Mitten in die Übernahme-Verhandlungen um die Zukunft der Firma Osram in München platzen Nachrichten aus der Vergangenheit. Ein Prozess in Würzburg soll Licht in dunkle Geschäfte bringen: Von einem Insider in Führungsposition soll ein unterfränkischer Vermögensberater früher als andere erfahren haben, was der weltweit tätige Leuchten-Hersteller plante. Die zwei Männer sind Brüder.
Insiderwissen als bare Münze an der Börse
An der Börse lässt sich solches Insiderwissen über Aktiengesellschaften in bare Münze umwandeln – wenn man sich nicht erwischen lässt: Denn solche Geschäfte sind verboten. Nun bringt der Fall beide Männer in Würzburg auf die Anklagebank.
Die Ermittlungen liefen bereits seit 2016. Zunächst hielt sich das Unternehmen weitgehend bedeckt, als erste Informationen auftauchten. Immerhin bestätigte ein Firmensprecher eine „außerordentliche Kündigung“. Die Staatsanwaltschaft Würzburg bestätigte auf Anfrage Ermittlungen, die bereits um den Jahresbeginn 2017 zu Wohnungsdurchsuchungen geführt hatten.
Anklage erhoben
Man habe „Anklage an einer Wirtschaftsstrafkammer erhoben“, sagte Anfang 2018 Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen in Würzburg. Der damals 55-jährige Finanzberater müsse sich wegen Verdachts des verbotenen Erwerbs von Insiderpapieren in 45 Fällen und in 52 Fällen der verbotenen Veräußerung von Insiderpapieren rechtfertigen. Gegen den neun Jahre jüngeren zweiten Beschuldigten laute der Vorwurf auf Verdacht der unbefugten Mitteilung von Insiderinformationen.
Nach Informationen des Manager-Magazins war der Osram-Mitarbeiter Leiter der Bilanzabteilung und des Controllings. So hatte er Zugang zu bevorstehenden ad-hoc-Meldungen des Unternehmens, die aber noch unter Verschluss waren. Mit ad-hoc-Meldungen informieren Aktiengesellschaften ihre Aktionäre über wichtige Entwicklungen, die auf den Börsenkurs Einfluss haben könnten.
Kunden profitierten vom verbotenen Wissen
Der Manager soll seinem Bruder diese Insider-Informationen frühzeitig weitergereicht haben, bevor die ad-hoc-Meldungen veröffentlicht wurden. Der Finanzberater soll daraufhin Aktiengeschäfte mit Osram-Wertpapieren getätigt und das Insiderwissen auch Kunden angedient haben. Die Tatsache, dass in dem Fall die Würzburger Staatsanwaltschaft ermittelte – statt die am Osram-Standort München – war ein erster Hinweis darauf, dass der Finanzberater im Raum Würzburg tätig war.
Die Tipps des jüngeren Bruders an den älteren waren offenbar lukrativ für ihn und seine Kunden: „Der Ertrag aus den unzulässigen Geschäfte wird mit gut 1,1 Millionen Euro angenommen“, sagte der Oberstaatsanwalt auf Anfrage.
Angeklagter schwer krank
Doch der Prozess verzögerte sich Monat um Monat. Einer der zwei Angeklagten sei so schwer krank, dass ein Verfahren momentan nicht möglich sei, hieß es dieser Redaktion gegenüber. Ein Gutachten widerlegte den Verdacht, dies sei vielleicht nur ein Vorwand. Doch nun soll das Verfahren am 18. September um 9 Uhr am Landgericht Würzburg losgehen. Was den einen Angeklagten jetzt prozessfähig macht, ist nicht bekannt.