, dass unser Mandant wirklich schuldeinsichtig ist", sagte Rechtsanwalt Jan Paulsen. Womöglich werde die Verteidigung in Revision gehen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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